Zwiebelanbaufläche steigt stetig

Fachverband Deutsche Speisezwiebel tagte in Mainz-Finthen

Es ist Tradition, dass sich der Fachverband Deutsche Speisezwiebel jedes Frühjahr im Bürgerhaus in Mainz-Finthen trifft. Aus allen deutschen Zwiebelanbauregionen kamen die Anbauer und Gemüseberater zur Informationsveranstaltung Zwiebel zusammen. Von der Marktlage über das frühzeitige Erkennen von Lagerfäule und die Bienengefährdung von Pflanzenschutzmitteln bis zur Bodenverdichtung war ein interessantes Programm geboten.

Die gelben Speisezwiebeln werden in Deutschland überwiegend als 2 kg-Gebinde verkauft. Damit wurden die 5 kg-Gebinde abgelöst. Höhere Preise zahlen die Konsumenten in Deutschland für kleinere Gebinde, die es meist nur für Spezialitäten gibt.

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Sonja Illert von der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft in Bonn informierte über die derzeitige globale Marktlage im Bereich Speisezwiebel. Argentinien und Brasilien, zwei bedeutende Zwiebelproduzenten, mussten 2015 hohe Ernteeinbußen hinnehmen, sodass Holland (126 000 t) und Spanien vom eingebrochenen Export zwischen Argentinien und Brasilien profitierten. Es wurden große Kaliber stabiler Qualität nach Brasilien geliefert.

In Indien gehören die Zwiebeln zum Grundnahrungsmittel

Nach China ist Indien der zweitgrößte Zwiebelproduzent und der größte Zwiebelexporteur. Da die Zwiebel in Indien zum Grundnahrungsmittel zählt, werden auch viele Zwiebeln in Indien konsumiert und es ist im Interesse der indischen Regierung für eine gute Versorgung zu sorgen. Erstmals wurden nennenswerte Mengen importiert. Knapp 90 000 t wurden, vor allem aus Afghanistan und Ägypten 2015 importiert. Über 1 Mio. t Zwiebeln exportierte Indien 2015 vor allem nach Malaysia, Bangladesch und Sri Lanka. Die Anbaufläche wurde in den vergangenen Jahren auf 1,3 Mio. ha stetig ausgedehnt, allerdings gab es 2015 Qualitätsprobleme bei der Lagerung. Damit sanken die Exporte Indiens 2015 erstmals fast auf das Niveau der Holländer.

Veränderungen gab es auch beim Import von Zwiebeln in Russland. Aufgrund des Russland-Embargos für EU-Ware liefern nun überwiegend Ägypten, China und die Türkei nach Russland, wobei das Land selbst die Zwiebelproduktion auf über 2 Mio. t deutlich gesteigert hat. Es zeigt sich, dass die drei großen Produzenten Niederlande, Frankreich und Polen, weiterhin die Flächen ausdehnen, auch Deutschland legte in der Anbaufläche um jährlich 2,5 Prozent zu, sodass heute 10 340 ha angebaut werden. Trotz der Flächenausweitung ist die Produktion im vergangenen Jahr in Deutschland um acht Prozent auf 462 113 t gesunken. „Die Trockenheit hat zu kleinen Kalibern geführt, sodass die Menge in den wenigsten Schlägen erreicht werden konnte“, erklärte Illert. Das führte zu einem knappen Angebot im Herbst. Die Lager seien im Südwesten im Vergleich zum Vorjahr, vor allem in Rheinland-Pfalz, bereits um 30 Prozent geräumt gewesen, in Bayern zu 18 Prozent . Im Nordosten gab es noch reichlich Ware.

Zwiebelspezialitäten sind zunehmend gefragt

Bemerkenswert sei, so Illert, dass die Konsumenten seit Jahren immer weniger gelbe Speisezwiebeln kaufen und verstärkt zu den Spezialitäten greifen, wie Bundzwiebeln, Schalotten, rote Zwiebeln oder auch Biozwiebeln. Illert vermute, dass die Spezialitäten auch deshalb gekauft werden, weil sie in kleineren Gebinden angeboten werden. Nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung sind 38 Prozent aller deutschen Haushalte Ein-Personen-Haushalte, 36 Prozent sind Zwei-Personen-Haushalte und der Rest sind Mehr-Personen-Haushalte.

Das erklärt, dass auf dem Zwiebelmarkt seit Jahren die 5 kg-Säcke deutlich zurückgehen, während die 2 kg-Gebinde den Markt dominieren und zunehmend mehr 1 kg-Gebinde verkauft werden. Dass den Konsumenten das bequeme Essen wichtiger ist als der Preis, das zeige auch die Tatsache, dass sie immer mehr zu kleineren Sortimenten greifen, oder wie bei der Tomate zu mundgerechten Größen der Kirschtomaten.

In deutschen Lagern kaum noch freie Zwiebeln

Sonja Illert von der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft war vorsichtig mit Prognosen.

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Wie sieht die Marktlage für Deutschland in diesem Jahr aus? Illert war vorsichtig mit ihren Aussagen, doch sei klar, dass in deutschen Lagern kaum freie Zwiebeln vorhanden sind, dass die Niederlande noch einen großen Vorrat an Zwiebeln haben, dass jedoch diese Ware qualitativ nicht stabil ist. Die meisten EU-Lager sind abgebaut. Ein Unsicherheitsfaktor sei Osteuropa. „Die Warenverfügbarkeit war nicht so gering, wie erwartet“, bemerkte Illert. Daher sei es schwierig hier eine Prognose zu geben. In Deutschland lag der Pro-Kopf-Verbrauch bei 8,3 kg frisch und verarbeitete Zwiebeln 2014/2015. Je nach Jahresernte liege der Selbstversorgungsgrad bei grob 70 Prozent, wobei 1 490 Betriebe Zwiebeln anbauen, bemerkte Illert. Die Umstellung auf Ãœberseeware im LEH sei bereits erfolgt. Hier sei mit den üblichen Mengen für Europa aus Neuseeland zu rechnen. „So könne man verhalten positiv in das Jahr gehen“, resümierte Illert.

