Eine Umstellung fängt im Kopf an

Umstellung auf ökologischen Ackerbau jetzt überdenken

Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, um sich über eine mögliche Umstellung auf ökologischen Ackerbau Gedanken zu machen. Warum, erklärt Christian Schneider vom Kompetenzzentrum ökologischer Landbau am Dienstleistungszentrum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück.

Eine Umstellung des Betriebes auf ökologischen Landbau muss gut vorbereitet werden.

Foto: landpixel

Der ökologische Landbau ist eine Alternative zur konventionellen Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Betriebe. Dabei wird im ökologischen Landbau der Ansatz eines möglichst geschlossenen (Nähr-)Stoffkreislaufs verfolgt. Die Umsetzung dieses Leitbildes erfolgt im Idealfall innerbetrieblich über eine eigene Tierhaltung.

Wie ist der ökologische Landbau definiert?

Im Gegenzug ist der Einsatz mineralischer Stickstoffdünger sowie chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel nicht zulässig. Auch die mineralische Düngung anderer Nährstoffe ist stark eingeschränkt.

Die Mindeststandards für den ökologischen Landbau sind durch EU-Vorgaben definiert. Konkret sind dies die EG-Öko-Basisverordnung (VO (EG) 834/2007) und die EG-Öko-Durchführungsverordnung (VO (EG) 889/2008). Darüber hinaus gibt es die Anbauverbände wie Demeter, Bioland oder Naturland. Diese haben eigene Richtlinien, die immer auf den EU-Öko-Verordnungen basieren, jedoch in etlichen Bereichen über diese hinausgehen.

Umstellungszeit und Ablauf

Die Zeitspanne zwischen dem Ende der konventionellen Bewirtschaftung und der und der Anerkennung als ökologisch wirtschaftender Betrieb ist die Umstellungszeit. Diese orientiert sich an den Flächen und beträgt 24 Monate vor Aussaat bei den klassischen Ackerkulturen wie Getreide, Hackfrüchte und Feldfutterbau.

Wesentliches Merkmal der Umstellungszeit ist, dass zwar gemäß der Öko-Vorgaben gewirtschaftet werden muss, aber die (Ernte-) Produkte noch nicht als ökologisch gekennzeichnet werden dürfen. Eine Vermarktung erfolgt daher zunächst ohne Öko-Preisaufschlag. Der Status der Produkte wechselt während der Umstellung wie folgt:

  • Ernte bis 12 Monate nach Umstellungsbeginn: Konventionelle Ware
  • Ernte ab 12 Monate nach Umstellungsbeginn und Aussaat weniger als 24 Monaten nach Umstellungsbeginn: Umstellungsware (ermöglicht zum Beispiel die Verwendung von Getreide als Futtermittel im eigenen Betrieb während der Umstellung).
  • Aussaat ab 24 Monate nach Umstellungsbeginn: Ökologisch anerkannte Ware

Wenn man sich einem der Anbauverbände anschließen möchte und/oder die Förderung für die ökologische Bewirtschaftung in Anspruch nehmen möchte, muss immer der gesamte Betrieb umgestellt werden. Da von der Umstellung alle Betriebsteile betroffen sind, sollten insbesondere die Regelungen für die Tierhaltung beachtet werden.

Der ideale Umstellungsbeginn

Der Beginn der Umstellung wird im Kontrollvertrag festgelegt. Nach Umstellungsbeginn sind keinerlei konventionelle Maßnahmen mehr zulässig. Als idealer Beginn für eine Umstellung gilt der 1. Juli eines Jahres. Bis zu diesem Datum sind in der Regel sämtliche konventionelle Maßnahmen (insbesondere Spätdüngung und Pflanzenschutz im Getreide) bereits abgeschlossen, die Ernte steht aber noch aus. Dies bietet für den Ablauf der Umstellung mehrere Vorteile:

  • Die Verwendung von Erntegut für Nachbausaatgut ist zulässig.
  • Im Folgejahr sind die Ernteprodukte bereits „Umstellungsware“. Dies ist von Bedeutung, wenn zum Beispiel Getreide als Futtermittel im eigenen Betrieb verwendet werden soll.

