In Duttweiler auf Biowein umgestellt
Ganzheitliche Wirtschaftsweise steht im Vordergrund
Bevor sich Familie Gutting für die Umstellung auf biologischen Weinbau entschied, hat sich Vater Franz bereits in dieser Richtung orientiert. 2008 erfolgte die Umstellung des gesamten Betriebes.

Foto: Melanie Hubach
Zur Zertifizierung anmelden
Voraussetzung für biologische Wirtschaftsweise ist die Anmeldung bei einer Kontrollstelle. Familie Gutting hat die Gesellschaft für Ressourcenschutz (GFRS) in Göttingen gewählt. Daneben gibt es andere Organisationen, die diese Möglichkeit ebenfalls anbieten. Einmal pro Jahr kündigen sich Mitarbeiter dieser Kontrollstelle an, um den Betrieb nach den EU-Bio-Richtlinien zu kontrollieren und zu zertifizieren. Weitere unangemeldete Kontrollen sind möglich. Sind alle Auflagen erfüllt und Richtlinien eingehalten, bekommt der Betrieb das EU-Siegel. Mit dieser Anmeldung ist der erste Schritt der Umstellung getan.

Foto: Dagmar Hofnagel
Ganzheitlich denken
„Bei der biologischen Anbauweise steht das ganzheitliche Denken im Vordergrund. Wichtig ist, dass es der Rebe gut geht. Wenn sie vital ist, entstehen weniger Probleme während der Lebenszeit des Weinstockes“, ist die zweifache Mutter und Betriebsleiterin überzeugt. Nachhaltigkeit ist ihr und ihrer Familie ganz wichtig. Ein Weinstock wird nicht gleich nach zwei Jahren abgeerntet. Sie lassen ihm Zeit, sich zu entwickeln.
Blühende Begrünung im Weinberg
Großen Wert legen die Biowinzer darauf, dass der Boden aktiv und gut versorgt ist. Das kann ihrer Auffassung nach nur eine artenreiche und blühende Begrünung im Weinberg übernehmen. Kräuter, Leguminosen und Blütenpflanzen sorgen dafür, dass der Boden gut durchlüftet und aufgelockert ist. Die Reben können die Nährstoffe gut aufnehmen. Blühende Blumen ziehen zudem Nützlinge an, die ein natürliches Gegengewicht zu den Schädlingen bilden. Zum Beispiel ernähren sich Marienkäfer bekanntermaßen gern von Blattläusen. Und wo keine Insektizide und Pestizide eingesetzt werden, haben auch andere Arten eine Chance, sich anzusiedeln. Raubmilben beispielsweise können sich im Biobetrieb vermehren und halten damit die Spinnmilbe in Schach. Sie würden sonst Blätter und Knospen schädigen.
Gegen einen Hauptschädling, den Traubenwickler, wird in Duttweiler die Pheromon-Verwirrmethode eingesetzt. „Anders könnten wir diesen Schädling als Biobetrieb nur schwer in Schach halten“, weiß auch Michael Kraus, der Ehemann von Simone Gutting. Er hat extra die Ausbildung zum Wirtschafter absolviert, als er in den Betrieb kam.
„Unser Weinberg ist kein Golfplatz“
Die Stickstoffversorgung der Böden erfolgt über die Begrünung. Leguminosen sammeln den Stickstoff aus der Luft und geben ihn an den Boden ab. Humus spielt bei der Nährstoffversorgung eine große Rolle. Kompost und der eigene Trester sind wichtige Komponenten. Pflanzenschutz erfolgt durch reine Kontaktmittel. Auf synthetische Pestizide verzichten die Ökowinzer ganz. Grundsätzlich arbeiten sie mit drei Komponenten: Netzschwefel, Kupferpräparaten und Backpulver. Damit können Pilzkrankheiten und Blattkrankheiten bekämpft werden. Backpulver beispielsweise wirkt mit einer Veränderung des pH- Wertes in der Pflanze positiv.
Herbizide dürfen generell nicht eingesetzt werden. Die unerwünschten Kräuter werden maschinell oder per Hacke entfernt. „In unseren Weinbergen muss es aber nicht aussehen wie auf einem Golfplatz“, so die Meinung der engagierten Unternehmerin. Bei vielen Fragen kann sie nach wie vor auf ihren Vater und seine Erfahrung zurückgreifen.
