Wo steht die Agrarforschung in Rheinland-Pfalz?

Besuch der LUFA Speyer sowie bei RLP AgroScience

Beim Thema Agrarforschung in Rheinland-Pfalz kommt man nicht umhin, die einstige „Agrarkulturchemische Versuchsstation des Kreiskomitees des Landwirtschaftsvereins Pfalz“, die heutige Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt (LUFA) in Speyer, sowie die Institute des RLP AgroScience in Neustadt zu besuchen. Über den Stand der Forschung informierten sich in einer Rundreise der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, Eberhard Hartelt, und der Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Andy Becht.

Dr. Günther Buchholz von AlPlanta (r.) erklärt BWV-Präsident Eberhard Hartelt und Staatssekretär Andy Becht die Bakterienkrankheit Mauke an Reben. Mit dabei die Leiterin von AlPlanta Prof. Gabriele Krzcal.

Foto: Setzepfand

Die 1875 gegründete LUFA Speyer ist eine Einrichtung des des Bezirksverbandes Pfalz, sie wird seit 1993 als Eigenbetrieb geführt. Sie führt für die Länder Rheinland-Pfalz und Saarland die Saatgutverkehrskontrolle, die Düngemittelverkehrskontrolle, die amtliche Futtermittelkontrolle sowie Untersuchungen im Rahmen des Pflanzenschutz-Kontrollprogramm des Bundes und der Länder durch.

LUFA erledigt prioritär hoheitliche Aufgaben

Darüber hinaus erstreckt sich deren Aufgaben auf Rückstandsuntersuchungen in Lebensmitteln, die Umgebungsüberwachung von Kernkraftwerken sowie die Messung der Umweltradioaktivität in Böden und Pflanzen, die Organisation von Ringversuchen sowie Ad hoc-Untersuchungen beim Auftreten von Schadensfällen. Prof. Dr. Franz Wiesler, der wissenschaftliche Direktor der LUFA, verwies auf den Auftrag der LUFA, der in der Satzung festgeschrieben ist: „Zweck des Eigenbetriebs ist es eine ökonomische, umweltverträgliche und auf eine hohe Qualität ausgerichtete Produktion von Nahrungsmitteln, Futtermitteln und nachwachsenden Rohstoffen sichern zu helfen und dadurch einen Beitrag für einen wirksamen Verbraucher- und Umweltschutz in der Land- und Forstwirtschaft zu leisten.“ Es zeigte sich bei dem Besuch, dass die LUFA sehr qualifiziertes Personal verschiedenster Fachrichtungen unter einem Dach vereint, um diesem Auftrag gerecht zu werden. Mit Hilfe des wissenschaftlichen Personals aus Biologie, Chemie und Agrarwissenschaften war die LUFA mit der Kontamination der Nahrungskette mit unerwünschten Stoffen, wie Aflatoxine in Futtermais, Perchlorat in Obst und Gemüse oder EHEC befasst. Wiesler verdeutlichte am Beispiel des Auftretens des Hämolytisch-Urämischen-Syndroms, dass damals knapp 900 Untersuchungen an Obst, Gemüse, Kräutern, Beregnungswasser, Waschwasser, Gülle, Düngern und weiteren Kontaktstoffen von der LUFA durchgeführt wurden, um die Unbedenklichkeit pfälzischer landwirtschaftlicher Produkte nachzuweisen.

Ein wichtiger Part im Vorderpfälzer Gemüseanbau übernehmen die Vor-Ernte-Untersuchungen an Gemüse und Obst. Die 1988 vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd gegründete Gesellschaft für Bodenberatung, Laboruntersuchungen und Qualitätsprüfung mbH (BOLAP) kooperiert mit der LUFA. Die BOLAP übernimmt nicht nur Bodenproben, sondern nimmt als Dienstleister auch die Aufträge der Landwirte im Bereich Rückstandsanalytik entgegen. Die Untersuchungen selbst führt dann die LUFA Speyer durch.

Untersuchungen werden immer komplexer

Die BOLAP befördert das Gemüse direkt vom Feld ins Labor und die Ergebnisse direkt auf den Schreibtisch des Landwirts. In einer Grafik zeigte Wiesler, dass die Zahl der von der LUFA auf Pflanzenschutzmittelrückstände pro Monat untersuchten Obst- und Gemüseproben seit 2001 sehr stark angestiegen ist. Auch die Anzahl der in einer Probe analysierbaren Pflanzenschutzmittelwirkstoffe stieg stetig von rund 80 auf über 550 im gleichen Zeitraum. Auch die Messgenauigkeit wurde immer präziser.

