Ein Gemischtbetrieb auf dem Weg in die Zukunft
Das Hofgut Acker in Bodenheim hat ein Alleinstellungsmerkmal
Mitte Juli fand im Hofgut Acker in Bodenheim, auch Wendelinshof genannt, die Erntepressekonferenz des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd statt. Das LW nutzte die Gelegenheit und sprach mit Peter Acker über die derzeitige Situation und die Zukunft des Hofguts, das von den beiden Brüdern Peter und Martin Acker seit 2005 als GbR geführt wird. Damit existiert der Betrieb seit 500 Jahren als typisch rheinhessischer Gemischtbetrieb. Der 46-jährige Peter Acker ist Landwirtschaftsmeister, sein 34-jähriger Bruder Martin Metzgermeister. Das ergänzt sich sehr gut im Gemischtbetrieb, einem der wenigen in Rheinhessen.
Die 14-köpfige Familie Acker lebt von 135 ha Ackerbau, 6,5 ha Weinbau, 220 Mastschweinen, 35 Bullen, 120 Legehennen und einem Hofladen, der Donnerstag und Freitag von 13 bis 18 Uhr und samstags von 9 bis 13 Uhr geöffnet ist.Die Ehefrauen der Brüder arbeiten im Hofladen, in dem außer dem eigenen Fleisch auch Marmeladen, eingelegte Gurken, Rote Bete, Rapsöl, Eier sowie Nudeln verkauft werden. Letztere lässt die Familie aus den eigenen Eiern von Berufskollegen herstellen.
Im Hofladen werden vor allem eigene Produkte vermarktet
Auch Obst von befreundeten Kollegen findet sich im Hofladen, der in den Sommerferien für vier Wochen geschlossen wird. „Dann ist ein Großteil der Kundschaft in Urlaub, und wir sind mitten in der Getreideernte“, sagt Acker. Jeden Montag werden 14 bis 17 Schweine von Martin Acker und seinem Gesellen geschlachtet, in den Wintermonaten auch zweimal pro Monat ein oder zwei der Bullen. Die Hälfte des Fleisches wird im eigenen Hofladen vermarktet, die andere Hälfte wird nach der Fleischbeschau an die Metzgerei Schuck in Schwabenheim geliefert. Anfangs war Martin Acker teils noch im Betrieb tätig, doch mittlerweile hat sich das Fleisch- und Wurstsortiment derart ausgeweitet, dass er zum Gesellen noch drei Aushilfen benötigt, um das Pensum zu meistern, oft steht er auch am Wochenende in der Metzgerei.
„Es war Peter, der die Tiere halten wollte, der damit eine Basis für meinen zweiten Beruf legte, denn ursprünglich hatte ich Maschinenmechaniker gelernt. Es sah Jahre zuvor nicht danach aus, dass wir mit zwei Familien weiterhin vom Betrieb leben könnten, doch mit der Entscheidung der Aussiedlung und der Tierhaltung war dies eine Option, die ich gerne ergriff“, sagt Martin Acker.„Wir halten die Schweine auf Stroh im Außenklimastall, das haben wir bereits seit der Aussiedlung 2003 so beschlossen und es hat sich bewährt“, sagt Peter Acker. Die Tiere aus dem Bundeshybridzuchtprogramm seien seither robuster und gesünder. Früher im geschlossenen Stall der alten Hofstelle im Dorf hatte Acker mit Lungenproblemen der Schweine zu kämpfen. Das sei seit der Aussiedlung vorbei.
Gesunde Tiere durch Außenklimastall
Der Außenklimastall ermögliche gleiche Bedingungen drinnen, wie draußen. „Sinken die Temperaturen unter Null Grad, puffert das Stroh die Temperaturschwankungen. Wird es noch kälter, dann können sich die Schweine aneinanderlegen und in den hinteren Bereich durch einen flexiblen Vorhang begeben, dort ist es dann immer noch warm“, erklärt Acker im Schweinestall. Der Fresstrog für die Schweine ist auf der Seite der Bucht und wird mit Trockenfutter über einen Rohrkreislauf mit innenliegender Kette und Schubern befüllt.
Der Betrieb Acker
Ein kleiner Ãœberblick
Lage: Rheinhessen, 10 km südlich von Mainz, Rheinebene 84 m ü.NN
Niederschläge im Jahresdurchschnitt: 560 mm
Jahresdurchschnittstemperatur: 9,8 °C
Böden: toniger Lehm in der Ebene, Lehm bis sandiger Lehm in den Hanglagen, Ackerzahlen von 60 bis 80.
Anbau:
- 135 ha Ackerland
- 6,5 ha Weinbau
- 220 Mastschweine
- 120 Legehennen
- 35 Bullen
Der Humusanteil auf den Feldern beträgt zwischen 2,2 und 3,8 Prozent, je nach Bodenart.
