Mit Präsenz am Markt aktiv bleiben

Familie Hamm aus Ingelheim geht auf ihre Kunden zu

Entscheidungen auf dem Weinbaubetrieb Hamm in Ingelheim werden häufig beim gemeinsamen Mittagessen getroffen. Der Familienrat hat das letzte Wort. Für das LW berichtet Dagmar Hofnagel über die Strategien auf dem Betrieb.

Die ganze Familie Hamm hat ein gemeinsames Ziel: Ihren Kunden gute Weine anbieten.

Foto: Dagmar Hofnagel

Die Kommunikation zwischen den Generationen ist allen Mitgliedern der Familie Hamm ein wichtiges Anliegen. „Wir haben ein gemeinsames Ziel, nämlich unseren Wein erfolgreich zu vermarkten. Deshalb kommen wir immer wieder auf einen Nenner“, fasst Herbert Hamm die Strategie der Familie zusammen. „Wir wollen gemeinsam die Qualität unserer Weine erhalten und verbessern und unseren Kunden ein gutes Produkt anbieten. Dafür arbeiten wir Hand in Hand“, ergänzt Sohn Robert. Und den Wein von 18 Hektar Rebfläche zu vermarkten, ist kein Pappenstiel. Da kommen rund 120 000 Flaschen im Jahr zusammen, die an die Frau und den Mann gebracht werden müssen. Etwa 70 Prozent der Produktion holen die Kunden direkt auf dem Hof oberhalb der Burgkirche in Ober-Ingelheim selber ab. Diese Tatsache spornt die Familie an, ihren Hof für ihre Kunden attraktiv zu gestalten. Der restliche Wein wird versendet oder ausgeliefert.

Vor 18 Jahren haben Anne und Herbert Hamm die Initiative ergriffen und sind aus dem Ortskern an den Rand des Dorfes oberhalb der Burgkirche ausgesiedelt. Ein kleines Grundstück gehörte damals bereits der Mutter des Betriebsleiters. Die übrigen notwendigen Flächen hat er durch beharrliches Verhandeln dazu gekauft. „Das war kein einfacher Weg. Aber mit Respekt gegenüber den Berufskollegen und manchmal auch mit Hilfe großen Entgegenkommens bekam ich die notwendigen Grundstücke für den Bau der Gebäude zusammen“, erinnert er sich. Noch heute ist er dankbar, dass die Aussiedlung zustande kommen konnte. Der Betrieb wurde in der schönen Lage oberhalb der Burgkirche in das Landschaftsbild eingefügt.

Holzfasskeller für die Kunden

Der Holzfasskeller wurde in den Berg hineingebaut. Die Naturwand blieb erhalten.

Foto: Dagmar Hofnagel

2006 hat die Familie noch einmal erweitert. Es war absehbar, dass die nächste Generation den Betrieb fortführen würde. In dieser Bauphase kam auch der Holzfasskeller dazu. Dafür wurde ein Kellerraum in den Berg hineingebaut. Die Naturwand blieb erhalten und wurde in den Raum integriert. Damit kann die natürliche Feuchtigkeit aus dem Berg in den Keller gelangen. Die dort gelagerten Holzfässer trocknen nicht aus und werden nicht undicht. „Wir verstecken sie nicht bei den modernen Edelstahlfässern, sondern zeigen sie unseren Kunden“, erklärt Anne Hamm. Jeder Rotwein des Weinguts ist für eine kurze Zeit in einem Holzfass untergebracht. „Damit bekommt er seine eigene Geschmacksnote“, weiß die gelernte Hauswirtschaftsleiterin. Barriquefässer sind ebenfalls in diesem Raum zu finden. Die Kunden können direkt im Eingangsbereich des Weingutes einen Blick in diesen speziellen Raum werfen.

Das Reich der Männer

Der Keller mit den Edelstahlfässern ist das Reich von Herbert (rechts) und Robert Hamm.

Foto: Dagmar Hofnagel

Etwa 50 Prozent ihrer Produktion entfallen auf Rotwein – kein Wunder bei einem Winzer in der Rotweinstadt Ingelheim. Portugieser und Spätburgunder spielen dabei eine große Rolle bei den Hamms. Neue Rebsorten probieren sie auch gern aus. So sind derzeit auch ein Merlot, ein St. Laurent oder ein Cabernet Sauvignon in ihren Weinbergen zu finden. St. Laurent und Cabernet Sauvignon sind allerdings noch nicht auf der Flasche. Die Wingerte wurden erst angelegt.

