Mit MoKo den Weg bereiten für alle Landwirte im Land

BWV-Kreisversammlung Donnersberg in Biedesheim

Unter dem Titel „Naturschutz und Landwirtschaft – zusammenbringen, was zusammen gehört“ sprach Cosima Lindemann, die Vorsitzende des Nabu Rheinland-Pfalz, vor zahlreich erschienenen Landwirten im Bürgerhaus von Biedesheim. Kreisvorsitzender Gernot Füge konnte zudem Dr. Thomas Keller von der Stiftung Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz begrüßen, der die aktuellen Daten zum Projekt Modell Kooperative Donnersberg vortrug, sowie Eberhard Hartelt, den Präsidenten des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd und Umweltbeauftragten des Deutschen Bauernverbandes.

Dank an die Referenten von Kreisvorsitzendem Gernot Füge (l.) und BWV-Präsident Eberhard Hartelt (r.): Dr. Thomas Keller von der Stiftung Kulturlandschaft RLP (2.v.l.) und Cosima Lindemann vom Nabu RLP (2.v.r.).

Foto: Setzepfand

In den Augen von Cosima Lindemann steckt die Gesellschaft global gesehen nicht nur in einer Klima- und Energiekrise, sondern auch in einer Artenkrise: „Es sterben so viele Arten wie seit Jahrhunderten nicht mehr.“ Rund 51 Prozent der Flächen in Deutschland werden landwirtschaftlich genutzt. Und diese Nutzung hat über Jahrhunderte zur Artenvielfalt beigetragen. „Durch die Bewirtschaftung von Streuobstwiesen, Heiden und Weinbergen sowie das Anlegen von Hecken und Weihern wurde die Landschaft attraktiv für viele Arten“, erklärte Lindemann. Für die junge Frau ist klar, dass die Landwirte für den Naturschutz gebraucht werden und dass der Mensch die Natur braucht.

Da es in Deutschland keine ursprüngliche Natur mehr gibt, da der Mensch überall bereits eingegriffen hat, bedeutet in Deutschland Naturschutz die Pflege von Kulturlandschaft. Dies werde immer wieder bewusst, erläuterte Lindemann, wenn ausländische Besucher kommen und diese sich wundern, dass stets was getan werden muss. „Wir pflegen dann die Streuobstwiese, damit die Arten, die diese gerne bewohnen, vorhanden bleiben.“

Dem Artensterben geht das Höfesterben voraus

Landwirtschaft ist stets im Wandel, passt sich den gesellschaftlichen Anforderungen an und mit ihr passt sich die Kulturlandschaft stets an. Die günstige Produktion von Lebensmitteln führte zu immer größeren Betrieben und in den vergangenen Jahrzehnten zu einem massiven Höfesterben bei immer größeren Flächeneinheiten, sodass Hecken verschwinden, dass sich das Grünland verschlechtert hat und dass es einen anhaltend hohen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gibt. All dies führte zum globalen Artensterben. „Es geht um sehr viel, wenn die Kleinsten verschwinden, dann verschwindet die Landwirtschaft“, argumentierte Lindemann.

Es gehe hier nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, gemeinsam Lösungen zu finden. Lindemann zitierte den Satz ihrer Professorin: Unser Umgang mit der Klimakrise wird darüber entscheiden, wie wir in Zukunft leben, das Artensterben wird darüber entscheiden, ob wir überleben.

