Auch Ökoanbau braucht Rebschutz

Den Wetterexperten zufolge war der März 2017 mit durchschnittlich 9,9 °C der wärmste seit der Wetteraufzeichnung. Die Knospen schwellen, in frühen Lagen treiben die Reben aus – zwei bis drei Wochen vor dem langjährigen durchschnittlichen Austriebstermin. Damit beginnt eine lange Zitterpartie bis zu den Eisheiligen Mitte Mai, denn so lange ist erfahrungsgemäß noch mit Spätfrost zu rechnen. Nach dem aufregenden Jahr 2016 startet also auch diese Vegetationsperiode mit einem Nervenkitzel. Nach dem extremen Befall durch Falschen Mehltau im letzten Jahr, hat die Natur über Winter die „Reset-Taste“ gedrückt. Es bleibt spannend, welche Herausforderungen der Jahrgang 2017 mit sich bringen wird. Entscheidend für den Schädlings- und Krankheitsdruck ist die Witterung. Der beste vorbeugende Pflanzenschutz ist die optimale Pflege der Weinberge. Bewährt haben sich sorgfältige Laubarbeiten und eine Entblätterung der Traubenzone.

Aber ohne Rebschutz geht es nicht – weder im konventionellen, noch im ökologischen Weinbau. So wenig wie möglich, aber so viel wie notwendig, ist gute fachliche Praxis. Zunehmend wichtiger ist die Kommunikation, denn die gesellschaftliche Akzeptanz entscheidet über den Konsum und indirekt auch über Produktionsbedingungen. Viele Verbraucher denken, dass Öko-Winzer keinen Pflanzenschutz einsetzen, und die Branche hat dem nie widersprochen. Nun steckt die Öko-Branche in dem Dilemma, dass sie den Einsatz von Kaliumphosphonat fordert, das aber als Pflanzenschutzmittel zugelassen ist und deshalb für den Ökoeinsatz nicht erlaubt ist. Die Verbände und die Politik fordern auf EU-Ebene eine Lösung, die aber wegen der Widerstände der südlichen Länder nicht in Sicht ist. Hoffentlich gelingt es, eine Ausnahmegenehmigung zu erreichen. Konsequent wäre der Anbau von pilzwiderstandsfähigen Reben. Aber auch hier fehlt es an Kommunikation, denn die meisten Verbraucher kennen oder wollen diese Sorten nicht. Pflanzenschutz wird in der Öffentlichkeit kritisch hinterfragt. Es gilt, offensiv mit diesen Fragen umzugehen – egal ob als konventionell oder ökologisch arbeitender Winzer.

Bettina Siée – LW 14/2017