Gefüttert wird eigene Wintergerste, die automatisch rationiert geschrotet wird. Die Schrotmühle ist an einen Wiegecomputer angeschlossen und zieht sich automatisch das benötigte Getreide aus dem Lager. So sei es möglich, die unterschiedlichen Bedürfnisse der Mastschweine mit geringem Zeitaufwand zu erfüllen. „Ãœber 82 Prozent des Futters stammt aus eigenem Anbau, auch die Grassilage, die den Schweinen noch zugefüttert wird. Sie bringt keine Zunahme des Schlachtgewichts, doch ist sie hilfreich für eine gute Darmflora, für Minerale und somit für die Gesundheit der Schweine. Ich denke, sie können dadurch das andere Futter besser verwerten“, sagt Acker.
Komfortable Stallplätze nur durch Direktvermarktung möglich
Die Bullen sind in einem halboffenen Tiefenlaufstall untergebracht. Auch sie haben viel Platz. Acker kauft diese von Mutterkuhhaltern zu. Es sind Limousin gekreuzt mit Angus. Acker spricht von „sehr ruhigen und umgänglichen Tieren mit Spitzen-Fleischqualität, guter Leistung und bester Bemuskelung“. Sie bleiben rund ein Jahr auf dem Betrieb und werden mit 800 kg geschlachtet.Der Stall ist so angelegt, dass das Stroh für drei Wochen über den Tieren gelagert werden kann. Die Strohballen werden mit einem Stapler nach oben gehievt. Täglich wird dann von Hand Stroh in die Buchten geworfen. In zehn Minuten ist das erledigt. Zu futtern bekommen die Bullen überwiegend Maissilage aus dem eigenen Anbau, etwas Grassilage sowie rund ein Kilogramm Kraftfutter aus Soja plus Mineralfutter pro Tier und Tag. Und von September bis März werden Futterrüben zugefüttert.
Die Kosten für die Stallplätze seiner Tiere beziffert Acker bei den Schweinen auf rund 600 Euro/Tier und bei den Rindern auf 2 500 Euro/Tier. Dazu kommen Kosten für Stroh und natürlich den Arbeitsaufwand. „Das können wir nur in dieser Weise verwirklichen, weil wir direkt vermarkten und unsere Kosten an die Kunden weiterreichen können. Müssten wir an den Schlachthof liefern, wäre diese Haltung nicht möglich“, weiß Acker. Die Kunden kommen überwiegend aus dem 7 500 Einwohner zählenden Bodenheim und aus den Nachbardörfern, einige fahren aus der Stadt Mainz auf den Betrieb.
Hoher Humusanteil auf den Ackerböden
Es ist Erntezeit. Acker baut neben 21 ha Wintergerste, 7 ha Sommergerste, 60 ha Weizen, 35 ha Zuckerrüben und 5,5 ha Silomais an. Darüber hinaus drescht Acker noch rund 150 ha im Lohn. Ãœberwiegend wird im Nachbar- und im eigenen Dorf gedroschen. Höchstens 20 km weit würde Acker zum Dreschen fahren, danach lohne sich der Einsatz nicht mehr.Er sagte, dass dieses Jahr ein sehr schwieriges Jahr sei. Durch den Frost hatte er Ausfälle im Weinbau, die Trockenheit mache sich im Ackerbau bemerkbar. Doch seine Sommergerste brachte mit 6 bis 6,5 t/ha und die Wintergerste mit 8 bis 8,5 t/ha recht gute Qualitäten. Bei Weizen kann Acker im Durchschnitt der vergangenen Jahre einen Ertrag von 7,5 bis 8 t/ha einfahren, in Zuckerrüben sind es 84 t/ha und im Silomais 55 t/ha. „Dieses Jahr ist es eine neidische Ernte. Die Unterschiede sind enorm, je nach Regenaufkommen, je nach Bodenart und je nach Vorfrucht. Ich habe den Vorteil, dass wir einen hohen Humusanteil in unseren Böden haben durch die Einbringung von Mist aus der eigenen Viehhaltung. Dadurch haben meine Böden ein, zwei Wochen länger die Feuchtigkeit gehalten, was dieses Jahr enorm wichtig war“, stellt Acker fest. Er legt großen Wert auf die Stoffkreisläufe im Betrieb und versucht diese zu optimieren.
Zwischenfrucht wird als Silage genutzt
Nach der Gerste sät Acker als Zwischenfrucht ein Hafer-Wicken-Gemisch ein. Dieses sorge für eine gute Bodenstruktur und ermögliche ihm, es als Silage an die Bullen und Schweine zu füttern. In seiner Fruchtfolge kommt nach Zuckerrüben Winterweizen, dann Winter- oder Sommergerste, dann die Zwischenfrucht Hafer-Wicke, Winterweizen und schließlich wieder die Zuckerrübe. In einer zweiten Variante baut Acker statt der Winter- oder Sommergerste den Silomais an. Danach nutzt er Ölrettich oder ein Gemenge als Zwischenfrucht, die zur Gründüngung, zur Erosionsvermeidung und zur Förderung des Bodenlebens auf dem Feld bleibt, abfriert und in deren Mulch im Frühjahr eingesät wird.