Beratung vorhanden
Betriebsspiegel
Weingut Mohr-Gutting in Duttweiler
- Größe des Betriebes: etwa 16 Hektar
- Aufteilung Anbau: 66,08 Prozent weiße Rebsorten, 33,92 Prozent rote Rebsorten
- Höhenlage: 124 NN
- Niederschläge im zehnjährigen Schnitt: 640 mm
- Preisbeispiele für Wein (inklusive Mehrwertsteuer) ab Hof (in Euro): 2014 Riesling trocken 1 l > 4,60; 2014 Weißburgunder trocken 0,75 l > 5,50; 2014 Cabernet blanc feinherb 0,75 l > 6,00; 2014 Chardonnay trocken 0,75 l > 8,00; 2012 Rotwein trocken 1 l > 4,50; 2011 Dornfelder Rotwein trocken 0,75 l > 5,20; 2012 Spätburgunder Selection 0,75 l > 9,80.
- Öffnungszeiten Weingut Mohr-Gutting in 67435 Neustadt an der Weinstraße/Duttweiler: November bis März: Mo-Fr 9 bis 17 Uhr und Samstag 9 bis 16 Uhr; April bis Oktober: Mo-Fr 9 bis 18 Uhr und Samstag 9 bis 16 Uhr.
- Kontakt: www.mohr-gutting.de, mail@mohr-gutting.de
In Duttweiler waren die Guttings die ersten, die sich zertifizieren ließen. Mittlerweile sind es von den insgesamt 15 HauptÂerwerbsbetrieben vier Weingüter, die ökologisch wirtschaften. „Die jungen Leute wagen sich eher an die Umstellung heran. Heute sind die Beratung und der Informationsfluss aber auch besser. Die Anbauweise hat sich aus der Nische herausgewagt“, beobachtet Simone Gutting.
Auf dem Weingut ist neben der gesamten Familie ein fester Mitarbeiter für den Außenbetrieb beschäftigt.
Im Keller sind natürlich auch bestimmte Vorschriften einzuhalten. Dazu gibt es seit 2012 die Kellerrichtlinien für Biowein. Von der Traube bis in die Flasche ist geregelt, was erlaubt ist. So sind einige Hilfsstoffe nicht genehmigt, der Schwefelgehalt etwas niedriger als im konventionellen Bereich angesetzt und beispielsweise auch gentechnisch veränderte Organismen nicht erlaubt. (www.ecovin.de/entdecken/nachrichten/eu-durchführungsbestimmungen-für-biowein-verabschiedet)
Positive Resonanz
Die Kunden der Guttings haben auf die Umstellung positiv reagiert. Regelmäßig wurden sie über die Veränderungen im Betrieb informiert und somit auf die Reise mitgenommen. Ihnen war in erster Linie wichtig, dass der Wein seine Qualität behält und nicht übermäßig teurer wird. Neukunden kommen gezielt zu den Guttings, weil sie Biowein bevorzugen. „Deutlich mehr Geld können wir für unseren Wein nach der Umstellung allerdings nicht nehmen. Unsere Produkte sind preislich mit konventionellen Weinen vergleichbar.“
Auf Weinmessen Neukunden werben
Der Vertrieb erfolgt zu 70 Prozent an Endkunden. Der Rest gelangt über den Fachhandel an die Verbraucher. Schwerpunktmäßig fahren die Guttings ihre Weine in den Raum München, Köln, Düsseldorf und Hamburg. „Der Versand hat allerdings zugenommen“, ergänzt Michael Kraus. „Die Kunden kaufen nach Bedarf und kleinere Mengen als bisher.“ Tourismus ist in Duttweiler kein großer Faktor.
Dafür nehmen Guttings häufig an Wein- und Endverbrauchermessen teil, um neue Kunden zu gewinnen. Auch bei Weinwettbewerben konnten sie schon den einen oder anderen Preis mit nach Hause nehmen. „ Auch das ist Werbung für uns“, sind sie stolz.
Dagmar Hofnagel – LW 47/2015