Von „enttäuschend“ bis „sehr ordentlich“
Landessortenversuche Sommergerste 2015
In Rheinland-Pfalz hat sich die Anbaufläche von Sommergerste in den beiden zurückliegenden Jahren bei knapp 43 000 ha eingependelt. Damit ist sie nach Winterweizen und Raps die drittwichtigste Ackerkultur im Land. Legt man den prozentualen Anteil an der Ackerfläche zugrunde, dürfte die hiesige Braugerstenfläche die Spitzenposition in Deutschland einnehmen. Dementsprechend widmet sich das Landwirtschaftliche Versuchswesen dieser Kultur in besonderem Maße, in dem es Sorten-, Düngungs- und Pflanzenschutzversuche anlegt und auswertet. Ferdinand Hoffmann, Dr. Albert Anderl und Marko Goetz vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Bad Kreuznach berichten über die Ergebnisse aus den Landessortenversuchen im Jahr 2015.

Foto: Käufler
Bei Eiweißgehalten gelegentlich Ausreißer nach oben
Dies wurde auch in den Landesssortenversuchen (LSV) beobachtet, wo die Spanne von „enttäuschend“ bis „sehr ordentlich“ reichte. Insgesamt betrachtet wird man das Versuchsjahr wohl zu den eher schwächeren Jahren zählen müssen, was in Anbetracht der extremen Witterungsverhältnisse nicht verwunderlich ist. Dennoch überraschten die Erträge angenehm. Trotz regionaler Trockenheit und schneller Abreife wurde im Rahmen der Besonderen Ernteermittlung ein Durchschnittsertrag von etwa 55 dt/ha festgestellt. Das sind 10 Prozent über dem langjährigen Mittel. Auch die Vollgerstenanteile lagen auf einem ordentlichen Niveau. Lediglich bei den Eiweißgehalten gab es gelegentlich Ausreißer nach oben.
Wieder ein „besonderes“ Braugerstenjahr
Die Chancen für ein gutes Braugerstenjahr waren schon bei der Aussaat im März nicht optimal. Vor allem in den südlichen Landesteilen regnete es nach der Saat kaum, so dass dort das Auflaufen recht ungleichmäßig verlief und auch die Bestockung teilweise stark eingeschränkt war. In diesen Regionen fielen von Februar bis zur Ernte nur etwa gut halb so viele Niederschläge wie im langjährigen Mittel. Und wenn doch Regenschauer niedergingen, dann häufig mit örtlich unterschiedlicher Intensität und Verteilung. Dementsprechend präsentierten sich viele Bestände über den gesamten Vegetationszeitraum recht heterogen.
In anderen Regionen, beispielsweise in den Höhenlagen, sah es lange Zeit ähnlich aus. Hier fielen allerdings im Juni ergiebige Niederschläge, die noch eine gute Kornfüllung ermöglichten, so dass erstaunlich hohe Erträge erzielt werden konnten. Voraussetzung war allerdings, dass die Bestandesdichten nicht zu niedrig und die Bodenstruktur intakt waren.
Darüber hinaus verhinderten die im Vergleich zum Vorjahr moderaten Frühjahrstemperaturen Schlimmeres. Somit spiegeln die Unterschiede in der Einkörnung der Ähren, der Tausendkorngewichte und letztendlich der Kornerträge die jeweilige Niederschlagsverteilung zwischen den Standorten recht gut wider.
Ergebnisse der Landessortenversuche
Im Jahr 2015 wurden in Rheinland-Pfalz auf sechs Standorten acht Sorten (drei Verrechnungs-, drei Empfehlungs- und zwei „Berliner-Programm-Sorten“) geprüft. Die drei langjährigen Verrechnungssorten (VRS) Grace, Marthe und Quench brachten im Mittel der Standorte 56,7 dt/ha in den unbehandelten und 59,9 dt/ha Kornertrag in den behandelten Stufen (Tabelle 1). Trotz vergleichsweise niedriger Bestandesdichten (500 Ähren je m2) wurden in Biedesheim (vorderer Donnersberg) die höchsten Kornerträge erzielt. Hier wurden bei intensiver Bestandesführung im Versuchsdurchschnitt über 74,7 dt/ha geerntet, Spitzensorten erreichten knapp 81,0 dt/ha. Das schwache Abschneiden nahezu aller Sorten auf dem Eifelstandort Brecht kann mit den dort geringen Bestandesdichten (470 Ähren je m2) und den niedrigen Tausendkorngewichten (46 g) begründet werden.
Bei den Ertragskomponenten gab es die stärksten Abweichungen bei der Bestandesdichte. Hier schwanktendie Werte im Versuchsmittel von 440 im rheinhessischen Ober-Flörsheim und 730 Ähren je m2 in Nomborn (Westerwald). Umgekehrt verhielten sich die Kornzahlen je Ähre. Während in Rheinhessen mit 25 Körnern sehr hohe Werte ermittelt wurden, waren es in Nomborn nur 19. Die Tausendkorngewichte lagen mit 50 g auf einem recht ordentlichen Niveau (46 bis 54 g).
