Ohne Stress und Streit
Zu hohe Erwartungen stören weihnachtliche Familienidylle
Der Gedanke an das Weihnachtsfest erfüllt viele Menschen mit einer kindlichen Vorfreude. Weihnachten ist traditionell das Fest der Familie, zu dem man eng mit seinen Lieben zusammenrücken will. Doch wie kommt es, dass es trotz guter Vorsätze immer wieder Familienstreitigkeiten unter dem Tannenbaum gibt?
„Weil wir an den Weihnachtsfeiertagen harmoniebedürftiger und viel sensibler für Misstöne sind als sonst“, weiß Therapeutin Gudrun Wolff-Scheel. Schnell könne sich dann aus einer kleinen Unstimmigkeit ein handfester Krach entwickeln. Die Familienberaterin gibt Tipps, damit es gar nicht erst soweit kommt.Harmonie nicht auf Knopfdruck
Weihnachten ist der emotionale Höhepunkt des Jahres. Es überrascht daher nicht, dass beim idealen Wunschbild des Weihnachtsfestes die Sehnsucht nach Harmonie und mehr Zeit für die Familie im Vordergrund stehen. Doch auf Knopfdruck lassen sich derartige Wünsche nicht erfüllen. Eventuelle Schwierigkeiten in Familie und Partnerschaft verschwinden nicht, nur weil Weihnachten ist. Doch wir können schon im Vorfeld eine Menge dafür tun, dass das Fest gelingt. „Es ist wichtig, rechtzeitig in entspannter Atmosphäre den konkreten Ablauf zu besprechen und dabei alle Beteiligten mit einzubeziehen“, empfiehlt Gudrun Wolff-Scheel. Es sei darauf zu achten, dass niemand benachteiligt oder übergangen wird.
Die Vorstellungen von einem schönen Weihnachtsfest können innerhalb einer Familie weit auseinander gehen, besonders dann, wenn Jugendliche im Haushalt leben. „Eltern sollten akzeptieren, wenn sich Jugendliche am Heiligabend später gern noch mit Freunden ihrer Altersgruppe treffen. Sie sollten das nicht von vornherein verbieten.“ Für manche Teenager sei es eine nur schwer zu ertragenÂde Vorstellung, den ganzen Abend mit der Familie „zusammenzuhocken“. Diese „geballte Ladung Nähe“ überfordere sie.
Zudem sollten traditionelle Rituale und Abläufe alljährlich kritisch hinterfragt werden. Automatische Weihnachtsrituale führen schnell dazu, dass sich niemand mehr richtig wohl in seiner Haut fühlt. Nur wer überprüft, ob die Weihnachtsinszenierung „das haben wir schon immer so gemacht“ für ihn stimmig ist, kann das Fest genießen.
Nötige Arbeiten gemeinsam erledigen
Die anfallenden Arbeiten sollten gleichmäßig auf alle Familienmitglieder aufgeteilt werden. Es ist nicht nur Aufgabe der Mutter oder Großmutter dafür zu sorgen, dass ein leckeres Menü auf dem stimmungsvoll gedeckten Tisch steht und in der Küche anschließend wieder „Klarschiff“ gemacht wird. Wenn alle mit anpacken, haben hinterher auch alle mehr Zeit, sich bei einem Spiel oder einem gemeinsamen Spaziergang zu erholen.
Gudrun Wolff-Scheel hat die Beobachtung gemacht, dass sich Generationskonflikte häufig an Weihnachtsfeierlichkeiten entzünden. Eine Frage, die von Jüngeren in der Beratung immer wieder gestellt werde, sei: Wie sage ich es meinen Eltern, dass ich Weihnachten dieses Jahr alleine feiern will? Wenn der Sohn beispielsweise eine eigene Familie gegründet hat und das erste Kind geboren ist, möchten er und seine Frau vielleicht den Heiligabend einmal alleine in den eigenen vier Wänden verbringen. „Es ist gut, wenn man sich vorher klar macht, dass Oma und Opa darüber nicht begeistert sein werden. Ist man auf diese Reaktion vorbereitet, fällt es leichter, den Widerstand auszuhalten. Je mehr Klarheit und EntschieÂdenheit Sie im Gespräch ausstrahlen, desto leichter wird es den Eltern fallen, Widerstände gegen Neuerungen aufzugeben“, erläutert die Diplom-Pädagogin. Wichtig sei, den Eltern oder Schwiegereltern zu sagen, dass die geplanten Änderungen nichts mit ihnen persönlich zu tun haben. Sie bräuchten sich deshalb nicht zurückgesetzt, enttäuscht oder gekränkt fühlen. „Grenzen Sie sich ab, nicht im Konfliktsinne, sondern im positiven Sinne. Haben Sie keine Angst, eingefahrene Gleise zu verlassen.“
Besuchsverpflichtungen machen Stress
In Patchwork- oder ScheidungsÂfamilien kann es zu Differenzen darüber kommen, wo die Kinder die Weihnachtstage verbringen. Schwelende Konflikte zwischen den Elternteilen dürfen auf keinen Fall über die Kinder ausgetragen werden, sie geraten sonst schnell in einen Loyalitätskonflikt. „Am besten ist, rechtzeitig eine genaue Vereinbarung zu treffen, wo und wie die Kinder das Weihnachtsfest verbringen. Das schafft Klarheit für alle Beteiligten und beugt Enttäuschungen vor“, rät Wolff-Scheel. Sie appelliert an betroffene Familien: „Wenn Sie die Besuchsregelung nicht allein in den Griff bekommen, holen Sie sich professionelle Hilfe in einer Familienberatungsstelle.“
Keine Grundsatzdiskussionen
Weitere Tipps für friedliche WeihÂnachtstage: Vermeiden Sie Grundsatzgespräche. Planen Sie ausreichend Zeit zum Rückzug für alle Familienmitglieder ein. Und noch etwas empfiehlt die Fachfrau: „Setzen Sie sich selbst nicht unnötig unter Druck. Haben Sie nicht zu hohe Erwartungen. Zu Weihnachten muss nicht alles perfekt sein.“ Silke Bromm-Krieger
So klappt es auch mit der Harmonie
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