Wenn Ahnungslosigkeit auf Ignoranz trifft

Wenn es um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln geht, ist die Diskussion leider oft von Ideologien, Ängsten und fehlender Sach­kunde geprägt. Jüngstes Beispiel ist die Auflösung des Sachverständigenausschusses, in dem Vertreter behördlicher Pflan­zenschutzdienste saßen, um die Praxisseite in den Verhandlungen zum Pflanzenschutzgesetz zu vertreten. Wichtige Aspekte, die nur von Fachleuten durchschaut und gesehen werden (Stichwort Anti-Resis­tenz­strategien), werden einfach ignoriert.

Damit nicht genug: Nach der neuen Pflanzenschutzgesetzgebung müssen nun alle Anwender, Berater und Verkäufer von Pflanzenschutzmitteln, die bisher aufgrund ihrer Ausbildung als sachkundig galten, einen Sachkundeausweis erwerben und sich alle drei Jahre fortbilden (das LW berichtete). Und das, obwohl das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erst vor Kurzem festgestellt hat, dass die Landwirtschaft vorschriftsmäßig arbeitet und Rück­standshöchstmengen-Über­schrei­tun­gen in Lebensmitteln deutlich die Ausnahme sind.

Die Maßnahme erinnert stark an die Einführung der Umweltplakette für PKW: Das Ziel einer Feinstaub-Reduzierung wurde zwar nicht erreicht, aber die Gebühren für Plaketten und an­fal­len­de Bußgelder werden nach wie vor gerne eingestrichen. Auch beim Sachkunde-Ausweis werden wie selbstverständlich Gebühren fällig und Verstöße mit Bußgeldern geahndet.

Fachlicher Beistand täte den Entscheidungsträgern sicher gut, denn die Anzahl zugelassener Wirkstoffe nimmt stetig ab. Mit negativen Folgen auch für die Umwelt: Da in vielen Bereichen kaum noch Wirkstoffwechsel vorgenommen werden können, treten bei Schadorganismen immer schneller Resistenzen auf und die Pflanzenschutzintensität steigt. Auch Biobetriebe sind von dieser Entwicklung betroffen, beispielsweise im Kartoffelbau.

Weiteres zum Insektizideinsatz in Kartoffeln lesen Sie in dieser Ausgabe ab Seite 13.

Karsten Becker