Ein Jahr NIKIZ-Projekt – Erfolge für die Praxis

Zwischenfazit nach dem ersten Jahr

Dennoch und trotz coronabedingter zusätzlicher Erschwernisse konnten alle Arbeitsbereiche des NIKIZ-Projektes erfolgreich durchgeführt werden. Nachhaltiges Insekten- und Krankheitsmanagement im Zuckerrübenanbau wird hier untersucht und ausprobiert. Ein Netzwerk aus Praxis, Beratung und Forschung arbeitet gleichzeitig an den wichtigsten Themen für die Zuckerrübe.

Eintüten von Proben mit Insektenbefall, das ist nur der erste Schritt auf dem Weg zur Erkenntnis.

Foto: hpz

Insekten sind der neue Schwerpunkt der Jung-Forscher in Worms, Gießen und Bad Kreuznach, den drei Standorten, an denen insgesamt acht junge Agrarwissenschaftler und technische Mitarbeiter die Task Force für die Bewältigung der Probleme bilden.

Durchbruch der Infektion auf mehreren Feldern

Ein wichtiges Arbeitspaket sind dabei Blattläuse und die durch sie übertragenen gefährlichen Vergilbungskrankheiten. Hier geht es um das Wissen, um ihre Vermehrung und Wanderung zu den Rübenfeldern: Wann ziehen die Blattläuse im Frühjahr in Massen auf die Felder, sodass Landwirte die Bekämpfung gezielt durchführen können?

Im ersten NIKIZ-Jahr kam es gleich zum Durchbruch der Infektion auf zahlreichen Feldern. Für die Landwirte eine Schreckensnachricht. Es mussten tausende Proben gesammelt und eine umfangreiche Ursachen-Folgen-Analyse durchgeführt werden. Bei ersten Versuchen zu Wirkungsgraden der noch vorhandenen Insektizide zeigten sich Defizite, vor allem in der Bekämpfung von geflügelten Blattläusen und dem hohen und ständigen Zuflug im Sommer. Diese Hinweise und die aktuelle Diskussion über Neonicotinoide in der Rübenbeize machen klar, dass Auswege aus der chemischen Bekämpfung gesucht werden müssen.

In den NIKIZ-Betrieben wird auf den Projekt-Flächen auf die Neonic-Beize verzichtet, um auch 2021 den Blattlausflug und das Auftreten in Rüben beobachten zu können. Damit werden die Daten gewonnen, wie sich die Krankheiten in diesem Jahr weiterentwickeln. Das Leuchtturmprojekt kann das europaweit größte Viren- und Bakterienmonitoring im Zuckerrübenanbau vorweisen und war dadurch in der Lage, das dramatische Ausmaß der Krankheitssituation im Jahr 2020 aufzuzeigen. Über die Hälfte der untersuchten Felder zeigte massives Auftreten an Viren.

Für 2021 wäre ohne Bekämpfungsmaßnahmen ein flächendeckender Zusammenbruch der Pflanzenbestände aus Sicht der Wissenschaftler und Beratung unausweichlich. Besonders besorgniserregend war auch, dass drei Viertel aller Felder – oft gleichzeitig – mit von Zikaden übertragenen Bakterien befallen waren. Die im Zuge des Klimawandels eingewanderte Schilf-Glasflügelzikade hat sich in den letzten Jahren zu einem der bedrohlichsten Schädlinge des Rübenanbaus entwickelt. Sie wurde bisher auf der Roten Liste geführt – jetzt vermehrt sie sich millionenfach in einem Hektar Zuckerrüben und befällt die nächstjährigen Pflanzen in der Nachbarschaft. Dem Treiben dieses Klimawandel-Gewinners müssen unbedingt und sollen jetzt im Rahmen der Projekt-Arbeiten Grenzen gesetzt werden. Projektleiter Dr. Christian Lang rechnet damit, dass noch einige Jahre in Forschung investiert werden müssen, um dem Schädling einigermaßen Herr zu werden. Aber das NIKIZ-Team hat bereits jetzt in Exaktversuchen eine erste Rübensorte identifiziert, die höhere Erträge auch unter Befall leisten kann.

Bakterium vermehrt sich in einer Sorte weniger gut

In wissenschaftlichen Untersuchungen zeigte sich, dass sich in den Rübenpflanzen dieser Sorte das Bakterium, das die Zikade mitbringt, nicht so stark vermehren kann. Das NIKIZ-Projekt hat damit einen ersten Durchbruch in der Bewältigung der Krankheits-Krise ermöglicht. Unverändert bleibt es aber als Ziel, den Befall mit Zikaden und deren Vermehrung mit biologischen Methoden zu verringern. Denn ungezügelte Vermehrung lässt die Zikade ständig neue Felder erobern und ihre Wanderung nach Norden fortsetzen. Die Landwirte wurden in den letzten Wochen über Vorträge, Broschüren und Artikel über die bisherigen Projekt-Ergebnisse informiert. Während in Worms jetzt die Vorbereitungen für die neue Versuchssaison laufen, werden in Bad Kreuznach Prognosemodelle entworfen und in Gießen Tiere und Pflanzen im Gewächshaus gezüchtet.

Für das Jahr 2021 stehen Themen wie Sortenvergleiche, neue Bekämpfungs-Methoden für neue Sorten, die weniger von Blattkrankheiten befallen werden und – als sehr innovative Methoden – blühende Randstreifen oder Ablenkungs-Pflanzen sowie biologische Schädlingsbekämpfung mit Nützlingen im NIKIZ-Programm. Wer mehr wissen will, kann das unter www.nikiz.de erfahren.

hpz – LW 10/2021