Noch effizienter zu arbeiten, ist derzeit einzige Möglichkeit

Infoabend der KBV Waldeck und Frankenberg in Vöhl

Bundesweit haben sich die Landwirte am 23. März gegen die „Schleuderpreise für Lebensmittel“ ausgesprochen (siehe Bericht auf Seite 8 und 9). Die Kreisbauernverbände Waldeck und Frankenberg beteiligten sich mit einem Informationsabend für Erzeu­ger in Vöhl. Das Aktionsmotto „Wir machen Dein Frühstück, aber bei uns kommt nichts an“, war auch das Thema dieser Veranstaltung.

Experten des LLH gehen davon aus, dass sich die Unternehmensergebnisse im zweiten Jahr in Folge auf einem kritischen Niveau befinden und in fast allen Betrieben 2016 die Liquidität angespannt ist.

Foto: Moe

HBV-Präsident Karsten Schmal begrüßte rund 100 Milch­er­zeuger in der Henkelhalle und stellte heraus, die Marktlage sei schwierig, ein „Licht am Ende des Tunnels“ sie derzeit nicht in Sicht. Schmal sagte „Wir müssen uns aber mit der jetzigen Situation auseinandersetzen und bieten unseren Mitgliedern diese Informationsveranstaltung an.“ Vorträge hielten Anne Mawick, Dr. Nikos Förster sowie Arnt Schä­fers vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) und Katrin Hess, Milchreferentin des HBV.

Wie können die Betriebe liquide gehalten werden?

Mawick gab einen betriebswirtschaftlichen Ãœberblick und stellte die Entwicklung der Betriebszahlen und -größen in Hessen vor. Sie ging besonders auf das Thema „Liquidität“ ein und erläuterte die Buchführungsanalysen der letzten fünf Jahre. Dabei fiel die große Spanne zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Betrieben auf. Bereits ohne größere Milchpreis­krise unterscheide sich die Entlohnung der einzelnen Familien-Arbeitskraftstunde um bis zu 35 Eu­ro. Die Ökonomin des LLH ging auf viele Kennzahlen genau ein, erklärte die Faktoren der Stabilität und Berechnungsmodelle der Mindestmilchpreisliquidität, die von einzelnen Betrieben genutzt werden können. „Eine kurzfristige Lösung kann ich nicht anbieten, aber entscheidende Hinweise auf die Betriebsführung und Informationen zur kurz- und mittelfristigen Liquiditätsabsicherung können langjährige Analysen der Jahresabschlüsse liefern“, so ihr Fazit.

Arnt Schäfers, der seit 14 Jahren die Milchvieharbeitskreise in Waldeck-Frankenberg betreut, auf produktionstechnische Sachverhalte ein. In den Arbeitskreisen wird seit acht Jahren die Vollkostenrechnung angeboten. Abgesehen von der rückwirkenden Analyse setzt die Beratung derzeit verstärkt produktionsbegleitende Berechnungsprogramme ein, um schnell entscheidende Hinweise liefern zu können.

Dabei falle auf, dass die letzten 500 kg Milch oftmals nicht die rentabelsten sind. Er stellte heraus, wie Änderungen der Fütterungsintensität und des Kraftfuttereinsatzes kurzfristig die Effizienz im Betrieb erhöhen und letztlich den Geldbeutel entlasten können. Schäfers fügte hinzu: „Die Möglichkeiten der Berechnung und Begleitung bieten wir schon lange an, jedoch wurde dieses Potenzial bei guter Marktlage kaum ausgeschöpft.“

HBV-Milchreferentin Katrin Hess stellte die Marktanalyse für den Bereich Milch vor. „Wir produzieren am Weltmarkt und können Deutschland nicht isoliert betrachten.“ So seien für die derzeitige Milchkrise insbesondere die allgemeine Kaufzurückhaltung der großen Akteure auf den Agrarmärkten wie China, das russische Importembargo und fehlende Devisen in Krisenregionen verantwortlich. Dabei gebe es derzeit weltweit ein stabiles Angebot von Milch. In Europa haben insbesondere Irland, die Niederlande und Dänemark die Produktion im zweistelligen Prozentbereich ausgeweitet, dies wirke sich bei offenen Märkten natürlich auch auf den deutschen Milchpreis aus.

Lage zwischen Landwirten Molkereien analysieren

In ihrem Ausblick stellte Hess fest, dass die Marktsituation zwar weiter schwach sei, die Qualität der deutschen Produkte jedoch weltweit nachgefragt werde. Die Forderung an die Politik nach weiteren Hilfsprogrammen wird lauter, zumal das erste Liquiditätshilfeprogramm sowohl im Umfang, als auch im Zuschnitt nicht passend gewesen sei. Eine besondere Stellung schreibt sie den Lieferbeziehungen zwischen Erzeuger und Molkerei zu. Hier werden Preis- und Mengenabsprachen, Bündelung und Absicherung stattfinden müssen, um dem Erzeuger letztlich auch eine ausreichende Planungssicherheit geben zu können, so Hess.

Diese Punkte stellten den Einstieg für den vierten Referenten, Dr. Nikos Förster, dar, der zum Thema „Preisabsicherung an der Warenterminbörse“ sprach. Es gebe bereits einige landwirtschaftliche Betriebe, die an der Warenterminbörse handeln. Insgesamt wird diese Möglichkeit aus Sicht des Marktexperten jedoch besonders von den großen Molkereien zu selten genutzt. In USA ist die Preisabsicherung über die Warenterminbörse hingegen ein übliches Verfahren. Detailliert erläuterte Dr. Förster die ersten Schritte bis hin zum Kontraktabschluss. Eine besondere Bedeutung komme der Bank zu, die auch negative Kontenverläufe bis hin zum Ende des Geschäftes ausgleichen und begleiten müsse.

In der folgenden Diskussion stellte HBV-Präsident Schmal die Argumente des Bauernverbandes dar. Auch sprach Schmal über derzeitige Entwicklungen in anderen Ländern und sagte, er sei davon überzeugt, dass eine gesetzlich verankerte Mengenbegrenzung bei offenen Märkten nicht funktioniere. Aus der Versammlung kam das Argument, dass eine flexible Mengenanpassung durch Beachten der betrieb­lichen Gründe auch bei laufender Produktion möglich und nö­tig sei, zum Beispiel indem unrentable Kühe schneller verkauft oder trockengestellt würden, die Futtereffizienz größere Beachtung fände oder indem Kälber eher mit eigener Vollmilch als mit Milchpulver getränkt würden.

Fazit der Versammlung: Derzeit gibt es keine „Patentlösung“ dieses Problems. Die Informationen und Beratungsangebote sollten jedoch konsequent genutzt werden, um den Weg durch die Preiskrise zu erleichtern.

Stephanie Wetekam, KBV  – LW 13/2016