„Ich bin alle paar Wochen über meine Zwiebelkisten im Lager gekrochen und habe so kontrolliert, ob die Qualität noch in Ordnung ist und vereinzelte Fäulenester entfernt“, sagte ein Anbauer. Diese Schnüffelprobe solle nun ein elektrisches Gerät übernehmen. Prof. Dr. Michael Keusgen aus Marburg stellte das Projekt EleNa vor, Entwicklung einer elektronischen Nase sowie eines neuartigen Lagerkonzepts zur frühzeitigen Erkennung von Lagerfäulen an Zwiebeln.

In der Lungendiagnostik werde ein Analysegerät, die Cyranose, verwendet, um Lungenentzündungen und Tuberkulose festzustellen. Dieses Gerät könne auch auf die schwefeligen Verbindungen, die sich bei den Fäulen der Zwiebeln entwickeln, wie Fusarium oxysporum sp. cepa, Penicillium sp., Erwinia carotovora var. carotovora, oder Botrytis aclada, angepasst werden. Das wollen die Wissenschaftler und Ingenieure des Projekts erreichen.

Dazu müssen zuerst die flüchtigen Verbindungen bestimmt und dann das Gerät angepasst werden. In drei Jahren wolle man die Ergebnisse vorlegen, so Keusgen. Beteiligt sind an dem Projekt das Julius Kühn-Institut, die Universität Marburg sowie verschiedene Firmen.

LEH möchte zahlreiche Wirkstoffe verhindern

Im Herbst vergangenen Jahres gab Aldi Süd unter dem Stichwort „Bienentoxische Wirkstoffe“ eine Liste von Pflanzenschutzmitteln bekannt, die zukünftig nicht mehr für die Produktion von Obst, Gemüse und Kartoffeln in Deutschland eingesetzt werden sollen. Das sorgte für große Unruhe in der Branche.

Andrea Schneider (r.), Geschäftsführerin vom Fachverband Deutsche Speisezwiebel hatte Dr. Klaus Wallner (l.) eingeladen.

Foto: Setzepfand

Da auch Zwiebeln zum Gemüse zählen, bat der Verband Dr. Klaus Wallner von der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim, eine sachliche Beurteilung vorzunehmen. „Die beim Verbraucher positiv besetzte Biene wird hier vor einen Wagen gespannt, der ihr letztlich sogar schadet“, so der Fachmann. Es seien Wirkstoffe auf der Liste, die gar keine Zulassung haben, zu denen es keine Produkte gibt und die für Bienen ungefährlich sind. Und es sind Wirkstoffe darauf, wie das Neonicotinoid Thiacloprid, das in Raps angewandt wird und dessen Rückstandshöchstgehalt Anfang des Jahres von 0,2 mg/kg auf 0,05 mg/kg in Honig von der EU heruntergesetzt wurde. Aldi Süd möchte nun gar keine Rückstände von Thiacloprid im deutschen Honig akzeptieren, sodass der deutsche Rapshonig, eine der wichtigsten Trachten für die deutschen Imker, unverkäuflich werde. Damit sei den Bienen nicht geholfen, weiß Wallner. „Aldi Süd hilft nicht den Bienen, doch es wird große Schwierigkeiten in der Vermarktung geben“, fasste Wallner zusammen.

Achtsamer mit dem Gut Boden umgehen

Der Sprache des Bodens widmete sich Dr. Thomas Vorderbrügge vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie aus Wiesbaden. Er führt stagnierende Erträge trotz stetig steigernden genetischen Verbesserungen seit 1995 auf einen Verlust der Bodenfruchtbarkeit zurück.

Das Wurzelsystem einer Zwiebel wächst 0,2 mm/Tag, die meisten Wurzeln der Zwiebel sind in 20 bis 40 cm Tiefe zu finden und vereinzelte Wurzeln gelangen bis 1 m Tiefe. Die Zwiebel sei im Vergleich zu anderen Ackerbaukulturen auf eine gut durchwurzelbare Krume angewiesen. Wasser- oder Nährstoffmangel könne sie nicht durch eine Durchwurzelung des Unterbodens kompensieren. Interessant waren die Schlussfolgerungen zu Bodenverdichtungen: Eine Verdichtung bewirkt eine Umverteilung der Porenvolumina. Die Grobporen nehmen ab, was zu Luftmangel führt. Die weiten Mittelporen mit pflanzenverfügbarem Wasser nehmen ab. Die engen Mittelporen und die Feinporen nehmen zu, sodass Wasser und Nährstoffe nicht mehr pflanzenverfügbar sind.

Insgesamt nehmen die Wasserleitfähigkeit im verdichteten Boden, die Durchwurzelbarkeit, der Gasaustausch sowie die Nährstoffaufnahme in den verdichteten Böden ab. Zum Thema Erosion bemerkte Vorderbrügge: „Glauben Sie nicht, dass Boden sich neu bildet. Keine Tonne hat sich in den vergangenen 10 000 Jahren gebildet. Was Erosion abträgt, das kommt nicht wieder.“

zep – LW 19/2016