Die Sorghum-Hirsemag es warm
Einsatz von Sorghum in der Substratproduktion für Biogasanlagen
Am Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der JLU Gießen wurden in den vergangenen Jahren Untersuchungen zur Eignung von Sorghum als Biogassubstrat im feldmäßigen Anbau an klimatisch unterschiedlichen Standorten in Hessen (Groß-Gerau, Hessisches Ried und Gießen-Mittelhessen) durchgeführt. Die dort gewonnenen Ergebnisse werden im Folgenden vorgestellt.
Der expandierende Bau von Biogasanlagen hat in den vergangenen Jahren die Suche nach Alternativen zu Mais, der als Kosubstrat im Fermenter genutzt wird, forciert. Gründe für eine zukünftige Begrenzung von Mais als Rohstoff für Biogas-Anlagen sind zum einen durch das Eneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gegeben, in dem vorgeschrieben ist, dass Mais nur noch bis zu 60 Prozent in Biogasanlagen eingesetzt werden darf. Darüber hinaus wird sich der Westliche Maiswurzelbohrer nach seinem Erstauftreten auch in Hessen im Herbst 2011 in andere Areale ausbreiten, was zu weiteren Quarantänegebieten und somit zu weiteren Einschränkungen des Maisanbaues führen kann.Eine der Alternativen zu Mais können Sorghum-Hirsen sein, die in den vergangenen Jahren auch in Hessen geprüft wurden. Sorghum zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass nach einer relativ späten Aussaat zwischen Mitte Mai und Anfang Juni bei ausreichenden Temperaturen ein zügiges Wachstum in den darauf folgenden Monaten einsetzt. Gleichzeitig bildet sich eine sehr leistungsfähige Wurzelmasse aus.
Viel Trockenmasse und gute Vergärbarkeit
Bis Ende September können Trockenmasseerträge von über 20 t/ha erzielt werden. Die Häcksel- und Silierfähigkeit ist analog dem Mais als gut bis sehr gut einzustufen. Lediglich bei sehr hohen Beständen treten noch Probleme bei breiten Häckslern auf.
Im Fermenter lässt sich eine sehr zügige Umsetzung aufgrund der schnell abbaubaren Zucker feststellen. Darüber hinaus wurden in den vergangenen Jahren die Züchtungsarbeiten zur Schaffung von Sorten für die bioenergetische Nutzung in Fermentern intensiviert. Derzeit sind die meisten Sorten in der EU-Sortenliste aufgeführt. Zwischenzeitlich hat auch das Bundessortenamt 2012 die Sorghum-Arten in das Spektrum der übrigen Kulturpflanzenarten aufgenommen.
Die Sorghum-Hirsen haben unterschiedliche genetische Grundlagen, so dass heute im Wesentlichen unterschieden wird zwischen Sorghum bicolor und Sorghum sudanense, letztere auch als Sudangras seit den 1960er in der Praxis bekannt. Innerhalb und zwischen den Formen gibt es verschiedene Kreuzungen, die als sogenannte Hybriden im Handel sind. Daher werden in den Untersuchungen die Hybriden S. bicolor x bicolor und S. bicolor x sudanese vorgestellt.
Wichtig im Ried: toleranter gegenüber Trockenheit als Mais
Im Hessischen Ried liegt die mittlere Lufttemperatur im Jahr deutlich höher als in den übrigen hessischen Ackerbauregionen. Dies kommt dem Sorghum-Anbau sehr entgegen, da dsie Hirse auf warmen Standorten deutlich höhere Wachstumsraten erzielen kann. Positiv zu bewerten ist das ausgeprägte Wurzeltiefenwachstum, wodurch Trockenphasen wesentlich besser verkraftet werden als beim Mais.