Biodiversität nicht auf dem Weltmarkt zu kaufen

Auch das Bild vom Bauern ist seit Jahrhunderten im Wandel: Der Landwirt als Siedler, als Pionier, als Untertan, Bauernkrieger, Welternährer, Unternehmer, Landschaftsplaner und Naturschützer? fragte Lindemann. Sie stellte fest, dass Kulturlandschaft und Biodiversität Agrargüter sind, die definitiv nicht auf dem Weltmarkt gekauft werden können. „Wir brauchen von ihnen Essen, aber auch eine schöne Kulturlandschaft“, fasste sie zusammen. Gibt es Lösungen? Mit der Regel „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ müsse die Politik Ernst machen. Wenn die Gesellschaft möchte, dass die Artenvielfalt in einer schönen Landschaft erhalten bleibt, dann müssen die Landwirte dafür bezahlt werden. Der Nabu Rheinland-Pfalz hat eine Studie in Auftrag gegeben, in der errechnet wurde, was es das Land kostet, wenn die Landwirte die notwendigen Maßnahmen für mehr Artenschutz umsetzen würden. „148 Mio. Euro müsste das Land Rheinland-Pfalz zusätzlich in die Landwirtschaft investieren für unsere Artenvielfalt, das wurde im März 2021 veröffentlicht. Das sind Peanuts“, sagte Lindemann.

Hartelt ergänzte, das müssten mittlerweile 160 Mio. Euro jährlich sein bei dieser Inflation. Dass die Politik viele Ziele durch Ordnungsrecht erreichen möchte, sei nicht das Ansinnen des Naturschutz. Wichtig sei aus Ihrer Sicht, dass die Ziele erreicht werden. „Und hier müssen Sie liefern. Daran arbeiten wir gerade“, so Lindemann.

Dass viele Zwänge vom Verbraucher kommen, das sei dem Naturschutz auch klar. Daher müsse es auch ein Umdenken beim Konsumenten geben, gutes Essen kostet mehr, weniger Verschwendung sowie weniger Konsum von Fleisch und Milchprodukten werden angestrebt. Und im Einzelhandel sollte es kein Preisdumping geben. „Letztlich brauchen wir einander, denn in der Natur existiert nichts für sich allein. Lassen Sie uns miteinander reden, statt übereinander, den anderen besser kennenlernen, gemeinsame Aktionen starten wie den Schulterschluss Artenvielfalt, Gräben überwinden und zusammen gestalten“, schloss Lindemann.

Die Nabuvorsitzende in Rheinland-Pfalz, Cosima Lindemann, möchte die Gemeinsamkeiten mit der Landwirtschaft zum Erhalt der Arten nutzen.

Foto: Setzepfand

Seit zwei Jahren sind Lindemann und Hartelt über das Projekt Schulterschluss Artenvielfalt dabei, die Ministerien in Mainz, das Landwirtschaftsministerium von Daniela Schmitt und das Umweltministerium von Katrin Eder zu bewegen, den Schulterschluss Artenvielfalt anzuerkennen und Förderungen anzustoßen. „Sie glauben nicht, was wir hier erleben“, sagte Hartelt. Es sei schon ein Meilenstein, wenn die Bearbeiter miteinander reden, doch sie halten sich vor allem an ihre Paragraphen statt den Menschen vor Ort zu vertrauen und sie machen zu lassen wie bei MoKo, bemängelte Hartelt.

Wie die Umsetzung aussehen kann, das beschrieb dann Dr. Thomas Keller von der Stiftung Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz in seinem Vortrag zur Modell Kooperative Donnersberg (MoKo). Dazu wurde am 24. Juni 2020 der Verein Donnersberger Landwirte für Naturschutz gegründet. Erster Vorsitzender ist auch da Gernot Füge. Zum Start gab es eine Fachplanung, die auf eine verbesserte ökologische Wirkung achtete. Dazu zählt die Vernetzung der Strukturen, sodass die Flächen möglichst aneinanderliegen.

Deutlich weniger Verwaltungsaufwand

Für die Landwirte sei wichtig, dass weniger Verwaltungsaufwand bei ihnen liegt, dass eine interne Kontroll- und Beratungsfunktion genutzt werden kann und dass ein geringeres Sanktionsrisiko besteht. Für Letzteres sorgen Pufferflächen, die vom Verein Donnersberger Landwirte für Naturschutz zur Verfügung gestellt werden falls Sanktionen bei den beteiligten Landwirten anstehen. Die Umsetzung liegt bei der Stiftung Kulturlandschaft RLP. Doch da MoKo nicht in das System der Kreisverwaltungen eingreifen darf, muss dennoch jeder Landwirt selbst seinen Antrag stellen. „Das ist ein Ärgernis, denn es könnte sehr viel leichter sein, wenn auch dies MoKo für die Landwirte erledigen könnte“, sagte Füge, leider werde es von den Ministerien und Verwaltungen nicht unterstützt. Die Auszahlung erfolgt über MoKo. Positiv sei, dass die Zahl der Betriebe stetig steigt. „Nun sind wir bei 45 Betrieben und einer Vertragsfläche von rund 750 ha im Jahr 2023“, sagte Keller. Insgesamt repräsentieren die MoKo-Betriebe rund 27 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche im Donnersbergkreis. Es handele sich überwiegend um Ackerflächen.

