Auf Ertrag oder Energie setzen?

Die Maissilage muss zur Ration passen

Maissilage ist in vielen Betrieben eine tragende Grobfutterkomponente. Allerdings ist in Bezug auf eine physiologisch ausgewogene Ration und zur Sicherung einer ausreichenden Pansenfunktion neben dem energetischen Futterwert die Faserversorgung zu berücksichtigen. Je nach Standort des milchkuhhaltenden Betriebes und seiner Hauptgrobfutterbasis ist zu entscheiden, wie eine entsprechende Rationsergänzung durch Maissilage erfolgen kann. Für Maissilage in den Rationen spricht auch, dass durch Ernteverfahren – zum Beispiel Hochschnitt – der Futterwert beeinflussbar ist und Mais gegenüber der Grassilage bezogen auf den Energieertrag geringere Produktionskosten verursacht. Thomas Bonsels und Heiko Kurth, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Kassel, stellen hierzu Strategien vor und geben Tipps für die bevorstehende Maissilageernte.

Maissorten mit einem hohen Energiegehalt erzielen in der Regel einen geringeren Mengenertrag. Die höhere Energiedichte der Silage führt zu einer steigenden Grobfutteraufnahme der Kühe bei gleichzeitig geringerem Kraftfuttereinsatz.

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Die Produktionskosten für Grobfutter sind nicht zu vernachlässigen, machen sie doch mit 14,8 ct/kg Milch durchschnittlich 30 Prozent der Gesamtkosten beziehungsweise 45 Prozent der Direktkosten der Milchkuhhaltung inklusive weiblichem Jungvieh (BZA Hessen 2013) aus. Aus welchen Positionen sich die Kosten für Gras- und Maissilage zusammensetzen, zeigt die Grafik. Bei Erträgen von im Schnitt 180 dt Frischmasse (FM)/ha bei Gras-silage entstehen Kosten von knapp 8,00 Euro/dt, bei Maissilage mit einem Ertrag von durchschnittlich 452 dt FM/ha von 4,34 Euro/dt.

Den höheren Kosten der Grassilage hinsichtlich der Arbeitserledigung stehen bei der Maissilage die Aufwendungen bei den Direktkosten für Saatgut und Pflanzenschutz gegenüber. Die absoluten Erzeugungskosten je Hektar (ha) für Maissilage übersteigen die der Grassilage um etwa 30 Prozent. Bezogen auf einen knapp 40 Prozent höheren Energieertrag je ha errechnen sich Erzeugungskosten von im Schnitt 20,0 ct je 10 MJ NEL bei Maissilage gegenüber 36,7 ct je 10 MJ NEL bei Grassilage.

Wie sieht es in der Praxis aus? Wie hoch ist der Maissilageanteil in den Rationen und welche Schlussfolgerungen können daraus gezogen werden? In Tabelle 1 sind die Betriebe nach ihren Grobfutteranteilen in den gefütterten Rationen dargestellt. Nur 4 Prozent der ausgewerteten Betriebe haben als Futtergrundlage ausschließlich Grasprodukte, je knapp 40 Prozent haben Rationsanteile an Maissilage von 30 bis 50 Prozent, etwa 11 Prozent füttern „Maissilagelastig“ mit einem Anteil von 70 Prozent. Diese Betriebe weisen neben der höchsten Kuhzahl mit knapp 9 000 kg Energiekorrigierter Milch (ECM) je Kuh und Jahr (a) auch die höchste Milchleistung auf. Bemerkenswert ist, dass etwa 12 bis 14 Prozent der gesamten ECM-Milch aus dem Einsatz von industriellen Nebenprodukten wie Pressschnitzel- oder Biertrebersilage resultiert. Dies schlägt sich natürlich auch im Kraftfutteraufwand nieder. Im Durchschnitt wurden 62 g Kraftfutter (Energiestufe 3) aus Saftfutter je kg ECM-Milch verfüttert. Damit werden in allen Varianten die Zielwerte von 250 bis 270 g Kraftfutter je kg ECM-Milch deutlich überschritten.

Auffällig ist, dass steigende Maissilageanteile über 50 Prozent hinaus nicht unbedingt zu höheren Milcherträgen aus dem Grobfutter führen. Die Zielwerte von 50 Prozent Milch aus Grobfutter werden weder in der Grasvariante (23 Prozent) noch in den mais­betonten Rationen (33 bis 36 Prozent) erreicht.

Steigerung der Grobfutteraufnahme rechnet sich

Dass sich die Steigerung der Grobfutteraufnahme durchaus rechnet, kann an einem einfachen Beispiel erläutert werden: ein Kilogramm höhere TM-Aufnahme je Kuh/Tag ergibt bei 305 Laktationstagen einen Milchertrag von 610 kg beziehungsweise 232 Euro; dem gegenüber stehen Futterkosten von 74 Euro bei Gras- beziehungsweise 40 Euro bei Maissilage, daraus resultiert ein Überschuss von 158 Euro bei Gras- beziehungsweise 174 Euro bei Maissilage je Kuh und Jahr inklusive der notwendigen Proteinergänzung bei der Maissilage. Es gibt also triftige Gründe, Top-Grobfutterqualitäten für die Milchkuhfütterung zu erzeugen. Bei den Milchinhaltsstoffen gab es keine Unterschiede zwischen den Varianten.