Die bisher erzielten Ergebnisse zeigen, dass sortenspezifisch große Unterschiede hinsichtlich der Biomasse-Erträge wie auch der TM-Gehalte auftreten. Zunächst fällt auf, dass die S. bicolor x bicolor Sorten recht gute Biomasseerträge erreichten. Innerhalb des Sortimentes erzielten die Sorten „Odin“, „Wotan“ und „Zerberus“ gleichzeitig auch relative gute TM-Gehalte (> 28,0 Prozent), während die übrigen S. bicolor-Sorten entweder im Ertrag oder im TM-Gehalt nur unzureichende Leistungen erbrachten. Bei den S. bicolor x sudanense-Sorten erreichten die Sorten „Jumbo“ und „Inka“ die besten Erträge, die TM-Gehalte dieser Sorten liegen jedoch deutlich unter 28 Prozent. Die Sorte „Lussi“, seit mehreren Jahren mit auffallend hohen TM-Gehalten, liegt hier in der Ertragsleistung jedoch zurück.
Erträge, Wuchshöhen und Standfestigkeit untersucht
Für die Sortenbewertung sind weiterhin Wuchshöhe und Standfestigkeit im Feld wichtig. Dabei muss erwähnt werden, dass am Standort Groß-Gerau Ende August 2011 ein schweres Unwetter herrschte, das zum Umknicken der Sorghumbestände führte. Zwischen Wuchshöhe und Ertrag konnte bei allen S. bicolor x bicolor-Sorten eine positive Korrelation gefunden werden, bei den S. bicolor x sudanense-Sorten dagegen nicht.Auch das Merkmal Wuchshöhe war sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die S. bicolor x bicolor-Typen zeichnen sich durch besonders starkes Längenwachstum aus, wobei die Standfestigkeit sortenspezifisch sehr unterschiedlich ausfällt. Die Sorte „Wotan“ wurde bei 3,1 m Pflanzenlänge mit der Boniturnote 1 (sehr gute Standfestigkeit) bewertet. Auch die Sorten „Goliath“, „Herkules“, „Thor“ und „Zerberus“ mit jeweils über 3 m Wuchshöhe werden in der Standfestigkeit mit den Noten 2 (leichtes Neigen der Stängel) bewertet, nur die längsten Sorten wie „Bulldozer“ und „Odin“ erhalten die Note 3 (mäßige Stängelneigung).
Unter den S. bicolor x sudanense-Sorten erreicht lediglich „Freya“ die Bestnote, „Jumbo“ und „Inka“ die Wertnote 2 und bei „Lussi“ ist mit der Note 4 (starke Neigung des Bestandes) die Grenze der noch akzeptablen Standfestigkeit hinsichtlich einer guten Beerntung erreicht.
In Gießen mehr Ertrag, aber weniger TM-Gehalt
Am Standort Gießen lagen die Biomasseerträge bei den meisten geprüften Sorten bzw. Stämmen erheblich über den Ertragsleistungen am Standort Groß-Gerau. Die Sorten „Goliath“ und „Herkules“ erreichten mehr als 200 dt TM/ha, während „Odin“ mit 197 dt/ha gleichzeitig 28,6 Prozent Trockenmasse aufweist. Auch „Wotan“ mit 185 dt/ha und fast 30 Prozent TM erfüllt die Kriterien für eine gute Substratqualität.
Im Gegensatz zu den Erträgen fallen die TM-Gehalte der Sorten bis auf wenige Ausnahmen in Gießen niedriger als in Groß-Gerau. Nur die Sorte „Lussi“ und der Stamm „ASM-15-09“ bilden dabei eine Ausnahme. Bei den S. bicolor x sudanense-Sorten sticht allein „Jumbo“ mit 186 dt/ha hervor. Die TM-Gehalte von 20 Prozent sind jedoch zu gering. „Lussi“ mit 35,2 Prozent TM erfüllt dagegen diese Forderung, hat aber keine ausreichende Ertragsleistung. Die Sorten „Freya“ und „Inka“ fallen in beiden Leistungskriterien noch stärker ab.
Im Jahr 2012 fielen die Erträge am Standort Groß-Gerau besser aus als im Jahr 2011. Die Sorte „Herkules“ erreicht mit fast 196 dt/ha TM den Höchstertrag, gefolgt von „Bulldozer“ und „Thor“, allerdings mit nicht ausreichendem TM-Gehalt bei „Bulldozer“. Diesbezüglich zeigt „Odin“ mit fast 180 dt TM/ha und über 30 Prozent TM eine ausgeglichene Leistung.
