Was ist los am Weinmarkt?

Weitgehend gesunde Trauben, überdurchschnittliche Mostgewichte, vollreife Aromatik durch kleine Beeren – da macht die Lese richtig Spaß, wenn nicht der niedrige Herbstpreis am Fassweinmarkt die Laune verderben würde. Winzer, die Probleme haben, einzulagern und/oder Geld brauchen, um die Erntekosten zu bezahlen, stellen derzeit fest, dass kaum noch Most gehandelt wird. Winzer, Kommissionäre und Kellereien stimmen überein, dass der 2015er ein sehr guter Jahrgang wird. Es ist unbegreiflich, dass dies nicht honoriert werden soll.

Große Unterschiede gibt es bei den Erträgen zwischen den Regionen, Lagen, ja sogar innerhalb der Weinberge, je nachdem, wie die Reben am jeweiligen Standort mit der Trockenheit zurechtkamen. Während vielerorts durch den extrem trockenen Sommer eine knappe Ernte ins Haus steht, läuft an manchen Orten mit tiefgründigen Böden das Kontingent über. Die massiven Regenfälle der letzten Woche haben die Erträge leicht gesteigert und die Mostgewichte etwas gesenkt.

Während in Rheinhessen derzeit die Ernte in vollem Gange ist, haben die ersten Betriebe in Baden jetzt schon, Ende September, die Lese beendet. Auch die Pfalz hat dieses Jahr früh begonnen. Zu Lesebeginn wurden noch 70 Cent/Liter Müller-Thurgau QbA gezahlt, jetzt sind es nur noch 60 Cent/Liter. Letzten Herbst lag der Mostpreis bei 90 Cent/Liter und alle Marktbeteiligten waren glücklich. Die Weinkellereien berichten von einem riesigen Angebot der Winzer in diesen Tagen, wogegen der Abverkauf beim Handel schon das ganze Jahr über sehr zögerlich vonstattengeht. Etliche Kellereien sind mit Altbeständen eingedeckt und haben schlicht keinen Bedarf, weil Absatzmärkte im Export weggebrochen sind.

Dass alle Sorten von Müller-Thurgau bis Riesling, samt Dornfelder, gleichzeitig am Markt sind, täuscht eine große Menge vor, die in Wahrheit wohl nicht vorhanden ist. Der Preisrutsch kann auch nicht im Interesse der Kellereien sein, die viel lieber stabile Preisverhältnisse hätten. Aus Angst, ein schlechtes Geschäft zu machen, warten die Kellereien nun lieber ab.

Bettina Siée – LW 39/2015