Ist die Ruhe im Kartoffellager trügerisch?
Lagerkartoffeln nicht sich selbst überlassen
In der Natur und in den Kartoffellagerhäusern kehrt durch die kühlen Außentemperaturen Ruhe ein. Die angestrebten Dauerlagerungs-Temperaturen lassen sich zumeist auch mit alleinigem Außenluftbetrieb erreichen, und die Wettervorhersagen sind der Jahreszeit angemessen. Dennoch sollte man sich nicht in zu großer Sicherheit wiegen und auch auf die kleinen Veränderungen im Lager achten.

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Gesunkene Füllstände weisen auf geringe Gewebestabilität hin
In diesem Jahr ist mittlerweile, vor allem wenn die Kartoffeln nach oder sogar in der Hitzephase Anfang September gerodet wurden, ein deutliches Sacken der Kartoffeln festzustellen. Dies ist zum einen auf die bei hohen Einlagerungstemperaturen längere Belüftungsphase (Gewichtsverlust) bis zum Erreichen der Wundheilungstemperatur zurückzuführen. Zum anderen weist ein Großteil der Knollen eine geringere Gewebestabilität auf, so dass sich die ursprünglich „lose“ Schüttung relativ schnell dichtgelagert hat. Dieser geringere Füllstand kann vor allem bei der Zwangssaug- oder -druckbelüftung offener Kisten zu Problemen führen, wenn der Schlitz zwischen den obersten beiden Seitenbrettern nicht mehr durch Kartoffeln verschlossen wird. Hier kann die Luft ungehindert durchströmen, während die eigentliche Belüftung der Kartoffeln nur noch in abgeschwächter Form erfolgt. Ein Auffüllen der Kisten ist aufgrund der Qualitätsrisiken nur in Ausnahmefällen ratsam.
Intensivere Kontrollen in kürzeren Zeitabständen
Mit der Dichtlagerung der Kartoffeln nimmt auch deren Luftwiderstand zu, vor allem wenn dann noch punktuell mehr Erde eingelagert wurde, die die Hohlräume vollständig verschließt. Solche Bereiche sind häufig der Ausgangspunkt von Fäulnis, da hier weder CO2 noch Feuchtigkeit ausreichend abgeführt werden und Bakterien günstige Lebensbedingungen vorfinden. Darüber hinaus schränken die größeren Kontaktflächen der Knollen untereinander das vollständige Erreichen aller Keimanlagen mit Keimhemmungsmitteln deutlich ein. Mögliche Folgen sind ein früherer Keimungsbeginn sowie eine erhöhte Gefahr von Innenkeimung, so dass intensivere Kontrollen in kürzeren Zeitabständen ratsam sind.
Die zum Teil merklichen Feuchtigkeitsverluste der Knollen bereits im Feld und in der anschließenden Einlagerungsphase ziehen mit zunehmender Lagerungsdauer eine erhöhte Neigung zu Schwarzfleckigkeitsreaktionen bei der späteren Auslagerung und Aufbereitung nach sich. Dieses Risiko wird durch die geringere Stabilität der Knollen sowie die damit verbundene Gefahr des Auftretens von Lagerdruckstellen noch verschärft. Bei einer möglichst konstanten Dauerlagerungs-Temperatur und weitgehend keimfreien Knollen steigen die Feuchtigkeitsverluste zwar nur noch langsam an, aber dennoch nimmt das Qualitätsrisiko im Laufe der Lagerung weiter zu. Deshalb sollte der geplante Vermarktungszeitraum, insbesondere bei kritischen Partien, immer wieder hinterfragt und bei der späteren Auslagerung und Aufbereitung alles daran gesetzt werden, mechanische Belastungen der Knollen zu vermeiden.
Versuchsstation Dethlingen (VSD) – LW 49/2016