Auf dem Rinkenbergerhof werden verschiedene Forschungsprojekte der LUFA durchgeführt. So gibt es Langzeitdüngungversuche, einen Humusversuch seit 1958, einen Kaliumversuch seit 1978, einen Klärschlammversuch seit 1981 sowie einen internationalen organischen N-Düngungsversuch seit 1983. In Kooperation mit dem Versuchswesen des Landes, sprich mit den DLR werden weitere Düngeversuche, Landessortenversuche, die Prüfung der Anbaueignung von alternativen Gärsubstraten für Biogasanlagen untersucht. In einem Projekt mit der Forschungsanstalt für Waldökologie in Trippstadt wird die Eignung schnellwachsender Baumarten auf Grenzertrags­standorten erforscht.

Ein Schwerpunkt sind Versuche zur Verbesserung der Stickstoffeffizienz in der Pflanzenproduktion. Wiesler wies auf die Ergebnisse eines N-Managementversuchs aus den Jahren 2004 bis 2011 im Gemüsebau hin. Man habe verschiedene Maßnahmen des N-Managements auf die Nitratkonzentration im Sickerwasser untersucht. Mit der treffsicheren Ermittlung des N-Düngebedarfs, dem Anbau von Zwischenfrüchten und der Abfuhr von N-reichen Ernterückständen oder N-reicher Zwischenfruchtmasse lassen sich die Nitratkonzentrationen im Sickerwasser deutlich reduzieren.

Für die Praxis bedeute dies Mehraufwand, der von niemandem honoriert werde, bemerkte BWV-Präsident Hartelt.

Unter dem Namen RLP AgroScience GmbH versammeln sich zwei Institute in Neustadt mit mehreren Unterabteilungen, es sind dies das Institut für Agrarökologie von Prof. Dr. Roland Kubiak und die AlPlanta, das Institut für Pflanzenforschung, unter der Leitung von Prof. Dr. Gabriele Krzcal. Das Team rund um Prof. Kubiak stellte das Institut für Agrarökologie vor, das sich aus Mitteln des Landes und der Industrie finanziert.

Forschung nah an der Praxis aus Neustadt

Die Besucherdelegation des BWV und des Landwirtschaftsministeriums vor der LUFA in Speyer mit Prof. Franz Wiesler und Mitarbeitern.

Foto: Setzepfand

Rund 50 Mitarbeiter arbeiten an 100 Projekten in den Bereichen Umweltchemie, Umwelttechnik, Umweltsysteme und Umweltbiologie. Es wird viel mit anderen Forschungseinrichtungen und Institutionen zusammengearbeitet, wie Hochschulen, Firmen und der chemischen Industrie. Es gibt Projekte in Brasilien, Südafrika und Kenia. Ziel ist die sichere Anwendung von Stoffen in der Umwelt, die Analyse und Gestaltung von Agrarlandschaften und Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung.

Dr. Gunnar Fent erklärte die Forschungsvorhaben im Bereich Umweltchemie. Dort wird die Verflüchtigung und Deposition von Pflanzenschutzmitteln untersucht und eigens zu diesem Zweck wurde ein Windtunnel gebaut. Er arbeitet mit den Herstellern von Pflanzenschutzmitteln zusammen, um zum Beispiel die Formulierungen zu verbessern für weniger Abdrift. So konnte der Abstand zu Gewässern von 50 m auf 20 m reduziert werden durch eine verkapselte Formulierung des Wirkstoffs Clomazone.

Tresterpelletierung, das Projekt für Rheinland-Pfalz

Im Bereich Umwelttechnik arbeitet Thorsten Pollatz zum Stoffstrommangement. Er macht sich mit seinem Team Gedanken zur Phosphorrückgewinnung, zur Injektion von Pflanzenschutzmitteln in den Stamm von Obstbäumen sowie zur Tresterpelletierung.

Besonders das Projekt Tresterpelletierung liege ihm am Herzen, denn hier sehe er großes Potenzial in Rheinland-Pfalz. Man habe 63 000 ha Rebfläche, somit 160 000 t Trester pro Jahr. Würde dieser pelletiert, könnte er als Kaliumdünger dienen, Pflanzenstärkungsmittel oder verheizt werden. Das Institut habe eine patentierte Pelletieranlage und man würde dieses Projekt gerne in Rheinland-Pfalz starten. Luxemburg habe bereits Interesse bekundet, sodass nun eine Machbarkeitsstudie folge.

