Auch Charakter und Temperament vererben sich

Zucht des Verbands der Pony- und Pferdezüchter Hessen

Der Zuchtbericht 2015 des Verbandes der Pony- und Pferdezüchter Hessen bestätigt ein weiteres Mal: Das wichtigste Ziel der Zucht muss es bleiben, gesunde, handliche, leicht zu reitende Ponys und Pferde zu züchten. Erst danach kommen rassetypische Merkmale und Stärken zur Geltung, die natürlich auch vorhanden sein sollen und den speziellen „Charme“ einer Rasse ausmachen.

Die dreijährige Aurora vom Haflingergestüt Stange gewann sowohl die Eintragung und die Landesschau Alsfeld als auch die Leistungsprüfung und das „Blaue Band“ in München.

Foto: Rainer Kohl

Keine Frage, dass sich Eigenschaften wie ausgeglichenes Temperament, freundlicher Charakter, Umgänglichkeit und Menschenbezogenheit, Gehfreude und Arbeitseinstellung auch vererben. Sie bestimmen vorrangig den Wert der Ponys und Pferde. Auch robuste Gesundheit und Fitness, physische und psychische Belastbarkeit und geringe Anfälligkeit für Krankheiten und Verletzungen gehören dazu. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Pferde mit negativen Interieur-Eigenschaften nicht in die Zucht gehören. Niemand möchte sich tagtäglich mit unhandlichen, nervösen, widersetzlichen Ponys oder Pferden beschäftigen. Also sollte auch niemand diese Eigenschaften vermehren.

Den züchterischen Nachwuchs im Blick haben

Über die züchterischen Veranstaltungen im Vorjahr wurde berichtet, so dass sich dieser Bericht auf einige Höhepunkte beschränken kann. Zu Beginn des Jahres stellte der Zuchtverband Hessen auf der FN-Bundes­hengstschau Sportponys mit H-S Major Tom (Welsh D, Familie Spengler) und Holthausen Elessar (New Forest, Raymond Kamphuis) zwei Bundesreservesieger. Auch die Reitponyhengste Diamond Heart (Pia Niehage) und Shalom (ZG Grede) und der Connemarahengst Glaskopf Iwyn (Dr. Sabine Bachmann) vertraten in Berlin würdig ihren Zuchtverband.

Die Frühjahrskörung und Eintragung in Alsfeld sah an der Spitze den Hengst MVM Negrito (Paso Peruano) aus der Zucht und dem Besitz von Mireille van Meer aus Bodenfelde. Auf einem eigenen Termin für Islandhengste in Kaufungen mit Jungpferde-Materialprüfung und Körung hieß der Siegerhengst Gauti von der Igelsburg (Züchterin: Carola Krokowski, Besitzerin: Daniela Dohm).

Alsfeld stärkster Eintragungstermin

Mit 43 Nachwuchsstuten, darunter 32 Dreijährigen und insgesamt 19 Prämienstuten, war Alsfeld wieder der stärkste Eintragungstermin des Jahres 2015. Die Siegerstute Aurora (Haflinger, ZG Stange) bestätigte ihre herausragende Qualität später im Jahr mit dem Sieg auch auf der Hessischen Landesschau Alsfeld, in der Leistungsprüfung Meura und in dem süddeutschen Jungstutenchampionat „Blaues Band“ in München. Stellvertretend als jeweils Beste ihrer Rasse sind auch zu nennen Katzmanns Whoopie (Dartmoor, Stefan Katzmann), Kinzighausen Hazy Méaròc (Connemara, Michael Jaczak), Cleo (Welsh A, Susanne u. Volker Rosenkranz), Bergtor Magic Pearl (Welsh D, Familie Spengler), Fumaria van Stal Zulichum (Shetland, Franca Lange), Lendorfs Malina (Deutsches Partbred Shetland Pony, Sylvia Lohmann) und Dana vom Stephanshof (Deutsches Classic Pony, Daniela u. Dirk Frielitz). Gleiches gilt für die von Familie Römer-Stauber gezogene Reitponystute Dynamica (Besitzer: Heinrich Brähler), die sowohl in der Eintragung als auch im Reitpony-Stutenpreis an der Spitze stand. Auf dem bewährten Fjord-Eintragungstermin Erbach war Lia die beste von 17 dreijährigen und neun Prämienstuten. Die Lärke-Tochter der Züchterfamilie Silke und Jürgen Eitenmüller bekräftigte später diese Spitzenstellung im bundesweiten IGF-Zukunftspreis.

Nancovino E war bester Reitponyhengst der hessischen Körung in Alsfeld Foto: Joachim Hecker

Eine Landesstutenschau für Haflinger und Edelbluthaflinger wurde 2015 im Zusammenhang mit der Fohlenschau dieser Rassen veranstaltet und sah die Stuten Aurora (Haflingergestüt Stange), Olivia (Sabrina Mach) und Sophia StPrSt (Jessica Seitz) an der Spitze. Im Ponypark Padenstedt gab es eine Bundesschau für die Shetlandrassen und Dartmoor Ponys, wo die hessische gezogene Balia aus dem Spessart (Simone Glück) sogar Bundessiegerin der Partbreds wurde. Auf der ersten Gangpferdeschau in Rimbach holten sich Electra vom Kreiswald und Corazon vom Kreiswald (beide Robert Schmitt) jeweils die Siegerschärpen.

