Zu Gast im Kelterhaus – Jungweine vor der Abfüllung

Jungweinprobe der Weinbruderschaft Rheinhessen

Die Weinbruderschaft Rheinhessen hatte zur Jungweinprobe bei Weinbruder Jürgen Mett nach Ingelheim eingeladen, um erste Eindrücke vom neuen Jahrgang zu sammeln. Das wettermäßig turbulente Jahr 2016 machte neugierig auf die neuen Weine.

Die Weinbruderschaft Rheinhessen war zu Gast bei Weinbruder Jürgen Mett in Ingelheim zur Jungweinprobe.

Foto: Bettina Siée

Viele Mitglieder der Weinbruderschaft Rheinhessen sind keine Winzer oder Kellermeister und haben nur selten Gelegenheit Weine vor ihrer Abfüllung zu probieren. Es ist dann ein besonderes Erlebnis im Kelterhaus hinter die Kulissen zu schauen, einen unfiltrierten Wein zu verkosten und den Werdegang eines Weines nachzuvollziehen. Aber auch Winzerkollegen freuen sich zu fachsimpeln und untereinander Erfahrungen auszutauschen. So ist die Jungweinprobe ein interessanter Termin im Jahreslauf der Weinbruderschaft.

Brudermeister Otto Schätzel rief den Vegetationsverlauf in Erinnerung: „Nach einem milden Winter und relativ warmen Frühjahr, lagenweise Spätfrost im Mai und dann ab Pfingsten nicht enden wollender Regen.“ Sieben Wochen jeden Tag zehn Stunden lang Nässe führten zu einem Peronosporabefall, wie ihn noch kein Winzer erlebt hatte. Zum Teil konnten die Rebanlagen nicht befahren werden, weil das Wasser in den Zeilen stand. Teilweise gab es Totalausfälle. Besonders betroffen waren die Öko-Winzer, weil sie keine systemischen Mittel einsetzen dürfen. Schätzel erzählte, dass das Staatsweingut Bad Kreuznach seinen Öko-Status verloren habe, weil es Kaliumphosphonat einsetzte, um die Ernte zu retten. Im August begann endlich eine nicht mehr für möglich gehaltene Sommerzeit, die teilweise sogar Sonnenbrand verursachte. Die hohe Kirschessigfliegenpopulation brach durch die Hitze zusammen, sodass vollreife Trauben gelesen werden konnten. So reifte schließlich ein Jahrgang, der die Strapazen des Sommers vergessen ließ. Die Winzer ernteten Weine aller Kategorien, manchen war sogar die Lese eines Eisweines vergönnt.

Zu Besuch bei Jürgen Mett, dem Rebenflüsterer

Für Winzer Jürgen Mett und seine Frau Silke Weidenbach war die Jungweinprobe eine neue Erfahrung, denn erstmals haben sie Fassweine ausgeschenkt, „Weine in der Mache“. Er verstand es nicht nur den neuen Jahrgang, sondern auch die Lagen der Ingelheimer Weine zu präsentieren. „Die Winzer sind heute gut ausgebildet und verstehen ihr Handwerk, die Unterschiede der Weine liegen in der Lage der Weinberge“, meint Jürgen Mett. Sein Bestreben ist es die Herkunft schmeckbar zu machen. Das Weingut Mett hat früher viele Trauben zugekauft, aber im Laufe der Jahre legte Jürgen Mett immer mehr Wert auf die Weinberge und deren Bewirtschaftung. „Ich bekam mit zunehmender Berufserfahrung ein Gefühl für meine Weinberge“, sagt Jürgen Mett, der 15 Hektar bewirtschaftet und von drei Hektar Trauben zukauft. Er verkauft rund 120 000 Flaschen direkt ab Hof an Endverbraucher.

„Ich verkaufe nicht nur meinen Wein, sondern Erlebnisse.“ Das Kelterhaus hat eine Fußbodenheizung, weil es auch als Eventraum genutzt wird. „Wir versuchen den Leuten etwas zu bieten,“ sagt Mett. Ihm ist wichtig, dass der Betrieb im Ort liegt. Die Leute sollen riechen, dass der Wein gärt und hören, dass der Traktor fährt. Das gehöre dazu in einem Winzerort. Jürgen Mett ist mit ganzer Leidenschaft Winzer. „Klar müssen wir Geld verdienen und leben können, aber die Arbeit muss doch Spaß machen“, ist Mett überzegt. Ihm geht es um Lebensqualität und Weinkultur. Weil das von Herzen kommt, fühlen sich die Gäste wohl im Weingut Mett und kommen wieder.

Weinbruder Jürgen Mett moderierte die Weinprobe und freute sich an den Gesprächen über die Weinverarbeitung. „In Ingelheim kennen wir Burgunder. Silvaner war lange ein Stiefkind“, meint Mett. Heute macht ihm die Sorte Spaß, weil sie filigrane, leichte Weine hervorbringt und es gelingt den Boden schmeckbar zu machen. „Damit kann ich auch meine Kunden begeistern“, erzählt Mett. In Ingelheim gebe es viel sandige Böden, aber der Silvaner sei am besten auf einem etwas steinigen, mineralischen Boden aufgehoben. Mett gibt ihm im großen Stückfass den letzten Schliff, denn dem Wein tue etwas Luft zur Entfaltung gut. Im letzten Jahr war es wegen der regnerischen Witterung nicht möglich die Erträge zu reduzieren. Mett befürchtete ein Abdrücken und Aufplatzen der Beerchen. Mett erzählt, dass er mit Kollegen einmal eine Blindverkostung gemacht habe und dabei zwei Weine besonders aufgefallen waren. Es kam heraus, dass diese Weine von einem Kollegen und ihm selbst aus der gleichen Lage stammten. Seither hält er die Kleinstlage Ingelheimer Unft in Ehren und verkauft sie als Lagenwein.

bs – LW 10/2017