Je knapper Fläche, desto besser muss die Produktivität sein

Tabelle 2 zeigt neben den Produktionskosten für die Grobfutter auch die Flächenausstattung auf, die für die Futter- und damit für die Milchproduktion zur Verfügung steht. Wirtschaftlich erfolgreiche Betriebe bewirtschaften im Schnitt 0,79 ha Futterfläche je Kuh mit Nachzucht, weniger erfolgreiche Betriebe durchschnittlich 1,01 ha. Je knapper die Fläche wird, desto besser muss die Flächenproduktivität werden. Die Grobfutterkosten je Kuh zeigen nur geringe Differenzen zwischen den Varianten. Bezogen auf die Kosten je kg ECM-Milch führt die höhere Milchleistung (Tabelle 1) der maisbetonten Variante zu den geringeren Kosten.

TM-Ertrag oder Energiedichte

Der überwiegende Anteil der Maissilagen weist einen Stärkegehalt zwischen 30 und 35 Prozent in der Trockenmasse auf, die zu fast 100 Prozent für den Wiederkäuer verdaulich ist. Daraus kann aber nicht automatisch abgeleitet werden, dass sehr stärkereiche Maissorten auch gleichzeitig höher verdaulich und damit energiereicher sind als Sorten mit einem geringeren Stärkegehalt. Die Verdaulichkeit einer Maissilage wird vielmehr durch die Verdaulichkeit der Zellwandbestandteile, ausgewiesen als „Neutrale Detergentien Faser“ (NDForg.), bestimmt. Die NDForg. beinhaltet die durch die fortschreitende Alterung des Pflanzenbestandes zunehmende Lignifizierung (Verholzung) und damit die für den Wiederkäuer schwer verdaulichen Bestandteile wie Cellulose, Hemicellulose und Lignin. Je höher die Anteile an Lignin in der Pflanze sind, umso stärker ist deren Verholzungsgrad, mit der Folge einer Verminderung der Verdaulichkeit und damit auch der Futteraufnahme. Allerdings ist eine Reduzierung des Ligninanteils über pflanzenzüchterische Maßnahmen immer auch in Verbindung mit der Standfestigkeit der Pflanze zu sehen. Da mit zunehmender Abreife der Ligningehalt im Maiskolben gegenüber der Restpflanze sinkt, kann über das Verhältnis von Kolben zu Restpflanze, sei es durch Sortenwahl oder Ernteverfahren, zum Beispiel Hochschnitt, der Anteil an NDF und damit an Lignin vermindert werden.

Hoher Energiegehalt – geringerer Mengenertrag

Berücksichtigt werden muss ebenfalls, dass Maissorten mit einem hohen Energiegehalt in der Regel einen geringeren Mengenertrag erzielen. Die höhere Energiedichte der Silage führt zu einer steigenden Grobfutteraufnahme bei gleichzeitig geringerem Kraftfuttereinsatz. Damit wird aber bei gleichbleibendem Milchkuhbestand, zum Beispiel 100 Kühe, je nach Energiedichte der Maissilage (6,5 oder 6,9 MJ NEL/kg TM) zwischen 2,5 bis 3,0 ha mehr an Anbaufläche benötigt. Setzt man für diese mehr benötigte Fläche die durchschnittlichen Produktions-kosten von 1 948 Euro/ha, dann müssen diese Mehrkosten durch eine effizientere Fütterung kompensiert werden. Das bedeutet bei 100 Kühen und 320 Laktationstagen eine notwendige Einsparung von etwa 0,18 Euro Futterkosten je Kuh und Tag. Bei der Bewertung darf neben dem Energieertrag das von der Fläche geerntete Rohprotein nicht vernachlässigt werden. Hier hat eine harmonische Grassilage mit einem Energiegehalt von etwa 6,2 MJ NEL und 16 Prozent Rohprotein je kg TM gegenüber einer Maissilage mit 6,7 MJ NEL und 75 g Rohprotein je kg TM hinsichtlich einer notwendigen Proteinergänzung deutliche Vorteile. Während bei der Grassilage theoretisch 12 000 kg Milch je ha sowohl aus Energie und Rohprotein produziert werden könnten, sind dies bei Maissilage 30 000 kg je ha aus Energie, aber nur 13 000 kg aus Rohprotein. Um diese Differenz auszugleichen, wären 41 dt Rapsextraktionsschrot (RES) je ha Maisfläche nötig.

 – LW 31/2014