Bei den Weißweinen haben Riesling, Silvaner und Grau- sowie Weißburgunder eine wichtige Bedeutung im Betrieb. Daneben sind aber genauso Kerner, Huxelrebe, Chardonnay oder ein Sauvignon-Blanc auf der Weinkarte zu finden. In Edelstahlfässern lagern die Weine. Dort werden die Moste neben der Kühlung auch gewärmt. 250 000 l Wein können dort Platz finden. Der Keller mit den Edelstahlfässern ist das Reich der Männer. Hier sind sie in ihrem Element. Dennoch hat jeder seine speziellen Stärken, die er im Betrieb einsetzt. Während Vater Herbert die Erfahrung beim Spritzen in den Weinbergen mitbringt, ist Robert eher der Technikinteressierte. Er experimentiert gern mit Maschinen beispielsweise beim Etikettieren. Aber auch die Handarbeit im Außenbereich ist eine Leidenschaft. Ihre Stärken erkennen die Männer gegenseitig an. „ Außerdem ist das Schöne an unserem Beruf, dass er sehr vielseitig ist. Wir brauchen nicht jeden Tag dieselbe Arbeit zu verrichten“, sind sie sich einig.

80 Prozent der Trauben werden mit der Hand gelesen. Diese Entscheidung macht sich bei der Qualität der Weine bemerkbar. So wird beispielsweise beim Riesling ein Teil der Trauben vor der eigentlichen Lese für die Sektbereitung gelesen. Die restlichen Trauben haben damit Gelegenheit, intensiver nachzureifen. Der Anteil an Zucker und anderer Inhaltsstoffe konzentrieren sich auf diese Weise. Die Arbeit der Hamms im Weinberg und im Keller wurde bereits mit Ehrenpreisen für gute Weinqualität von der Landwirtschaftskammer belohnt.

Kleine Struktur in den Weinbergen

Zwei Ferienwohnungen runden das Angebot auf dem Weingut ab.

Foto: Dagmar Hofnagel

So wirtschaftlich sie innerhalb des Betriebes arbeiten, so haben sie immer noch mit der Struktur in den Weinbergen zu kämpfen. „Aufgrund der Realteilung und ohne Flurbereinigung sind die einzelnen Weinberge nach wie vor recht klein, und es ist schwierig, zusammenhängende Flächen zu bekommen“, erklärt Juniorchef Robert, der vor seiner Ausbildung zum Techniker in Weinsberg ein Jahr Weinbau und Kellerwirtschaft in Bad Dürkheim gelernt hat. Im Moment sind die Flächen in Ober-Ingelheim noch sehr verstreut. Dennoch arbeiten sie weiter daran, größere Flächen bewirtschaften zu können, um auch in der Außenwirtschaft effektiver sein zu können. Die Familie hat es geschafft, den Betrieb seit der Aussiedlung von 7,5 Hektar auf heute 18 Hektar zu erweitern. Diesen Zustand will die junge Familie von Robert zunächst erhalten, um zu sehen, wie die Entwicklung weiter gehen kann. „Wir haben Respekt vor der Leistung der Schwiegereltern. Sie haben viel geschafft. Im Moment sind wir gut aufgestellt für beide Familien“, weiß auch Roberts Frau Kerstin die Leistung der Schwiegereltern zu schätzen. Sie ist seit 2009 in den Betrieb integriert und kümmert sich im Moment in erster Linie um die nächste Generation der Hamms. Luise mit ihren drei Jahren und die dreimonatige Carla benötigen die volle Aufmerksamkeit ihrer Mutter. Wenn die Mädchen größer sind, will Kerstin sich mehr in die Arbeitsabläufe des Betriebes einbringen. Jetzt ist sie schon für die Außendarstellung des Weinguts in Form von Weinkarte oder Flyer verantwortlich. Auch die Präsenz im Internet unterliegt der Verantwortung der gelernten Agrarbetriebswirtin. Die Zukunftspläne von Roberts Bruder Martin könnten die Ideen des Familienbetriebes bereichern. Er studiert im Moment Weinbau in Geisenheim. Nach seinem Abschluss wäre ein Ausbau des Betriebes denkbar – in welche Richtung auch immer. „Im Moment wollen wir die Jungen sattelfest machen, damit wir Eltern etwas mehr reisen können“, schmunzelt Vater Herbert.