Verein mindert Sanktionsrisiko

Der Verein möchte als alleiniger Ansprechpartner für Kontrollen fungieren, mit Pufferflächen wird das Sanktionsrisiko gering gehalten, mittelfristig möchte man den Prüfdienst durch eine Selbstkontrolle im Verein ersetzen, eine kostenlose Nutzung der Ackerschlagkartei für alle Mitglieder als einheitliche Datengrundlage wurde eingeführt und für den gezielten örtlichen Artenschutz möchte man die Maßnahmen gemeinsam mit dem Nabu vor Ort weiterentwickeln. „Bis Ende des Jahres 2025 ist die Fortschreibung des Projektes gewährleistet“, sagte Füge.

Michael Lipps der Leiter des DLR RNH und Westpfalz entgegnete auf den Vorschlag der Landwirte, nur 99,5 Prozent der Direktzahlungen auszuzahlen und dafür auf die Kontrollen und Sanktionen zu verzichten, dass dies derzeit rechtlich nicht möglich sei.

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Da den Landwirten die reine Umsetzung von EULLa-Maßnahmen zu wenig auf die örtlichen Gegebenheiten geschnitten war, möchten sie neue Maßnahmen einbringen, die sie mit dem Nabu und der Unteren Naturschutzbehörde im Kreis absprechen. Dazu zählen zum Beispiel Erosionsschutzstreifen und Vertragsnaturschutz Grünland mit minimaler N-Düngung.

Wieder viele Projektierer im Kreis unterwegs

Über das MoKo-Projekt hinaus wird auch der Donnersbergkreis erneut von Projektierern von PV-Anlagen und Windenergieanlagen heimgesucht. Es seien 4 000 ha PV-Anlagen entlang von Bahn und Autobahn in der Planung, sagte Rainer Guth, der Landrat des Kreises. Er riet den Landwirten beim Abschluss eines PV-Vertrages auf die Einzäunung zu verzichten. Es gebe mittlerweile digitale Sicherungsmethoden, die eine Einzäunung ersetzen. Denn es seien Flächen, die die Landschaft zerschneiden und den Wildtieren verloren gehen. Bei zahlreichen Landwirten leuteten die Alarmglocken angesichts des erneuten Flächenverlustes durch PV und den Kompensationssusgleich. „Die Schwierigkeit ist hier die Dingliche Sicherung der Grundstücke, die dann auf die Flächen eingetragen werden muss“, sagte Hartelt. „Verpächter sehen dies nicht gerne.“ Dass der Nabu offen für integrierten Ausgleich auf der Fläche sei, entgegnete Lindemann.

Und dann kam doch noch das Thema GAP zur Sprache. Es wurde die Idee geäußert, dass für alle Landwirte im Bereich der Direktzahlungen die Sanktionen wegfallen könnten, wenn nur 99,5 Prozent der Direktzahlungen ausbezahlt werden und 0,5 Prozent als Puffer einbehalten werden. „So spart man viel Ärger auf den Betrieben und jede Menge Personal an den DLR“, sagte Füge. Daraufhin äußerte sich Michael Lipps, der Leiter des DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück und Westpfalz: „Ihr seid die Versuchskarnickel im Land, ihr habt die Vorreiterrolle übernommen, was Ihr jetzt durchboxt, das boxt Ihr für das ganze Land durch. Haltet durch, auch wenn es mal frustrierend ist“.

zep – LW 10/2023