Den „Fußabdruck“ wirkungsvoll verkleinern

Neues EIP-Projekt an der Landwirtschaftskammer

„Und was genau soll das bringen?“ Eine Frage, die Philipp Holz und Johannes Dries häufiger beantworten müssen. Denn die beiden neuen Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz beschäftigen sich im Rahmen eines Modellprojekts mit der Klimabilanz landwirtschaftlicher Betriebe.

Wie ist der Betrieb aufgestellt? Philipp Holz (links) und Johannes Dries schauen sich auf dem Hubertushof in Irmtraut/Westerwald um.

Foto: Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz

Zur Ermittlung des sogenannten CO2-Fußabdrucks setzen Agrarwissenschaftler Holz und Önologe Dries dabei auf eine bestimmte Software: Mit dem Rechenprogramm TEKLa können künftig einzelbetriebliche Bilanzen erstellt werden. Damit erfährt der Landwirt individuell, mit welchen Stellschrauben er seine Bilanz verbessern kann. Die Software wird seit 2018 erfolgreich in Niedersachsen eingesetzt und konnte dort helfen, im Durchschnitt 50 Tonnen CO2 pro Jahr einzusparen.

Klima-Farm-Bilanz als Beratungsangebot

TEKla wird jetzt für Rheinland-Pfalz getestet und soll künftig als neues Beratungsangebot der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz allen Landwirten zur Verfügung stehen. „Unsere Arbeit findet als Projekt im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP Agri) statt“, erklärt Philipp Holz. Aktuell ist das Programm noch nicht für Weinbau und Sonderkulturen geeignet, aber „das wollen wir gerne ändern und die Klima-Farm-Bilanz als festes Beratungsangebot der Landwirtschaftskammer etablieren“, sagt Johannes Dries.

Definition

Klima-Farm-Bilanz

Quantifizierung von Quellen und Einsparpotenzialen klimaschädlicher Treib­hausgase für innovative, klimafreundliche und effiziente Betriebe der Landwirtschaft und des Weinbaus.

lwk rlp

Um diese Pionierarbeit zu leisten, konnten sieben landwirtschaftliche Betriebe in Rheinland-Pfalz gewonnen werden. Sie beteiligen sich am Projekt und stehen den beiden Mitarbeitern mit ihren betriebswirtschaftlichen Daten zur Verfügung.

Dazu gehört auch der Milchviehbetrieb von Matthias Müller aus Irmtraut. Müller war bereits mit der ersten Biogasanlage im Westerwald ein Pionier. „Um CO2 einzusparen, haben wir bisher alle Verbraucher überprüft, sowohl Strom als auch Treibstoff. Und mit dem GPS-Einsatz zur zentimetergenauen Steuerung der Ackermaschinen erreichen wir eine sehr hohe Effizienz“, erläutert Landwirt Müller die bisherigen Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen. Photovoltaikanlage auf dem Dach und eine neue Ausbringetechnik beim Wirtschaftsdünger sind weitere Bausteine, die Matthias Müller bereits einsetzt. Doch warum möchte er zusätzlich an dem Projekt teilnehmen? „Ich möchte wissen, wo weitere Stellschrauben in meinem Betrieb sind, um noch mehr CO2 einsparen zu können. Dabei geht es in erster Linie auch um Effizienzsteigerungen“, erklärt Matthias Müller. Aber er sieht darüber hinaus eine Chance, Grundlagen für eine sachgerechte Diskussion über die Auswirkungen des Klimawandels zu schaffen.

Seine Daten kennen und sicher argumentieren

„Wenn ich meine betrieblichen Grundlagendaten kenne, kann ich ganz anders argumentieren und auch zur gesellschaftlichen Diskussion aus Sicht der Landwirtschaft beitragen.“ Darüber hinaus ist es ihm wichtig, dass am Ende ein adäquates Mittel zur einzelbetrieblichen Beratung zur Verfügung steht, von dem alle landwirtschaftlichen Betriebe profitieren können. Das bedeutet für den Landwirt vor allem: individuelle, praxisgerechte Beratung, mit der die gesetzten Ziele auch realistisch erreicht werden können.

Problemverlagerung ist keine Lösung

Landwirt Müller sieht allerdings auch Grenzen. Wie weit würde er gehen, um Treibhausgase einzusparen? „Die Grenze beim Einsatz für den Klimaschutz ist dann erreicht, wenn Effizienz und Wirtschaftlichkeit des Betriebes beeinträchtigt werden.“ Eine Verringerung des Tierbestandes beispielsweise hält er für eine Schönung nationaler Klimabilanzen. Dies hätte nämlich eine Verlagerung der Produktion zur Folge: „Und zwar in Länder, welche von unseren Umwelt- und Sozialstandards weit entfernt sind.“

Philipp Holz und Johannes Dries sind zuversichtlich, dass ihnen der Aufbau eines solchen Beratungsangebots gelingen wird. „Neben möglichen Einsparungen und Effizienzsteigerungen tut man dabei auch was fürs Image, was gerade für Direktvermarkter wichtig ist. Und man kann zur Versachlichung der Diskussion beitragen, weil man mit guten Argumenten ausgestattet wird“, bestätigen die beiden Klimaberater.

Bis Ende August 2023 haben sie Zeit, das Angebot zu erarbeiten und im Idealfall auch für Sonderkulturen und den Weinbau zur Verfügung zu stellen. Die Beratung landwirtschaftlicher Betriebe hinsichtlich der Treibhausgase wird bis Ende 2021 auch auf Höfe anderer interessierter Landwirte in Rheinland-Pfalz ausgeweitet und bleibt bis Projektende durch die EU-Förderung kostenfrei.

lwk rlp – LW 26/2021