Ohne Preis kein Fleiß

Die Situation für die heimi­schen Braugerstenerzeuger ist weiterhin wenig erfreulich: Die Mälzereien sind nicht bereit, für hochwertige Ware einen Preis zu bezahlen, der auch das hohe Anbaurisiko der Frucht berücksichtigt. Deutlich wurde dies wieder auf den Braugerstentagungen in Hessen und Rheinland-Pfalz. In Emmelshausen mach­ten Landwirte ihrem Ärger Luft und beklagten die für Anlieferer nachteiligen Modalitäten bei der Qualitätsvergütung. Kon­struktive Vorschläge, wie das Verschneiden angelieferter Partien, wurden von den Mälzern ignoriert. Bei der Verarbeitung werden unterschiedliche Herkünfte aber ganz selbstverständlich verschnitten, um einheitliche Qualitäten zu erhalten.

Die Veranstalter der Tagun­gen, die Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz und der Hessische Braugerstenverein, haben sich zum Ziel gesetzt, den Braugersten-Anbau im jeweiligen Bundesland zu fördern. In diesem Rahmen sitzt tatsächlich die gesamte Wertschöpfungs­kette an einem Tisch: Züch­ter, Anbauer, Handel, Mälzereien und Brauer sind Mitglieder in diesen Organisationen.

Dennoch sind von Seiten der Brauer und Mälzer regelmäßig nur Lippenbekenntnisse zum regionalen Anbau zu hören. Dieses Verhalten ist nicht mit den Zielen der Vereine, deren Mitglieder sie ja sind, zu vereinbaren. Wenn es um Zugeständnisse vor allem beim Preis geht, zeigt man sich zu­geknöpft. „Der Markt gibt nicht mehr her“, ist dann meist zu hören. Dabei müsste den Brau­ereien angesichts der oft beworbenen Regionalität ihrer Produkte die Herkunft der Rohstoffe etwas wert sein.

Es werden wohl weitere Anbauer ihre Konsequenzen aus dieser Situation ziehen und sich nicht weiter engagieren. Die Braugerste ist eine wertvolle Fruchtfolgenkom­po­nen­te, aber ohne Wirtschaftlichkeit zu einem Nischendasein verurteilt.

Karsten Becker – LW 50/2012