Die Sortenwahl wird nicht einfacher

Die Winterhärte war in diesem Jahr das entscheidende Kriterium, welches den Unterschied zwischen Totalverlust oder nahezu normalen Getreide-Erträgen ausmachte. Im letzten Jahr kam diese Rolle der Trockenheits-Toleranz zu. Im nächsten Jahr kann eine neue unerwartete Situation ein drittes Merkmal wie etwa die Standfes­tigkeit in den Vordergrund stellen.

Schon diese wenigen Beispiele zeigen, dass moderne Sorten eigentlich Alleskönner sein müss­ten, was sie aber nicht sind und auch nie sein werden. Es kommt also darauf an, den richtigen Mix für den jeweiligen Standort zu finden und auch über den Anbau verschiedener Sortentypen eine Risikostreuung vorzunehmen.

Außerdem stellt eine Sorteneigenschaft keinen absolut fixen Wert dar, sondern orientiert sich immer vergleichend am übrigen Sortiment. Auch eine als winterhart eingestufte Sorte kann unter ungüns­tigen Bedingungen ausfallen und eine eher empfindliche Züchtung im gleichen Winter und in der selben Region durchkommen. Denn weitere Einflussgrößen sind beispielsweise die zuvor erfolgte Bodenbearbeitung und der Aussaat­zeitpunkt.

Die Landessorteversuche zu Winterweizen konnten in diesem Jahr seit langem einmal wieder die Auswinterungsneigung der verschiedenen Kandidaten überprüfen – für neuere Sorten lagen solche Bonituren zum Teil gar nicht vor. Dazu wurden auch Standorte gedroschen, die aufgrund der starken Schäden nicht in die Ertragsauswertung eingeflossen sind, wohl aber hinsichtlich ihrer Frosthärte bonitiert wurden.

Man ist also weiterhin gut beraten, sich alle Sorteneigenschaften über die Jahre anzusehen und daraufhin die Sortenwahl zu treffen. Die in diesem Jahr besonders interessanten Kommentierungen zu den LSV-Ergeb­nissen der amtlichen Beratung finden Sie ab Seite 26.

Karsten Becker