Neuzüchtungen überzeugten in Ertrag und TM
Die TM-Gehalte sind auch bei den Neuzüchtungen positiv zu beurteilen, denn die Sorten „Tarzan“ mit knapp 180 dt/ha und 31,6 Prozent TM und der Stamm „KSH 0704“ mit fast 185 dt/ha und 30,8 Prozent TM erbringen homogene Leistungen. Dagegen erreicht „Solle“ nur 134 dt/ha bei hohem TM-Gehalt von etwa 34 Prozent. Bei den S. bicolor x sudanense-Sorten hatten „Lussi“ und „Jumbo“ wie auch im Jahr 2011 geringe Leistungen, was ihre Anbauwürdigkeit ausschließt. Ähnlich verhält es sich mit den S. bicolor x saccharatum-Sorten „Supersile 18“ und „Supersile 20“, die weder im Ertrag noch in den TM-Gehalten überzeugen können.
Hinsichtlich der Wuchshöhe war „Bulldozer“ mit 4,88 m besonders auffällig bei gleichzeitig sehr guter Standfestigkeit. Ein Großteil der S. bicolor x bicolor-Sorten sowie der Stamm „KSH 0704“ erreichen Längen zwischen 3 und 3,5 m bei unterschiedlicher, noch akzeptabler Standfestigkeit. „Jumbo“ mit über 3 m Länge und die kurzwüchsigen „Supersile 18“ und „Supersile 20“ (Sorghum saccharatum) wiesen sehr gute Standfestigkeiten auf.
„Bulldozer“ trotz 4,88 m Höhe mit sehr guter Standfestigkeit
Am Standort Gießen lagen die Erträge im Jahr 2012 deutlich unter dem Vorjahresniveau, was direkt mit dem kühlen Witterungsverlauf zusammen hing. Die Sorten „Goliath“, „Thor“ und die Neuzüchtung „Tarzan“ erreichten TM-Erträge von mehr als 180 dt/ha. „Tarzan“ wies gleichzeitig einen akzeptablen TM-Gehalt von 27,3 Prozent auf.
Die TM-Gehalte waren wegen der feucht-kühlen Witterung geringer ausgeprägt und erreichten nur bei „Lussi“ sowie „Freya“ und der Neuzüchtung „Solle“ befriedigende Werte. Längenwachstum der Sorten/Stämme am Standort Gießen zeigte eine sehr ausgeglichene Wuchshöhe von 3,20m bis 3,65 m, dagegen lagen sortenspezifisch große Unterschiede zwischen den Sorten/Stämmen vor.
Züchter haben noch viel Arbeit
Insgesamt ist festzustellen, dass die TM-Erträge und TM-Gehalte von Sorghum-Hirse deutlichen Jahresschwankungen wie auch Sortenunterschieden unterliegen. Aus dem Spektrum der hier zweijährig geprüften Sorten und Stämme ragen Sorten wie „Herkules“, „Odin“, und „Wotan“ heraus, die sich für den praktischen Einsatz eignen. Bei den einjährig untersuchten Sorten sind es „Tarzan“ und „Solle“, die künfig stärkere Beachtung finden werden.
Die Vorteile von Sorghum liegen in der Spätsaatverträglichkeit, in der schnellen Pflanzenentwicklung (Zweitfrucht-Eignung) und in seiner Eignung für trockenere Standorte. Nachteilig ist bisher noch, dass die TM-Gehalte und -Erträge in der Regel unterhalb denen von Mais liegen.
In der Sorghum-Züchtung muss künftig noch mehr Gewicht auf die Kombination von hohem TM-Ertrag, günstigem TM-Gehalt und guter Standfestigkeit gelegt werden, um auch in der Fläche stärker konkurrenzfähige Sorten zu schaffen.
Dr. Michael Gaudchau, Prof. Bernd Honermeier, Universität Gießen – LW 21/2013