Ein altes Obst erobert die Welt

Das Interesse an der Quitte nimmt weltweit wieder zu

Sie ist schon etwas Besonderes, eine Zierde für jeden Garten. Im Frühling, von April bis Mai, bezaubert sie durch große duftige Einzelblüten, die sich von zartrosa nach weiß färben. Im Herbst hängt sie voll goldener, ebenmäßig oder bizarr-barock geformter, paradiesisch duftender Früchte – die Quitte. Jetzt zur Pflanzzeit bringt Ihnen Quitten-Expertin Monika Schirmer ihre Lieblingsfrucht etwas näher.

Die Quitte ist lange in Vergessenheit geraten. Dabei hat sie so viel zu bieten.

Foto: Monika Schirmer

Außergewöhnlich ist ihr kultureller und heilkundlicher Hintergrund und die vielfältige Verwendung der Quitte in der Schmankerlküche. Vom Altertum bis in die Neuzeit hochangesehen, wurde die Quitte im vergangenen Jahrhundert fast vergessen und in vielen Gärten nur noch geduldet. Das Interesse an ihr ist jedoch seit einiger Zeit wieder weltweit erheblich angestiegen.

Die Saft- und Kosmetikindustrie hat die Frucht für sich entdeckt und lässt sie in größerem Umfang anbauen. An verschiedenen Standorten in Deutschland werden derzeit mehr als 50 Sorten angebaut, altvertraute, wertvolle osteuropäische und türkische. Eine besondere Stellung nimmt das private Rekultivierungsprojekt alter Quittensorten „Mustea“ ein, entstanden in Unterfranken.

Quitten, eine Kreuzung aus Apfel und Birne?

Die uralte Obstart ist eine völlig eigenständige Gattung, gehört wie Apfel und Birne zur Familie der Rosengewächse. Der Internationale Verband zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) und das Bundessortenamt (Prüfstelle Wurzen) unterteilt sie in fünf Typen, nach der Form ihrer Früchte.

Unter Apfelquitten versteht man keine einzelne Kultursorte, sondern den Sammelbegriff für Sorten mit überwiegend rundlich, kugeligen, apfelförmigen Früchten. Das gilt auch für Birnenquitten. Seit Jahrhunderten versammeln sich hier die unterschiedlichsten Kultursorten. Typisch quittenförmige Quitten finden in dieser Zweiteilung keinen Platz. Den beiden Typen kann man keine besonderen Eigenschaften zuweisen, wie beispielsweise weiches oder hartes Fruchtfleisch, Steinzellen, Duft, Größe der Blätter oder Reifezeit. Das alles sind typische Sortenmerkmale.

Was mag die Quitte nicht so gerne ?

Wenn man ...

  • ... ihr einen schattigen, zugigen, kalten Standort zuweist, in der hintersten Gartenecke, mit zu wenig Abstand zu Nach­barbäumen oder -büschen.
  • ... nicht nach ihr schaut, sie nicht pflegt, die Baumscheibe die ersten fünf Standjahre nicht freihält.
  • ... sie unsachgemäß und zum falschen Zeitpunkt schneidet, beispielsweise ihr Fruchtholz als „Wasserschosser“ bezeichnet und laufend entfernt oder zu massiv eingreift.
  • ... nicht auf tierische Schädlinge, Blattbräune, Monilia oder Feuerbrand achtet und keine Fruchtmumien entfernt.
  • ... behauptet, sie sei krank, müsse gerodet werden, nur weil sie sich, ihrer Natur entsprechend, ab einem gewissen Alter „schuppt wie eine Platane“.

Eine wertvolle alte Obstart

Grundsätzlich kann man die Quitte als eine Obstart anpreisen, die keinen übermäßigen Pflanzenschutz und Pflegeaufwand verlangt. Zur besten Vorsorge gegen Krankheiten gehört neben guten Wachstumsbe­dingungen, ausgewogenem Futter zur rechten Zeit auch die richtige Sortenwahl. Regelmäßige, nicht wechselnde Erträge und schöne Früchte sind dann viele Jahre sicher. Die beste Pflanzzeit ist in milden Lagen der Herbst und in rauen das Frühjahr.

Sorte aus Geisenheim: Cydora

Foto: Monika Schirmer

Sorte aus Geisenheim: Cydopom

Foto: Monika Schirmer

Quittenbäume stehen gerne mit ausreichend Abstand zu ihren Nachbarn.

Foto: Monika Schirmer

Die Hexenjagd wegen des Feuerbrands findet nicht mehr statt. Man könnte die Quitte eher als Zeigerpflanze, aber nicht als Hauptüberträger der Bakteriose bezeichnen. Einige Sorten haben sich als stärker, andere als weniger empfänglich für den Krankheitserreger erwiesen, mit Unterschieden zu Alter, Standort, Erziehungsform und Allgemeinzustand.

Die Sorte “Cydora Robusta' von der Forschungsanstalt im hessichen Geisenheim besitzt eine relativ hohe Widerstandskraft. Sie gehört zu den Sorten, die bei nicht termingerechter Ernte eine deutliche Neigung zur Fleischbräune haben. Empfehlenswerte Sorten sind “Cydopom' und “Cydora', die beide in der Forschungsanstalt Geisenheim gezüchtet und getestet wurden.

