Die Konsultation ist keine Volksabstimmung

Die von der EU-Kommission veranstaltete Online-Konsultation zur künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ist abgeschlossen. Rechnet man die siebenprozentige Beteiligung der Landwirte auf die absolute Zahl um, so ist sie mit 22 400 Einzelpersonen nicht schlecht. Die Teilnahme aus dem Umfeld der NGO ist allerdings, offensichtlich aufgrund der Manpower der finanzkräftigen Organisationen, noch größer. Man darf jetzt gespannt sein, wie die Brüsseler Behörde mit den Antworten aus der Befragung umgeht. Das Verfahren ist keineswegs neu. Seit 2003 wurden und werden in 90 Befragungen zu Themen wie Verkehrsinfrastruktur, Wertpapiertransaktionen oder Bildungsprogramme verschiedene Gruppen befragt. Wie es auf den Internetseiten der Kommission heißt, soll mit den Konsultationen gewährleistet werden, dass die Richtlinien tatsächlich durchführbar sind und Betroffene in den Entscheidungsprozess einbezogen werden. Es gelte das Prinzip, dass sie eine Stimme erhalten, aber nicht entscheiden sollen. Gleichwohl solle die Kommission dafür Sorge tragen, dass die Ergebnisse der Konsultationen tatsächlich verwendet werden.

Damit weckt die Brüsseler Behörde, die mit der breiten Befragung zur GAP natürlich auch der schwindenden Zustimmung zu Europa und zu Brüssel begegnen will, Erwartungen. Sie gipfeln zum Teil in gewagten Interpretationen. So meinte der agrarpolitische Sprecher der Grünen, Ostendorff, dass das Verfahren die Möglichkeit für die Zivilgesellschaft biete, sich in die Neugestaltung der EU-Agrarpolitik einzuschalten und die Führung zu übernehmen. Es geht hier aber nicht um eine Volksabstimmung. Das wäre ein neuer Entscheidungsweg und müsste die demokratischen Organe der EU, das Europaparlament und den Ministerrat auf den Plan rufen. Eine große Schwäche der Befragung ist die mangelnde oder nicht vorhandene Beteiligung der osteuropäischen Staaten an der Befragung. Aus diesem Grund wäre es fragwürdig, aus ihr eindeutige Handlungsaufträge abzuleiten. Die Konsultation kann deshalb nur ein Stimmungsbild sein.

Cornelius Mohr – LW 19/2017