Präsenz zeigen für den Betrieb

25 Prozent ihrer Produktion verkaufen die Hamms im Moment allein in Ingelheim. Ihnen ist der Vorteil ihrer Lage in der Nähe einer Stadt durchaus bewusst. Auch das jährliche Rotweinfest findet genau vor den Toren ihres Hofes am Gelände der Burgkirche statt. „ An diesen drei Tagen haben wir unsere Türen geöffnet. Bis zu 1 000 Besucher finden sich dann auf unserem Hof ein. Sie können kulinarische Köstlichkeiten und unseren Wein genießen. Das ist eine ideale Werbung für unsere Produkte“, sieht Anne den Vorteil dieser Veranstaltung. Auch die Besucher des Hafenfestes und des Eurofolkfestivals in Ingelheim sind gute Multiplikatoren. „Und die brauchen wir in dem heutigen Wettbewerb“, erklärt Herbert. „Wir sind alle bereit, unseren Teil beizutragen, im Gespräch zu bleiben“, so das Credo der Familie. „Wir gehen auf die Menschen zu. Wir wollen sie zufrieden stellen und uns auf sie einstellen. Präsenz zeigen ist die Devise. Scheu darf man in unserem Geschäft nicht sein“, ist der 52-Jährige überzeugt. Tagtäglich dürfen sie diese Bereitschaft unter Beweis stellen, wenn die Kunden auf den Hof kommen. Und dennoch gilt es, auch Fairness im Umgang mit den Kollegen an den Tag zu legen, die ebenfalls von dem Markt partizipieren wollen. 34 Winzerkollegen gibt es in Ingelheim. 65 Prozent der Weinproduktion aus dem Hause Hamm finden ihre Abnehmer im Rhein-Main-Gebiet. Die restliche Ware wird deutschlandweit und bis in die Niederlande gefahren. Auf Weinproben bieten die Hamms ihre Weine zur Verkostung an.

Das Weingut liegt direkt neben der historischen Burgkirche von Ober-Ingelheim.

Foto: Dagmar Hofnagel

Im Sommer schmücken Oleander und viele andere Pflanzen den Hof.

Foto: Dagmar Hofnagel

Anne Hamm ist im Kochbuch über die rheinhessischen Tapas mit ihren Lachsschnittchen vertreten (siehe Buchtipp).

Ehrenamtlich aktiv

Präsenz zeigt jeder zusätzlich in der Familie auf seine eigene Art: Herbert Hamm ist Vorsitzender vom Weinbauversuchsring Rheinhessen, Robert Weinsachverständiger bei Qualitätsweinprüfungen der Landwirtschaftskammer Alzey. Anne übernimmt Aufgaben als Stadtführerin. Sie kennt sich sehr gut in der Geschichte der Region und des Ortes aus. Darüber hi­naus hat sie die Ausbildung als Weinkulturbotschafterin und Gästeführerin abgelegt. Auch ist sie mit einem Beitrag in einem Buch über rheinhessische Tapas dabei. Das Rezept von den Lachsschnittchen stammt aus ihrer Küche. Gemeinsam mit anderen Winzerfrauen und Winzerinnen stellt sie ihre Spezialitäten für das Buch zur Verfügung. Neben Schwartenmagencarppaccio findet man hier beispielsweise das Rezept von Schinkenwindbeuteln oder dem Blutwurstsalat sowie verschiedene Variationen vom Handkäs. Die ganze Familie hält ihre Augen offen für Neues. Ihnen liegt daran, ihren Horizont immer wieder zu erweitern. Herbert und Anne bilden neben ihrer Arbeit für den Betrieb junge Leute aus. Eine Auszubildende in der Hauswirtschaft könnte in Ingelheim für dieses Jahr noch einen Ausbildungsplatz bekommen.

Betriebsspiegel - Hamm Ingelheim

Größe des Betriebes: 18 ha Rebfläche, davon 50 Prozent Weißwein, 50 Prozent Rotwein

Höhenlage: 120 m

Niederschläge im zehnjährigen Schnitt: 450 mm

Preisbeispiele für Wein (inklusive Mehrwertsteuer) ab Hof in Euro/0,75 l: Rot­weine: Blauer Portugieser, Classic, 3,60; Dornfelder trocken 4,00; Spätburgunder halbtrocken, 4,80; Cuvée Früh- und Spätburgunder trocken, 6,90; Spätburgunder Auslese, 9,00. Weißweine: Grüner Silvaner Classic, 4,00; Chardonnay trocken, 4,80; Riesling „Alte Reben“, 5,00; Gewürztrami­ner Spätlese, feinherb, 5,20; Huxelrebe Auslese, 6,20.

Öffnungszeiten: Montag bis Samstag von 8 bis 18.30 Uhr; Sonn- und Feiertag nach Absprache.

Termine: Hoffest vom 24.5. bis 26.5.; Rotweinfest vom 28.9. bis 6.10.

Kontakt: Weingut Hamm, 55218 Ingelheim; www.hamm-weine.de, info@hamm-weine.de.

Hofnagel