Porträt “Cydopom'

  • Baum: Ertrag früh und hoch; klimatisch robust.
  • Blüte und Pflückreife: gehört zur Gruppe der Frühblühenden und -reifenden. Bester Erntezeitpunkt, wenn die Schalenfarbe auf gelb umschlägt.
  • Frucht: meist kugel- bis hochkugelförmig, mit weiten Rippen. Gewicht ab 200 Gramm. Goldgelbe Schale, in voller Reife ohne Flaum, sehr intensiver Duft.
  • Fruchtfleisch: cremiggelb, angenehm süß-säuerlich, aromatisch, roh essbar. Sehr gut zu verarbeiten. Haltbar – je nach Erntejahr – bis Dezember.

Porträt “Cydora'

  • Baum: Ertrag früh und hoch; klimatisch robust.
  • Blüte und Pflückreife: gehört zur Gruppe der Frühblühenden und -reifenden. Unbedingt ernten, wenn die Schalenfarbe auf gelb umschlägt.
  • Frucht: länglich mittelbauchig, Gewicht ab 200 Gramm, helle quittengelbe Schale, sehr intensiver Duft, in voller Reife wenig Flaum.
  • Fruchtfleisch: cremiggelb, angenehm süß-säuerlich, roh essbar. Sehr gut zu verarbeiten.

Ratschläge zur Verwertung

  • Wer seine gesamte Ernte entsaftet und nur ein paar Früchte für die Dekoration aufhebt, versäumt etwas. „Quitteln“ Sie doch mehr in Ihrer Küche und „safteln“ Sie nicht nur.
  • Sorten, deren Früchte zur Fleischbräune neigen, ernten, wenn die Schalenfarbe nach grünlichgelb geht und so schnell wie möglich verarbeiten.
  • Die Früchte „streicheln“, das bedeutet, den Flaum gründlich zu entfernen.
  • Nicht nur Fruchtfleisch, sondern auch Abfälle wie Schalen, Kerngehäuse und Kerne verwerten.
  • Hartfleischige Früchte nicht vom Nord- zum Südpol, sondern „über den Äquator" schneiden.
  • Eine einfache und vitaminschonende Art, Quitten zu verarbeiten, ist Fruchtstückchen roh in Honig einzulegen und im Kühlschrank aufzuheben.
  • Große Früchte mit härterem Fruchtfleisch laufen – wider Erwarten – beim sanften, geduldigen Garen zu ungeahnten Größen und Farben auf (ganz besonders mit Zucker).
  • Ganze und zerkleinerte Früchte lassen sich sowohl roh als auch gegart, süß, pikant, gefüllt und ungefüllt zubereiten.
  • Die hohe Quittenkochkunst besteht darin, dass die Früchte nicht nach Beigaben, Gewürzen oder der Kochflüssigkeit schmecken, sondern nach Quitte. Wie bei allen anderen Kochereien heißt es auch hier: „Einfachheit ist ein Zeichen von Perfektion.“

Der Quittengelee „Im Weltraum“ entsteht, wenn zwei unterschiedlich temperierte Quittensäfte im Glas aufeinander treffen. Mit etwas Glück entstehen tolle Musterungen und Farben.

Foto: Monika Schirmer

Quittengelee „Im Weltraum“

Leckere Quittengelees

 

Zutaten: Je ein Liter Saft aus „Frischpressung“ und Saft oder Sud aus Dampfentsaften oder Auskochen, Gelierzucker 2:1.

  • Zuerst den hellen Saft aus Frischpressung zusammen mit Gelierzucker 2:1 vier Minuten sprudelnd kochen. Die vorbereiteten Gläser jeweils halbvoll füllen.
  • Die zweite Partie aus dem deutlich dunkler gefärbten Saft kochen. Nach und nach mit kleinem Schöpflöffel auf das inzwischen etwas abgekühlte und damit gefestigte Gelee geben. Wenn beide Gelees die „richtige“ Festigkeit und Temperatur haben, verteilen sie sich ineinander. Es entstehen Schlieren, die Spiralnebeln im Weltraum ähneln, jedoch nur, wenn die Temperaturen passen. Sonst vermischen sie sich total.

Quittengelee „Himmelstraum“

Zutaten: Ein Liter Saft oder Sud und entsprechend Zucker oder Gelierzucker. Zusätzlich ein bis zwei Quitten, pro Glas zwei Zimtblüten oder ein Stück Vanilleschote.

  • Gereinigte (gewaschene, vom Flaum bereitete Quitten) mit der Brotmaschine quer in drei bis vier Millimeter dünne Scheiben schneiden, Kernhaus entfernen. Mit kleinen Plätzchenformen ausstechen. Zu Weihnachten eignen sich beispielsweise kleine Sternchen oder Halbmonde. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.
  • Das Gelee wie üblich kochen, zwei Minuten vor Garzeitende die Fruchtstücke zugeben. Sie sollten nicht zerfallen; diese Gefahr besteht bei Quitten weniger als bei Äpfeln. Gleichmäßig auf die Gläser verteilen.