Mit regenerativen Methoden dem Klimawandel begegnen
Feldtag zur Verbesserung der Bodenstruktur
Die stark von Trockenheit geprägten Anbaubedingungen im aktuellen Jahr haben einmal mehr gezeigt, wie stark der Pflanzenbau von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen ist. Daher werden alternative Konzepte gesucht, um einen zukunftsfähigen, besser an den Klimawandel angepassten Ackerbau zu entwickeln. Ein solches Konzept stellt die regenerative Landwirtschaft dar, die verspricht, über verschiedene ackerbauliche Maßnahmen, wie eine nahezu ganzjährige Pflanzenbedeckung, den Wasserrückhalt im Boden zu steigern.

Foto: Liesegang
Feldtag zum Forschungsprojekt
Der Versuch ist Teil des vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) geförderten Forschungsprojektes AKHWA (Anpassung an den Klimawandel in Hessen – Erhöhung der Wasserretention des Bo-dens durch regenerative Ackerbaustrategien), das Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel gemeinsam mit Praxis (ökologisch/konventionell) erforscht und entwickelt. Der Versuchsleiter an der Uni Kassel, Stephan Junge, erläuterte die Exaktversuche in Kassel sowie die Aktivitäten auf den sechs in das Projekt eingebundenen Praxisbetrieben.
Zu Beginn des Feldtages erörterte Projektmitarbeiter Felix Liesegang (LLH) die vier Grundelemente der regenerativen Landwirtschaft:
- reduzierte Bodenbearbeitung;
- dauerhafte Begrünung durch Zwischenfrüchte und Untersaaten;
- die Flächenrotte, der Zwischenfrüchte flach eingearbeitet werden und mit Hilfe von Fermenten (Bodenhilfs- stoffe) schnell zersetzt werden;
- die „Vitalisierung“ mittels Komposttee (Pflanzenstärkungsmittel). Versuch wird konventionellund ökologisch durchgeführt
Im Versuch „TilVita“ (Tiefenlockerung- und Vitaliserungseffekte) wird untersucht, wie sich Bodenbearbeitungsverfahren, Ferment-Einspritzung bei der Bodenbearbeitung, die Applikation von Komposttee und die Flächenrotte auf Qualität und Quantität der Erträge in einer konventionell geführten Fruchtfolge auswirken. Um Effekte auf die Bodenfruchtbarkeit festzustellen, werden mehrmals jährlich parzellenweise Gefügebonituren durchgeführt und die Aggregatstabilität bestimmt. Ergänzend dazu wird der Bodeneindringwiderstand als Indikator der Durchwurzelbarkeit und zur Beurteilung der Erosionsanfälligkeit (Infiltrationsleistung) gemessen.
Um mögliche Änderungen des Humusgehaltes durch die verschiedenen Praktiken zu beurteilen, wurden zu Anfang und werden zu Ende des Projektes in Zusammenarbeit mit der Uni Gießen parzellenweise bis 90 cm Tiefe die Humusgehalte bestimmt. Zum Feldtag war eine nach Wintergerste direkt gesäte Sommerzwischenfrucht zu sehen, auf die im nächsten Jahr Silomais folgt.
Unter anderem wird am Versuchsbetrieb der Uni Kassel in Neu-Eichenberg der oben beschriebene Versuch „TilVita“ gespiegelt unter ökologischen Anbaubedingungen durchgeführt. Zudem werden, eingebettet in einen Langzeitversuch, regenerative Praktiken in pfluglosen und pflügenden ökologischen Anbausystemen erprobt. Neben den Ertragserfassungen wird dort mittels Temperatur- und Feuchtigkeitsloggern der Wasserhaushalt und der Temperaturverlauf bis in 90 cm Tiefe aufgezeichnet. Durch Saugkerzen und Lachgasmessungen werden die Stickstoffflüsse mit dem Sickerwasser und in die Atmosphäre quantifiziert.
Ergänzend werden bodenbiologische- und physikalische Parameter erfasst. So soll das Projekt am Ende ein umfassendes Bild davon geben, wie sich Regenerative Anbaupraktiken auf Agronomie, Bodenfruchtbarkeit und das Mikroklima der Landschaft auswirken.
Praktiker mit Experimentierfreude
Auch die hiesige landwirtschaftliche Praxis ist bereits in Sachen regenerativer Landwirtschaft unterwegs. Landwirt Wolfgang Ruch aus Schenklengsfeld berichtete von den Erfahrungen, die er in den letzten fünf Jahren mit der regenerativen Landwirtschaft sammelte. Das Einspritzen von Fermenten bei der Bodenbearbeitung, die Etablierung von Untersaaten, das flache Einarbeiten von Zwischenfrüchten (Flächenrotte) sowie das Herstellen und Ausbringen von Komposttees sind mittlerweile fester Bestandteil seiner Wirtschaftsweise.
Um diese Praktiken in den Betriebsalltag zu integrieren, bedurfte und bedürfe es weiterhin viel Experimentierfreudigkeit. Teilweise müsse man auch Rückschläge hinnehmen, da nicht jede Maßnahme jedes Jahr gleich gut funktioniere. Bodenbearbeitungstechnik und die Fruchtfolge müssen gut durchdacht aufeinander abgestimmt werden. Die sichtbar bessere Befahrbarkeit- und Bearbeitbarkeit seiner schweren Böden und Pflanzenvitalität motiviere ihn, das System beizubehalten und weiter zu entwickeln.
Um auch noch etwas „handfestes“ aus dem Feldtag mitzunehmen, zeigte Stephan Junge in der Zwischenfrucht, wie anhand der Spatendiagnoe die Durchwurzelbarkeit und das Bodengefüge beurteilt werden können. Hierbei kamen deutliche Unterschiede zwischen den gepflügten und pfluglos bewirtschafteten Streifen zu Tage. Für Interessierte werden auf der Website www.akhwa.de Information über das Projekt und demnächst auch erste Ergebnisse zur Verfügung gestellt.
Felix Liesegang, LLH, Fachinformation Pflanzenbau – LW 43/2022