Humus aufbauen und CO2 binden

Stiftung unterstützt regenerative Landwirtschaft

Landwirte dabei zu unterstützen, Konzepte für eine regenerative Bewirtschaftung ihrer Flächen zu finden, ist Ziel eines umfangreichen Kursangebotes der Stiftung Lebensraum. So soll mehr Humus auf dem Acker oder im Weinberg aufgebaut und darin CO2 gebunden werden. Die Landwirte sollen nicht nur von einem gesunden Boden profitieren, sondern auch durch Klima-Zertifikate. Im Klima-Humus-Programm arbeitet die Stiftung Lebensraum mit der KlimaHumus GmbH zusammen.

Stiftungsvorsitzender Joachim Böttcher ist überzeugt, dass die Landwirtschaft einen enormen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten kann. Eine Vergütung dafür kann über den Handel von CO2-Zertifikaten erfolgen.

Foto: Brammert Schröder

Die Stiftung Lebensraum ist auf dem Hengstbacherhof im Donnersbergkreis in der Nähe von Rockenhausen ansässig. Sie wurde 2018 als Bürgerstiftung unter der treuhänderischen Verwaltung der Bürgerstiftung Pfalz gegründet und ist seit 2021 als eigenständige gemeinnützige Stiftung anerkannt. Das Thema Humus steht aktuell im besonderen Fokus der Stiftung.

Stiftungsmitgründer und -vorsitzender Joachim Böttcher ist davon überzeugt, dass die Landwirtschaft einen enormen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten kann – über die Bindung von CO2 aus der Atmosphäre im Boden. Hierfür ist die Bildung von Humus notwendig. „Optimal ist ein Humusgehalt von mehr als fünf Prozent. Ackerböden weisen aber nur zwei bis vier Prozent Humus auf“, erklärt er. Zudem sei der Humusgehalt auf vielen Ackerflächen rückläufig.

Humusaufbau verbessert Böden und Ertragsstabilität

Eine Anhebung des Humusgehalts gelingt mit einer regenerativen Landwirtschaft, die das Ziel verfolgt, durch Humusanreicherung den Bodenzustand zu verbessern und stabilisierende Ertragseffekte zu erreichen. Böttcher beschäftigt sich schon lange mit regenerativen Themen und Stoffkreisläufen und hat vor knapp 30 Jahren den Pflanzenkläranlagen zum Erfolg verholfen. Außerdem stellt der Gartenbauingenieur auf dem Hengstbacherhof Terra Preta her, eine Art Schwarzerde, die aus Pflanzenkohle und bestimmten Mikroorganismen besteht.

Wie regenerative Landwirtschaft funktioniert und was notwendig ist, um das Wissen in die Praxis zu bringen, wird in den Kursen des „Kompetenzzentrum für Boden und regenerative Landwirtschaft“ auf dem Hengstbacherhof vermittelt. Erste Kurse wurden 2021 durchgeführt. Die Nachfrage nach Bodenkursen ist groß, nicht zuletzt, weil die Stiftung Lebensraum seit Dezember letzten Jahres zusammen

mit der Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG (RWZ) und dem Zertifikate-Händler First Climate die KlimaHumus GmbH gegründet hat. Landwirte, die an dem Programm teilnehmen, erwirtschaften am Ende eine Prämie für den Humusaufbau auf ihren Flächen.

Angebot ausdrücklich auch für konventionelle Betriebe

Die Stiftung Lebensraum ist im Rahmen des Programms für die Weiterbildung der Landwirte in Sachen regenerativer Landwirtschaft zuständig. „Uns ist es wichtig, die Betriebe auf dem Weg mitzunehmen, sie zu begleiten. Wir wollen eine praxisnahe Ausbildung bieten“, sagt Böttcher. Und zwar ausdrücklich auch für konventionell wirtschaftende Landwirte.

Der Hengstbacherhof dient dabei als Versuchsstandort und Vorzeigebetrieb gleichermaßen. Auf 6,5 ha Fläche werden verschiedene Aspekte der regenerativen Landwirtschaft ausprobiert. Dazu gehören vielfältige Fruchtfolgen mit Leguminosen sowie Untersaaten und Zwischenfrüchte. Auch Agroforstsysteme sind angelegt und werden untersucht. „Wir wollen mit den Betrieben neue Wege gehen“ betont Böttcher.

