Zwischenfruchtanbau – auch späte Saaten noch sinnvoll

Der Nutzen für die Landwirtschaft ist sehr vielschichtig

Zur Zeit läuft die Getreideernte. Mit dem Mähdrusch wird die Grundlage für die neue Aussaat gelegt. Aus den bekannten arbeitswirtschaftlichen Gründen (Getreideernte, Rapsaussaat und entsprechende Herbizidmaßnahme) rückt der Anbau von Zwischenfrüchten in den Hintergrund des Interesses. Diese Früchte haben aber vielerlei Vorzüge, wie Rainer Even vom Beratungsteam Pflanzenbau des LLH in seinem Beitrag deutlich macht.

Zur Stickstofffixierung hat sich Senf gut bewährt.

Foto: agrarfoto

Aus der Historie heraus war der Zwischenfruchtanbau immer im Zusammenhang mit der Produktion von Futter für die Wiederkäuer vor Sommerungen zu sehen (Paradebeispiel: Landsberger Gemenge). In diese Kategorie fiel auch der Untersaatenanbau. Diese sind aber dann auch vor Winterungen genutzt worden, weil die Wachstumsperiode sonst zu kurz gewesen wäre. Also stand in diesem Kontext immer die maximale Produktion von Futter im Vordergrund. Als Nebeneffekte wurden durchgängige Bodenbedeckung, Erosionsschutz, Humusaufbau und so weiter mit genutzt. Dieses System, in dem zumeist kurzlebige Gräser und Kleearten sowie Futterrapse genutzt wurden, hatte über Jahrzehnte bestand.

Die Ziele des Zwischenfruchtanbaus

In den Ackerbaufruchtfolgen, die nur die Produktion von direkten Verkaufsgütern im Fokus hatten, war dementsprechend nur wenig Platz für den Zwischenfruchtanbau. In der Regel war es nematodenresistenter Ölrettich oder Gelbsenf, der angebaut wurde.

Fast zeitgleich mit der intensiven Diskussion über die wendende Bodenbearbeitung kam auch die Frage des Gewässerschutzes durch den Zwischenfruchtanbau auf. Hier steht nicht das Interesse des produzierenden Landwirtes, sondern der Schutz des Allgemeingutes Grundwasser im Vordergrund.

Zum heutigen Zeitpunkt kommen noch weitere Personenkreise hinzu, die ein Interesse am Zwischenfruchtanbau haben: Imker fragen nach Blühflächen; Jäger suchen Deckungs- und Äsungsflächen für das Wild, und nicht zuletzt erfreut sich jeder von uns im Herbst, wenn er neben kleinen Getreide- und Rapspflanzen auch noch blühende Zwischenfruchtbestände sieht. Dies alles wollen und sollen die Landwirte zur Verfügung stellen – also nachhaltig handeln.

Die Frage nach der Zielsetzung des Zwischenfruchtanbaues ist entscheidender als alles andere; denn hierdurch wird die Bodenbearbeitung, die Pflanzenart, die für den Zwischenfruchtanbau genutzt wird, die Höhe und Form der Düngung und alle weiteren ackerbaulichen Maßnahmen entschieden.

Hierzu einige aktuelle Beispiele:

Futterproduktion: Nach der Wintergerstenernte soll noch Futter produziert werden: In diesem Fall ist es sinnvoll, nach der Ausbringung der Gülle oder der Gärreste den Pflug einzusetzen, denn nur so kann die Konkurrenz des Ausfallgetreides ausgeschaltet werden. Nach Getreide-GPS kann dagegen pfluglos ausgesät werden.

Nun stellt sich die Frage, ob man Masse für die Biogasanlage produzieren will; dann sind die Sommergetreidearten wie Triticale, Gerste und Hafer die Arten der Wahl. Soll dagegen Futter für Milchkühe erzeugt werden, sind die kurzlebigen Weidelgräser im Vorteil, da diese zwischen 0,5 und 1,0 MJ NEL je kg TM Gehalte aufweisen und durch die höhere Energiekonzentration besseres Futter liefern.

Stickstofffixierung: Wenn durch Trockenheit oder Hagelschlag der geerntete Ertrag deutlich hinter den erwarteten Zielen – und damit hinter der gemachten Stickstoffdüngung – liegt, ist der Zwischenfruchtanbau die einzige Chance, diese „Ãœberhänge“ zu binden. Aus diesem Grund müssen in solchen Situationen Arten/Mischungen angebaut werden, die möglichst viel Stickstoff aus dem Boden aufnehmen können. Gleiches gilt allgemein für den Zwischenfruchtanbau mit der Maßgabe des ausschließlichen Gewässerschutzes. In solchen Fällen haben sich Gräser oder Senf/Ölrettich oder Mischungen mit hohen Anteilen von Nichtleguminosen bewährt. Die Aussaat sollte so früh wie möglich erfolgen, damit die maximale Zeitspanne zur Stickstoffaufnahme im Herbst zur Verfügung steht.

Bodenaktivierung: In einer Fruchtfolge aus Getreide und Mais oder Zuckerrüben sollte die Gelegenheit des Zwischenfruchtanbaues genutzt werden, den Fokus auf den Boden zu legen. Das heißt die Arten, die ausgesät werden, sollten mit anderen Wurzelsystemen den Boden erschließen und weitere positive Einflüsse bewirken. In diesem Zusammenhang seien nur die Leguminosen (N-Fixierung) und die Phacelia (P-Aufschluss) erwähnt. In den letzten Jahren hat sich in diesem Zusammenhang ein erheblicher Markt an Zwischenfruchtmischungen entwickelt. Die in ihrer Vielzahl mittlerweile für (fast) jede Sondersituation eine Zwischenfruchtmischung anbietet.

Zeitverlust durch pflanzenbauliche Maßnahmen ausgleichen

Durch das verspätete Frühjahr 2013 und die Niederschläge der letzten Tage/Wochen ist in vielen Regionen Hessens die übliche Zeitspanne für das Zwischenfruchtwachstum kürzer als in den Vorjahren. Um diesen Zeitverlust von zwei bis drei Wochen zu kompensieren, können folgende Ansätze zum Erfolg führen:

Saatgut: Durch die Auswahl von spätsaatverträglichen Arten wie Gelbsenf.

Bodenbearbeitung: Durch eine intensivere Bodenbearbeitung können Störungen zum Beispiel durch Strohauflage beseitigt werden

Düngung: Mit zusätzlicher Düngung kann die N-Sperre durch den Strohabbau kompensiert werden und so eine schnellere Entwicklung gefördert werden (auf HIAP-Flächen nicht erlaubt).

Unabhängig vom Saatzeitpunkt führen auch spätere Aussaaten zum Erfolg. Dies belegen Beobachtungen und Daten, die im Herbst 2012 in Nordhessen gesammelt wurden. Sicherlich sind nicht mehr die maximalen Wirkungen bei Frischmassebildung, Bodendurchwurzelung, N-Fixierung und so weiter zu erreichen aber die in einer Streifendemoanlage gewonnenen Daten belegen, dass auch noch Aussaaten Mitte August positive Einflüsse haben.

 – LW 31/2013