Gut besetzte Prämienfohlenschauen

Neben der großen Hessischen Island-Fohlenreise gab es wieder gut besetzte Prämienfohlenschauen des Verbandes in Alsfeld-Eifa, Offenthal, Weiten-Gesäß und Usingen, letztere wie immer kombiniert mit der Hessischen Landes-Kaltblutschau. Hier wiederholte die Schwarzwälder Stute Fabienne des Züchters Werner Wagner ihren Vorjahreserfolg als Gesamtsiegerin, gefolgt von der Merlin-Tochter Mara (Burkhard Wagner) als Reservesiegerstute.

Leistungsprüfungen werden immer wichtiger

Nur an der Hand oder im Freilaufen lässt sich die Qualität eines Pferdes nicht genügend beurteilen, die wichtigsten Erkenntnisse gibt es erst in der „Prüfung“ durch einen Reiter oder Fahrer.

Die 40-minütige Leistungsprüfung für Gangpferde in Weilrod gewann der Paso Peruano Hengst Mayanto aus der Zucht und dem Besitz von Georg Look. Aus den Leistungsprüfungen Erbach bleiben vor allem der Reitponyhengst Charlie Brown von Bernd Eisenmenger, die Haflingerstute Gretha BE von Björn Edelmann und die Fjordstute Laqueena (Züchter: Wilhelm und Heidi Eitenmüller, Besitzer: ZG Gräber-Seccardi) in guter Erinnerung.

Die besten Ergebnisse in Dillenburg erzielten die Fjordstute Gunver (Dirk Bindenberger), die Shetlandhengste Whisky vom Eichenhof (Hans-Werner Pahde) und Fiskus von den Frechdachsen (Nadine Angersbach) sowie die Kaltblutstuten Mimiteh (Frank Schmidt), Fabienne von Werner Wagner und Emma von Michael Kunkel.

Gute Ergebnisse für hessische Ponys und Pferde gibt es immer wieder auch außerhalb des eigenen Zuchtgebiets. Als Beispiel aus 2015 ist der Atlantic-Sohn Amore Mio des Haflingergestüts Stange zu nennen, der in Münster-Handorf mit Rekordnote 8,85 Sieger der Hengstleistungsprüfung wurde.

Auch das Bundesweite Championat des Freizeitpferdes/-ponys gewinnt an Bedeutung, denn eine vordere Platzierung hier ist für einige Rassen gleichwertig mit einer bestandenen Leistungsprüfung. Im Jahr 2015 gewann zum dritten Mal in Folge ein Fjordpferd dieses Championat: nach Sirko (2013) und Marle (2014) war es in Verden der in Hessen gezogene Hengst Djevin v. Dexter (Züchter: Christian Eitenmüller, Besitzerin und Reiterin: Marion Meßbacher), der Platz eins belegte.

Gute Hengstkörungen und Haflinger-Bundeshengstschau

Die reguläre Hengstkörung in Alsfeld Anfang Oktober brachte einen starken Auftritt der Spezialrassen, die Siegerschärpen gingen an den Paso Fino-Hengst Legado del Bosque (Katrin Bedacht) und den Criollo-Hengst Yamandu la Primera (Verena und Thomas Hoffart). Eine Steigerung zum Vorjahr ergab die zweite Auflage der bundesweiten „Ponyforum-Hengsttage“ in Alsfeld Anfang November, mit 38 teilnehmenden Hengsten, guter Auktion, einem Prämienhengst namens Dressed in Gold (Züchterin: Diane Wallrodt) aus hessischer Zucht und dem Ankauf von Hesselteichs Don't Forget Me (Züchter: Gestüt Hesselteich) für das Landgestüt Dillenburg.

Die süddeutsche Hengstkörung für Haflinger und Edelbluthaflinger in München wurde kombiniert mit einer FN-Bundeshengstschau dieser Rassen und brachte gute Erfolge für Hessen: drei gekörte Junghengste (Borneo/ZG Stange, Staufen/Sabrina Mach, Alaba/ZG Stange), die Bundesprämie für Weritano (Züchter: Georg Siegmund, Besitzer: ZG Marcus Mihm und Jessica Seitz), den sensationellen Sieg im süddeutschen Stuten-Cup „Blaues Band“ für Aurora aus dem Haflingergestüt Stange und „nebenbei“ noch im süddeutschen Fohlenchampionat das zweite Reservesiegerfohlen aus der Zucht von Theo Krah, Hosenfeld.

Staatsehrenpreis des Landes Hessen

Nicht alle Erfolge für die Züchter aus Hessen in 2015 können genannt werden, stellvertretend aber der Staatsehrenpreis des Landes Hessen: diesen erhielt das Fjordgestüt Fjellhorn der Familie Heck-Hentschel-Ruf in Dautphetal-Friedensdorf, ein Reit- und Therapiebetrieb mit vorbildlicher Pferdezucht und Pferdehaltung. Allen Züchtern und Freunden hessischer Ponys und Pferde viel züchterisches Glück und Erfolg im Jahr 2016.

Florian Solle  – LW 9/2016