Als Alternative zum 1. Juli. bietet sich jeder andere Termin an, der vor der Aussaat des Wintergetreides liegt. Dann allerdings mit dem Nachteil, dass im Folgejahr der Status Umstellungsware nicht erreicht wird und der Nachbau nicht zulässig ist, wenn der Umstellungsbeginn nach der Ente liegt.

Wesentlich ist eine weit gestellte Fruchtfolge

  • Öko-Landwirte arbeiten im Ackerbau nach drei wesentlichen Grundsätzen:
  • Möglichst geschlossene Stoffkreis-läufe
  • Ertragssicherung geht vor Ertragsmaximierung
  • Die Nährstoffversorgung der Pflanzen erfolgt indirekt über den Boden

Durch den obligatorischen Verzicht auf mineralische N-Dünger, viele weitere mineralische Düngemittel und chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel müssen sich Öko-Bauern anderer Instrumente bedienen. Konventionelle Dünge- und Pflanzenschutzmittel lassen sich nicht im gleichen Verhältnis durch im ökologischen Landbau zulässige Produkte ersetzen. Eine Umstellung beginnt daher zunächst im Kopf des Landwirts.

Wesentlich ist eine weit gestellte Fruchtfolge mit einem Anteil von 20 bis 25 Prozent Leguminosen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem mindestens ein-, besser zweijährigen Anbau von Kleegras oder Luzerne welcher nicht nur der Nährstoffversorgung (Assimilation von Luftstickstoff), sondern auch der Unterdrückung von Wurzelunkräutern dient. Zwischen den Hauptkulturen sollte so oft wie möglich mit Zwischenfrüchten gearbeitet werden.

Langfristige Beikrautregulierung

Ein häufiger Wechsel von Winter- und Sommerung wirkt dem Aufbau größerer Populationen von Ungräsern und Unkräutern entgegen. Hier ist der Einfluss der vorbeugenden Maßnahmen deutlich höher zu gewichten als der von direkten mechanischen Regulierungsmöglichkeiten. Unter diesem Aspekt ist auch das Einhalten eines mindestens zweijährigen Anbaus von Klee(-Gras) oder Luzerne (-Gras) sinnvoll, da so über ein regelmäßiges Schröpfen Wurzelunkräuter gut bekämpft werden.

Die Fruchtfolgegestaltung (Tabelle) ist abhängig von der Betriebsausrichtung. In Vieh-Betrieben muss der Bedarf an eigenem Futter in die Anbauplanung einfließen, in Marktfruchtbetrieben der Anbau marktfähiger Kulturen. Hier dominiert der Winterweizen, ergänzt um Dinkel.

Saat- und Pflanzgut müssen aus ökologischer Erzeugung stammen. Nachbau ist zulässig, sofern die dazu bestehenden Regelungen beachtet werden (Nachbaumeldung und Gebühren an die Saatguttreuhandverwaltung). Viele Sorten sind an die Bedürfnisse des ökologischen Landbaus angepasst. Resistenzen und Standsicherheit haben eine hohe Bedeutung, da die Möglichkeit zum Einsatz von Fungiziden fehlt.

Spritze verkaufen, Hackstriegel anschaffen

Vorhandene Maschinen und Geräte können zunächst weiter verwendet werden. Für die Pflanzenschutzspritze dürfte sich in der Regel keine Verwendung mehr finden, sofern sich im Anbau auf Mähdruschkulturen konzentriert wird. In den meisten Betrieben wird stattdessen ein Hackstriegel angeschafft. Beim Anbau von Körnerleguminosen, vor allem Soja, gibt es die Möglichkeit, diese mit breiterem Reihenabstand anzubauen und so Hacktechnik einzusetzen. Die Erfahrung zeigt, dass im Verlauf der Jahre der Maschinenpark insbesondere in der Bodenbearbeitung den Bedürfnissen des ökologischen Anbaus angepasst wird, da sich die Landwirte verstärkt ihrem wichtigsten Produktionsfaktor, dem Boden, widmen.

Da keine Dünge- und Pflanzenschutzmittel wie im konventionellen Landbau eingesetzt werden, entschärfen sich gerade im Frühjahr einige Arbeitsspitzen. Durch den höheren Anteil an Sommerungen, insbesondere Körnerleguminosen, sind Öko-Ackerbauern jedoch im Übergang von Winter zum Frühjahr gefordert.