Kurse zur regenerativen Landwirtschaft mit vier Modulen

Die regenerative Landwirtschaft erfordert eine Umstellung in der täglichen Arbeit auf und mit dem Boden. Im Wesentlichen sind es die folgenden Praktiken, die den Gehalt des organischen Kohlenstoffs im Boden verbessern und somit zum Humusaufbau führen:

  • Nährstoffversorgung auf Basis von standortbezogenen Bodenanalysen optimieren
  • Regeneration des Oberbodens mithilfe minimalinvasiver Bodenbearbeitung
  • Dauerhafte Begrünung mittels Zwischenfrucht- und Untersaatenanbau zur Förderung der Biodiversität
  • Einsatz von chemischem Pflanzenschutz und Mineraldünger sukzessive substituieren und ergänzen
  • Ausweitung der Fruchtfolge, z.B. mit Leguminosen
  • Einsatz von Biostimulanzien und effektiven Mikroorganismen zur Förderung des Bodenlebens
  • Integration von Agroforst-Streifen und/oder Tieren

In vier Modulen können interessierte Landwirte, Winzer oder Gemüseerzeuger in Theorie und Praxis mehr über die regenerative Landwirtschaft erfahren. Sie sind für Teilnehmer des Klima-Humus-Programms verpflichtend. In Modul 1 wird in einem Boden-Basiskurs der Boden angesprochen. Es geht darum, den Boden zu ernähren und nicht die Pflanzen.

In Modul 2 geht es um regenerative Maschinentechnik. Es soll keine wendende Bodenbearbeitung stattfinden, damit das Bodengefüge erhalten bleibt. Es geht um Techniken zur Unterbodenlockerung, um eine flache Bodenbearbeitung und um Maschinen, die organische Substanz wie Zwischenfrüchte oberflächlich einarbeiten, damit eine Flächenrotte entstehen kann.

Modul 3 beschäftigt sich mit Fruchtfolgen und Dauerbegrünung, in Modul 4 wird der Umgang mit Wirtschaftsdüngern thematisiert. Zurzeit stehen vier freie Trainer mit viel Praxiserfahrung zur Verfügung, die die Kursmodule auch mitgestalten.

Wissenstransfer in die Praxis

Mit der Bodensonde werden Verdichtungen aufgespürt.

Foto: Brammert Schröder

Böttcher ist Netzwerker. Er versteht die Aufgabe des Kompetenzzentrums nicht allein darin, Lerninhalte zu vermitteln. „Wir wollen die Transformation hin zu resilienten Bodensystemen und das Wissen in die Praxis bringen.“ Sein Ziel: „Ganze Regionen sollen klimapositiv werden.“ Deshalb sollen weitere Trainer ausgebildet werden, um die Kurse auch in anderen Regionen anbieten zu können. So könnten über ganz Deutschland verteilt Kompetenzzentren entstehen und auch mobile Kurse abgehalten werden.

„Wir wollen den Fokus auf die Begleitung der Betriebe legen“, erklärt Böttcher. Das Kompetenzzentrum arbeitet mit Technik- und Saatgutherstellern zusammen und will demnächst auch das Thema Betriebswirtschaft bei der Umstellung auf eine regenerative Wirtschaftsweise in den Fokus rücken. „Wir wollen mit den Betriebsleitern zusammen Strategien für ihre Betriebe entwickeln“, erklärt Böttcher. Ziel sei es, dass sich feste Gruppen etablieren, in denen sich die Betriebsleiter gegenseitig unterstützen und weiterbringen. Auch eine Zusammenarbeit mit den Maschinenringen wird geprüft.

Teilnehmer des Klima-Humus-Programms schließen einen mindestens siebenjährigen Vertrag mit der KlimaHumus GmbH ab und werden durch diese mit mindestens 30 Euro/t CO2 vergütet. Dies geschieht, sobald der Humusaufbau durch Vergleichsmessungen in einem Drei-Jahres-Rhythmus festgestellt wird und anschließend das im Humus gebundene CO2 in Form des Bodenkohlenstoffs zertifiziert wird. Außerdem werden die Kurskosten des Kompetenzzentrums für Teilnehmer des Programms signifikant bezuschusst.

„Hohe Kosten und Seminare, die mehrere Tage in Anspruch nehmen, können sich viele Landwirte und Winzer nicht leisten“, weiß Böttcher. Deshalb setzt die Stiftung auf günstige Kursgebühren, die teilweise auch durch Spenden von Personen und öffentlichen Institutionen bezuschusst werden. Die nächsten Schulungen finden bereits im Dezember 2022 und Februar 2023 statt. Nähere Informationen finden sich unter www.klimahumus.de und www.stiftunglebensraum.org.

ibs – LW 43/2022