Weiteres Potenzial sehe Pollatz in den jährlich 25 000 t Gemüseabfällen in der Vorderpfalz. Derzeit wird erforscht, ob diese in Biogasanlagen Verwendung finden könnten. Damit sei die Feldhygiene verbessert und man würde sich manche Krankheiten nicht von einem Feld zum anderen verschleppen.

Dr. Matthias Trapp, Abteilungsleiter des Bereiches Umweltsysteme erläuterte, dass die Schwerpunkte dieser Abteilung die digitale Landschaftsanalyse und die Erforschung des Naturhaushaltes auf unterschiedlichen Skalenebenen umfasst.

Aktuell liegt ein Fokus auf der Nutzung der neuen „EU- Satelliten“, den sogenannten Sentinels, die im Rahmen der Copernicus- Mission kostenfrei genutzt werden können, und den Möglichkeiten, diese Daten für Rheinland- Pfalz verfügbar zu machen. Hier arbeitet die Abteilung eng mit anderen Landesbehörden, besonders auch den DLRs zusammen. Dabei geht es auch um die Nutzung dieser Fern­erkundungsdaten zur Unterstützung für eine bodenschonende Bewirtschaftung und umweltgerechte Düngung.

Daneben spielen Ausschreibungen auf deutscher und europäischer Ebene eine Rolle, die zusammen mit Partnern aus Industrie, Behörden und Wissenschaft aus ganz Europa beantragt werden und sich unter anderem mit den Themen nachhaltige Bestäubung im Landschaftskontext oder der Vorhersage von Sturzfluten in Osteuropa befassen, aber auch Betriebsleiter in der Logistik und der Ernteprognose unterstützen können.

Bei AlPlanta, dem Instutit für Pflanzenforschung, beschäftigt sich Dr. Michael Höfer mit Metabolischen Herbizid-Resistenzen in Ackerfuchsschwanz. Weltweit seien über 500 Resistenzen von Unkräutern registriert. Da der Ackerfuchsschwanz auf 25 Prozent der deutschen Ackerfläche auftritt, ist es ein zunehmendes Problem. Höfer sucht

diejenigen Gene im Ackerfuchsschwanz ausfindig zu machen, die für die Herbizidresistenz verantwortlich sind, um daraus einen Test zu entwickeln, der voraussagt, welche Herbizide noch wirksam sind. Auf diese Weise würden sich überflüssige, weil unwirksame Herbizidanwendungen vermeiden lassen.

Der Ackerbohne auf die Felder helfen

Mit der Erweiterung des Genpools von Ackerbohnen beschäftigt sich Dr. Michael M. Wallbraun. Dieses Ziel soll erreicht werden, um die Ackerbohne in der Landwirtschaft als als Eiweißfutterpflanze attraktiver zu machen. Trotz ihrer guten agronomischen Eigenschaften gelten die einheimische Körnerleguminosen bei einigen Landwirten als wirtschaftlich wenig attraktiv. Der Grund ist, dass die Ernteerträge wegen der witterungsabhängigen Anfälligkeit der Sorten gegen Schädlingsbefall schlecht planbar sind. In der Folge finden auch immer weniger Züchtungsprogramme statt. Der Leistungsabstand zu den großen Kulturarten wird damit immer größer und die einheimischen Körnerleguminosen werden immer weniger wettbewerbsfähig. Um effizientere Züchtungsvorhaben zu ermöglichen ist daher eine Erweiterung des Genpools ein maßgebender Schritt.

Um Obstkrankheiten, wie die Europäische Steinobstvergilbung und die Apfeltriebsucht, beide verursacht durch Bakterien-ähnliche Mikroorganismen, die durch Insekten übertragen werden, geht es in den Forschungen von Dr. Wolfgang Jarausch. Es werden langfristige Bekämpfungsmaßnahmen zum einen durch Resistenzzüchtung, zum anderen durch innovative Methoden gegen die Überträger dieser Krankheiten gesucht. Die Reisigkrankheit bei der Rebe, die von Viren verursacht wird, und die von Bakterien verursachte Maukekrankheit, eine der bedeutendesten bakteriellen Rebkrankheiten nördlich der Alpen beschäftigen Dr. habil. Goetz Reustle und Dr. Günther Buchholz. Die Mauke ist besonders für die Rebenzüchtung ein Problem. Die Mitarbeiter von AlPlanta versuchen nun eine Nachweismethode für die latente Infektion mit dem Bakterium Agrobacterium vitis zu finden.

zep – LW 30/2017