Züchterfahrt nach Frankreich
Exkursion der Interessengemeinschaft Limousin-Hessen
Bei der diesjährigen Informationsfahrt der Interessengemeinschaft Limousin-Hessen nach Frankreich wurden die Nationalschau „Concours National Limousin“ in Nancy sowie mehrere Limousin-Zuchtbetriebe in Lothringen besucht.
Auf dem Schaugelände am Place Carnot mitten in Nancy sah man, wie die weiblichen Tiere gerichtet wurden. Im Anschluss fuhren die Teilnehmer zu dem ersten Besichtigungsbetrieb, „EARL Domaine Saint Elevert“ bei Nancy. Hier wurden die Gäste aus Hessen vom Pächter der Domäne Bertram Henkel und einem Fernsehteam aus der Region Limousin im Südwesten Frankreichs, die einen Film über die Nationalschau für ihr Regionalfernsehen drehten, begrüßt. Die Domäne ist seit drei Generationen von der Familie Henkel gepachtet und gehört einer Grafenfamilie die ein zur Domäne gehörendes in Privatbesitz befindliches Schloss bewohnt.Die Flächen der Domäne umfassen insgesamt 200 ha Land davon 70 ha Grünland. Auf dem Grünland werden 60 Limousin-Mutterkühe mit Nachzucht gehalten. Der Zukauf von Zuchtbullen für die Herde erfolgt generell über die Zucht- und Prüfstation für die Rasse Limousin in Lanaud, wie der Pächter Bertram Henkel berichtete. Die männlichen Absetzer werden bis auf wenige Bullen, die zur Aufzucht nach Lanaud gehen, zur Mast nach Italien und Ungarn verkauft. Die weiblichen Absetzer verbleiben auf dem Betrieb und gehen später in die Zucht oder zum Schlachten. Die Verbraucher in Frankreich honorieren das Fleisch von weiblichen Rindern mit einem um circa einen Euro höheren Schlachtpreis als für die männlichen Tiere.
Alle drei Wochen erfolgt ein Charaktertest
Auf den Weiden der Domäne fielen die rahmigen und sehr harmonischen Kühe des Betriebes auf sowie eine sehr gut entwickelte Gruppe von einjährigen Jungrindern. Auf einem zweiten Betrieb in der Nähe befand sich ein geräumiger Stall mit zwei Abteilungen für je 50 Tiere für die Wintermonate.
Der Besuch in Nancy stand ganz im Zeichen der französischen Nationalschau „Concours National Limousin“. Gilles Lequeux, Präsident von Interlim Genetique Service, der Dachorganisation aller Limousin-Verbände in Frankreich, erklärte wie die züchterische Arbeit in Frankreich organisiert ist. Die Hauptaufgabe von Interlim sei das Betreiben der Bullenprüfstation Lanaud. Fünfmal im Jahr werden rund 600 Bullen im Alter von acht Monaten in den Mitgliedsbetrieben ausgewählte und sechs Monate lang in der Station getestet.
Die besten 150 Bullen einer Gruppe erhalten das begehrte RJ-Zeichen für geprüfte Bullen. Sie werden viermal im Jahr bei Höchstpreisen bis zu 20 000 EuÂro weltweit versteigert. Alle drei Wochen erfolgt in der Station ein Charakter-Test. Wenn Probleme auftreten werden diese Bullen aussortiert. Die Kosten pro getesteten Bullen betragen 1 000 Euro, abzüglich eines Zuschusses von 200 Euro. Die besten 16 Bullen eines Jahrganges werden in der Regel an die BesaÂmungsstation Sersia geliefert. Neben der Stationsprüfung werden jährlich weitere 100 Herdenbullen in den Zuchtbetrieben geprüft.
Eine Verbandskommission fährt die Betriebe ab und bewertet die Nachkommen. Die besten Herdenbullen erhalten je nach Anzahl und Qualität der Nachkommen das begehrte RR oder RRE-Zeichen. Weiter Aufgaben von Interlim sind die Vermarktung und Export von Zuchttieren weltweit und die Vermarktung von weiblichen Zucht- und Schlachttieren auf regionalen Auktionen.