In Anbetracht der Trockenheit und der meist schnellen Abreife fiel die Sortierung unerwartet hoch aus. Auf allen Standorten und bei allen Sorten wurden meist weit über der 90-Prozent-Marke liegende Vollgerstenanteile ermittelt. Die Rohproteinwerte erreichten im Vergleich zu den Vorjahren recht hohe Werte (im Landesmittel 11,2 Prozent), was unter anderem auf niedrige Erträge und eine schnelle Abreife zurückzuführen sein dürfte.
Die alten Sorten fallen zurück
In den Landessortenversuchen des Jahres 2015 reichten die schon etwas älteren Sorten Grace, Marthe, Propino und Quench nicht mehr ganz an das hohe Leistungsniveau der jüngeren Züchtungen heran. Bei diesen bestand wiederum eine sehr hohe Leistungsdichte, sodass keine größeren Sortendifferenzen nachweisbar waren. Deshalb konnten die Ertragsunterschiede zwischen den führenden Sorten RGT Planet (rel. 108), Avalon (rel. 104), Ventina und Catamaran (beide rel. 103) in den behandelten Stufen statistisch nicht abgesichert werden. Aufgrund der äußerst geringen Unterschiede in der Sortierung gilt auch das Gleiche für die Vollgersteerträge.
Auffallend ist das sehr gute Abschneiden von RGT Planet bei geringer Anbauintensität (rel. 104). Demgegenüber fallen in diesen Stufen die Leistungen von Propino stärker ab. Wie bereits im Vorjahr trat auch 2015 – bis auf den Standort Biedesheim – kein Lager auf, so dass die Standfestigkeit der Sorten erneut nicht geprüft werden konnte. Ähnlich verhielt es sich auch beim Halmknicken. Stärkeres Ährenknicken dagegen wurde in Nomborn (Westerwald) festgestellt. Bei den Rohproteingehalten unterschieden sich die Sorten wie bereits in den Vorjahren kaum. Insgesamt hat sich auch im Jahr 2015 die hohe Leistungsdichte bei den geprüften Sorten bestätigt. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, da in den Landessortenversuchen nur die ertragsstärksten Typen mit entsprechend sehr guten Qualitätseigenschaften geprüft werden.
Fungizidbehandlungen meist unwirtschaftlich
Aufgrund der überwiegend trockenen Witterung im Jahr 2015 traten Blattkrankheiten meist nur in geringem Umfang auf. Lediglich auf dem Versuchstandort Nomborn wurde ein stärkerer Netzfleckenbefall festgestellt. So brachten auch die Fungizidbehandlungen die aus früheren Jahren bekannten Mehrerträge. Im Mittel aller Orte und Sorten wurden 4,0 dt/ha höhere Erträge erzielt, wobei die Spanne von -0,7 in Brecht bis +6,7 dt/ha in Kümbdchen (Hunsrück) reichte. Demzufolge wurde die um die Fungizidkosten korrigierte Marktleistung im Mittel aller Standorte meist nicht oder nur geringfügig verbessert. An den Einzelorten oder bei einzelnen Sorten dagegen konnten konnte die Rechnung allerdings anders ausfallen.
Beispielsweise rentierte sich der Fungizideinsatz in dem Versuch in KümbdÂchen schon eher. Hier erzielten Sorten wie Propino und Quench wirtschaftliche Mehrerträge. Somit hat der Grundsatz nach wie vor Bestand, dass Behandlungsmaßnahmen in erster Linie an der jeweiligen Jahreswitterung, der Fruchtfolge und der Sortenanfälligkeit auszurichten sind.
Nur die mehrjährigen Leistungen zählen
Bei Sommerbraugerste werden die Sortenleistungen in entscheidender Weise von der jeweiligen Jahreswitterung beeinflusst. Um eine Sorte zuverlässig beurteilen zu können, müssen daher die Ergebnisse von mehreren Standorten und mehreren Prüfjahren zu Rate gezogen werden. Ein Blick auf die mehrjährigen rheinland-pfälzischen Versuchsergebnisse weist nun bei den Vollgerstenerträgen (Stufe 2) der einzelnen Sorten folgende Zahlen aus: RGT Planet (rel. 109), Avalon (rel. 106), Ventina (rel. 103) und Quench (rel. 102) sowie Propino und Catamaran (jew. rel. 101).
Noch weit aussagekräftiger sind die Ergebnisse aus den südwestdeutschen Anbaugebieten, den „Wärme-, Mittel- und Höhenlagen“ (Tabelle 2, Vollgersteerträge). Hier werden alle verfügbaren Daten der letzten fünf Jahre aus Versuchen der Länder Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz getrennt nach den Anbaugebieten dargestellt. Die Tabelle 2 zeigt die Sorte RGT Planet in den Wärme- und Höhenlagen deutlich an der Spitze des Sortiments, gefolgt von der Sorte Avalon, die insbesondere in den Wärmelagen sehr hohe Vollgersteerträge bringt.
Auch in den Höhenlagen dominiert RGT Planet, gefolgt von Avalon, Ventina und Catamaran. Beachten muss man hierbei allerdings, dass die Datenbasis (dargestellt als „Anzahl der Versuche“) bei den Sorten RGT Planet und Ventina noch nicht so umfangreich ist wie bei den älteren Sorten. Sofern für ein Anbaugebiet weniger als fünf Ergebnisse vorliegen, werden diese in den Tabellen nicht dargestellt. Aus diesem Grunde erscheinen die beiden neuen Sorten in der Auswertung für die Mittellagen nicht.
– LW 2/2016