Bedrohung Flächenfraß und Bewirtchaftungseinschränkungen
Auch 7 ha Brache und Blühstreifen werden im Jahr angelegt. Den Ackerbau betreibt er zu 90 Prozent in konservierender Bodenbearbeitung, auf weniger als zehn Prozent seiner Flächen pflügt er noch. „Dann wenn sich AckerwurzelÂunkräuter, wie Disteln oder Ackerwinden, vermehren, dann pflügen wir wieder“, so Acker.Knapp die Hälfte seiner Flächen liegen unter einem Schutzstatus. Teils im Naturschutzgebiet, teils im Wasserschutzgebiet, teils in einem Polder, der dem Hochwasserschutz dient. Das Hofgut liegt rund 500 m vom Rhein entfernt. Das bringe viele Einschränkungen mit sich. So dürfen im Wasserschutzgebiet bestimmte Pflanzenschutzmittel nicht ausgebracht werden, der Mist darf nicht zwischengelagert werden. Im Naturschutzgebiet darf der Betrieb darüber hinaus keine festen Zäune aufstellen, keine Unterstände oder Gebäude bauen und keinen flüssigen Dünger, wie Gülle, ausbringen.
In Laubenheim sollen nun weitere Flächen als Landschaftsschutzgebiet von der Stadt Mainz ausgewiesen werden (siehe https://www.lw-heute.de/landschaftsschutzgebiete-sollen-um-mainz-ausgewiesen), mit denselben Auflagen wie im Naturschutzgebiet. Hier sehe er eine Bedrohung für den Betrieb. „Die Flächenknappheit kostet unsere Lebensgrundlage. Es wird so viel neu gebaut, wie in all den Generationen zuvor nicht. Und der Ausgleich kostet uns nochmals Ackerland, das muss aufhören, denn der Boden ist unsere Lebensgrundlage“, fasst Acker zusammen.
Dies und viel mehr vermittelt die Familie auch im Rahmen von Führungen mit Schulklassen, Kindergärten oder auch beim ersten Hoffest im vergangenen Jahr. Dieses sei gut angenommen worden und habe zahlreiche Neukunden gebracht, vor allem Familien mit Kindern, sodass nun jeweils ein Hoffest im zweijährigen Turnus angedacht wird.
„Wenn die Familien samstagmorgens hier einkaufen, gehen wir gerne mit ihnen zu den Ställen und beantworten Fragen. Diese Zeit ist oft besser investiert, als auf dem Traktor zu sitzen. Nur so können wir Vertrauen zu den Verbrauchern der Zukunft gewinnen. Sie kennen meist nur die Bilder aus dem Fernsehen und meinen sehr oft, wir sind ein Biobetrieb“, sagt Acker, doch da wehre er ab. Er mache vieles, was Biobetriebe auch tun, doch wenn es notwendig sei, dann setze er auch Pflanzenschutzmittel ein, genau wie Medikamente in der Humanmedizin.
Peter Acker liebt die Abwechslung und so genoss er auch die Zeit beim Heften in den Wingerten. „Da habe ich Zeit zum Nachdenken, da kommen Ideen. Auch beim Schneiden der Wingert im Winter ist das so. Unsere Kinder helfen alle mit und so haben wir gemeinsam Ideen, wie der Hof weiterentwickelt werden kann“, erklärt Acker.
Es wird überwiegend Weißwein angebaut, vor allem Grauburgunder, Riesling, Kerner, Müller-Thurgau und Scheurebe. Die Sorten Dornfelder, Spätburgunder und Portugieser bilden die Rotweine. Ein kleiner Teil bauen sie selbst aus für die Direktvermarktung im Hofladen, den größten Teil vermarkten sie derzeit noch als Fasswein.Die Tochter startet eine Winzerlehre
Sowohl Peter Acker, als auch sein Bruder Martin haben vier Kinder. Die Eltern, Horst und Brigitte Acker, und der Bruder, Martin und Carmen Acker, leben noch auf der alten Hofstelle. Peter und seine Frau Wioletta, sind mit den Kindern ausgesiedelt. Seine älteste Tochter Alicja startet gerade ihre Winzerlehre. Der Jüngste, auch Peter, interessiert sich sehr für Tiere, derzeit vor allem für Ziegen. Alle helfen im Betrieb mit. Die Kinder vor allem im Weinbau und in den Ställen, die Eltern, wo immer eine Hand notwendig ist, auch in der Metzgerei.
„Wir sind froh, dass wir all die Jahre über den Gemischtbetrieb erhalten haben. Wir wollten keinen Betriebszweig aufgeben, denn es ist Tradition und es ist wirtschaftlich sinnvoll. Die Betriebszweige ergänzen sich, ja sie ermöglichen einen Kreislauf, der von Natur aus vorgesehen ist. Da passt es, dass ich die Abwechslung liebe“, bemerkt Acker. Und die Kreislaufwirtschaft im Betrieb, sieht Acker auch in der Familie. Die Kinder lernen sehr viel von den Großeltern.
Die Großfamilie wird, ganz nach FamilienÂtradition, das Hofgut sehr wahrscheinlich wieder an zwei Nachkommen weitergeben – nur dass es diesmal nicht an zwei Söhne, sondern auch an Tochter Alicja geht.
zep – LW 31/2017