Nährstoffflüsse im ökologischen Ackerbau

Wie eingangs erläutert, ist der Leitgedanke der ökologischen Landwirtschaft der geschlossene Nährstoffkreislauf. Der Rinderhaltung kommt hier eine besondere Bedeutung zu, da Wiederkäuer in der Lage sind das systembedingt anfallende Kleegras/Luzerne als qualitativ hochwertiges Futtermittel zu verwerten. Der anfallende Dung wiederum kann gezielter zu den Kulturen ausgebracht werden, es findet eine Umverteilung von Nährstoffen statt.

Dem Ansatz des innerbetrieblichen Nährstoffkreislaufs steht die zunehmende Spezialisierung von Betrieben in der heutigen Zeit gegenüber. Dem haben die EU-Öko-Verordnungen bereits Rechnung getragen, indem sie Kooperationen zwischen Öko-Betrieben erlauben, beispielsweise zwischen Tierhalter und Ackerbaubetrieb. Alternativ können auch organische Düngemittel zugekauft werden.

Häufig wird in reinen Ackerbaubetrieben auf RAL-zertifizierte Komposte zurückgegriffen (diese müssen die Grenzwerte gemäß Anhang I VO (EG) 889/2008 einhalten). Insbesondere bei Stickstoff gibt es zu Wirtschaftsdünger, Komposten und der N-Bindung über Leguminosen keine Alternative, da andere organische Stickstoff-Handelsdüngemittel mit über 4 Euro/kg Rein-Stickstoff oft nicht wirtschaftlich sind.

Es wird der Boden gedüngt und nicht die Kultur

Unabhängig von den eingesetzten Düngemittel muss in der Düngestrategie umgedacht werden. Es gilt der Grundsatz, dass der Boden gedüngt wird und nicht die Kultur. Ziel ist es, den Nährstoffpool im Boden zu erhalten und aufzubauen. Durch den Erhalt der Bodenstruktur und die Förderung des Bodenlebens wird der Umsatz zu pflanzenverfügbaren Nährstoffen gefördert, wodurch wiederum die Kulturpflanzen profitieren. Dementsprechend ist auf den pH-Wert zu achten, insbesondere, um das Festlegen von Phosphat zu verhindern.

In reinen Öko-Ackerbaubetrieben stellt sich die Frage der Nutzung des Kleegrases. Hier kann das so genannte Cut&Carry-Verfahren eine Option sein. Dabei wird der Aufwuchs frisch oder siliert wie Mist oder Kompost zu anderen Kulturen ausgebracht. Ein Verkauf des Aufwuchses ohne Rückfluss an Nährstoffen ist nicht empfehlenswert, auch wenn er augenscheinlich die Kosten der Grünbrache reduziert.

Kooperationspartner für die Vermarktung suchen

Der klassische Landhandel fällt als Abnehmer für Öko-Getreide fast vollständig aus. Als feste Institution hat sich in Rheinland-Pfalz die Erzeugergemeinschaft „Die Kornbauen“ etabliert, in Hessen beispielsweise Ecoco BioHandel & Marketing in Marburg und die Upländer Bauernmolkerei in Usseln. Ergänzend ist die direkte Belieferung von Mühlen eine Option, meist jedoch keine Generallösung für alle Kulturen, sondern eher für Sonderfälle wie Emmer oder Einkorn.

Körnerleguminosen wiederum sind von Öko-Futtermittelherstellern gesucht. Gelöst werden muss das Problem der Logistik. Eine Abfuhr direkt in der Ernte ist nicht immer möglich. Umstellungswillige Landwirte müssen sich daher über eine Zwischenlagerung Gedanken machen. Die Möglichkeit zur Trocknung und Reinigung wäre wünschenswert.

Hier liegt bereits ein Augenmerk auf Kooperationen zwischen Öko-Landwirten. Die hier anfallenden Kosten sollte man langfristig im Blick haben, sofern noch keine Möglichkeiten vorhanden sind. Im Hinblick auf die Vermarktungssituation im Bereich Ackerbau und den steigenden Qualitätsanforderungen der Verarbeiter kann eine Mitgliedschaft in einem der ökologischen Anbauverbände sinnvoll sein. Diese sollte bei der Planung einer Umstellung bereits berücksichtigt werden.