Foto: Wilhelm Vackiner
Metzger und Gastronomen nutzen Werbemöglichkeit
Eine Besonderheit der Elite-Auktion war die Versteigerung von ausgewählten schweren Schlachtkühen. Metzger und Restaurantbesitzer haben hier die Gelegenheit, durch den Kauf einer Schlachtkuh zum drei bis vierfachen Schlachtpreis für ihren Betrieb, beziehungsweise für ihr Restaurant, über die Medien und mit einer Plakette mit Zertifikat zu werben. Eine Besichtigung der Innenstadt von Nancy mit dem Place Stanislas, der von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt worden ist, rundete den zweiten Tag ab.
Limousins mit Vorzügen bei Besamung und Geburten
Ein weiterer Besichtigungsbetrieb war die EARL Du Patural, zwischen NanÂcy und Metz gelegen. Christophe Torcy bewirtschaftet in der französischen Gesellschaftsform EARL zusammen mit Schwiegervater und Tochter diesen Betrieb mit 180 ha, davon 100 ha Getreide und 80 ha Grünland. Die 80 Mutterkühe mit Nachzucht werden mit Mais, Luzerneheu und Grassilage gefüttert.
Der Betrieb wurde im Jahr 1992 von Holsteinkühen mit Milchproduktion auf Limousin-Rinder umgestellt. Hauptgrund für die Wahl der Rasse Limousin in dem traditionellen Charolais- und Saler-Gebiet waren die leichteren Geburten und besseren Besamungsergebnisse bei der Rasse Limousin.
Der Betrieb nutzt drei bis vier ausgewählte Spitzenbullen aus der Lanaud-Station zusammen mit zwei weiteren Zuchtbetrieben. Die Bullen werden alle abgesamt. Etwa die Hälfte der Belegungen der Rinder werden mit dem Sperma der eigenen Bullen durchgeführt. Die drei bis vier besten männlichen Absetzer eines Jahrganges werden zur Aufzucht an die Lanaud-Station geliefert. Der Rest der männlichen Absetzer wird nach Italien und Luxemburg verkauft. Die weiblichen Absetzer verbleiben vollständig im Betrieb. Die Vermarktung erfolgt über ein Qualitätsmarkenfleischprogramm „Label Rouge“ für fünf bis sechs Euro pro kg Schlachtgewicht. Wegen derzeit guter Schlachtpreise werden die Kühe schnelÂler ersetzt als sonst. In der Folge werden mehr weibliche Absetzer zur Remontierung benötigt.
Außerdem wurde der Betrieb EARL Ladaique besichtigt. Die 110 ha Betriebsfläche teilen sich auf in 40 ha Getreide und 70 ha Grünland, worauf 70 Mutterkühe gehalten werden. Erst vor fünf Jahren ist der Betrieb wegen größerer anstehender Investitionen bei niedrigen Milchpreisen von der Milcherzeugung auf Mutterkuhhaltung umgestellt worden. Wegen besserer Schlachtpreise und leichteren Kalbungen wurde die Rasse Limousin anderen FleischÂrassen vorgezogen.
Sechs magere Jahre nach der Betriebsumstellung
Wie der Betriebsleiter berichtete, war die erste Zeit der Umstellung schwierig bis dann nach zwei Jahren die ersten Absetzer verkauft werden konnten. Jetzt seien die Einnahmen ähnlich hoch, wie zuvor in der MilchviehÂhaltung, er hätte aber nun wesentlich mehr Zeit für die Familie. Zur Zucht wurde kürzlich ein Vetivert-Enkel in Lanaud für 7 000 Euro zugekauft. Bevorzugt wird der mittelrahmige Mixed-Typ. Auf der Weide des Betriebes konnten mehrere Jungbullen, die zur Zucht ausgewählt worden waren, besichtigt werden sowie eine größere Anzahl von gut entwickelten Rindern. Von den Kühen hatte schon ein großer Teil gekalbt. Drei Kühe des Betriebes sind nach dem dritten Kalb mit dem Qualifikationszeichen RE ausgezeichnet worden. Insgesamt machte die Herde einen sehr ruhigen Eindruck.
Der engagierte Betriebsleiter und seine deutsch sprechende Ehefrau bleiben den Züchtern aus Hessen in guter Erinnerung. Gerhard Beilstein hat mit seinen hervorragenden Französischkenntnissen ebenfalls zum Gelingen dieser Informationsfahrt beigetragen.
Vackiner, llh – LW 40/2013