Kontrollverfahren kosten, werden aber auch gefördert

Die Einhaltung der EU-Öko-Verordnungen auf den Betrieben wird durch Kontrollen abgesichert; diese werden von privaten Unternehmen, so genannten (Öko-) Kontrollstellen, durchgeführt. Grundlage für die Teilnahme am Kontrollsystem ist ein Kontrollvertrag zwischen dem Landwirt und einer der Kontrollstellen. Die Liste der in Rheinland-Pfalz zugelassenen Kontrollstellen kann unter anderem beim KÖL in Bad Kreuznach angefordert werden (www.oekolandbau.rlp.de). Für Hessen ist das Rp Gießen (www.rp-giessen.hessen.de, Verbraucherschutz, Ökokontrolle) zuständig, welches im Downloadbereich Kontrollstellen aufführt.

Die Kontrollkosten (im Schnitt 500 bis 600 Euro/Jahr) variieren je nach Betrieb und Kontrollaufwand und sind vom Landwirt zu tragen. Diese Kosten lassen sich jedoch über den Kontrollkostenzuschuss in der Förderung zu großen Teilen decken.

Wird ein „neuer“ Öko-Betrieb erstmals kontrolliert, wird zusammen mit dem Landwirt eine umfangreiche Betriebsbeschreibung angelegt. Sie dient als Basis für die mindestens einmal im Jahr erfolgende Rou­ti­ne­kontrolle. Diese wird bei Bedarf durch stichprobenartige, unangekündigte Kontrollen ergänzt. Bestandteil der Kontrollen sind die Begehung von Flächen, die Begutachtung von Lagerräumen sowie Einblick in die Dokumentation (Schlagkarteien; Zukaufsbelege etc.)

Im Nachgang zu den Kontrollen erhält der Betrieb ein Auswertungsschreiben sowie als das wichtigste Dokument, die Bescheinigung der ökologischen Wirtschaftsweise gemäß Art. 29 der EU-Öko-Basisverordnung. Dieses Dokument berechtigt nach erfolgreicher Umstellung zur Auslobung der Erzeugnisse als ökologisch und wird gemeinhin auch als Öko-Zertifikat bezeichnet.

Förderung in Hessen und Rheinland-Pfalz

Ökologisch wirtschaftende Betriebe haben die Möglichkeit, sich Ihre besonders umweltschonende Wirtschaftsweise vom Land fördern zu lassen. Basis dafür ist in Rheinland-Pfalz die Teilnahme am Programm „Entwicklung von Umwelt, Landwirtschaft und Landschaft“ (EULLa) im dafür vorgesehenen Programmteil „Ökologische Wirtschaftsweise im Unternehmen“ (EULLA-Öko) beziehungsweise am hessischen Agrarumweltprogramm (HALM), Programmteil Öko-Landbau (B1). Die Fördersätze je Hektar und Jahr liegen bei den in der Tabelle angegebenen Werten.

Die erhöhte Umstellungsprämie in Rheinland-Pfalz dient als Ausgleich dafür, dass es in der Umstellungszeit noch nicht möglich ist, Ernteprodukte als Öko-Ware mit entsprechendem Preisaufschlag zu verkaufen. In Hessen wird bei den Fördersätzen wird nicht mehr zwischen Umstellung und Beibehaltung unterschieden, die Sätze wurden aber deutlich angehoben.

Hinzu kommt der Kontrollkostenzuschuss von 50 Euro/ha, maximal 600 Euro je Unternehmen. Er wird automatisch mit der EULLa- beziehungsweise HALM-Förderung gewährt und muss nicht zusätzlich beantragt werden. Basis für die Teilnahme ist ein so genannter Bewirtschaftungsvertrag zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und dem Landwirt, in Hessen gilt ein Antragsverfahren. Die Laufzeit beträgt fünf Kalenderjahre.

Neben der Öko-Förderung besteht die Möglichkeit, am Programm „Vielfältige Kulturen im Ackerbau“ teilzunehmen. Dies bedeutet für Öko-Betriebe weitere 55 €/ha Ackerfläche. Alle drei oben vorgestellten Fruchtfolgen würden den Grundsätzen dieses Programmteils genügen (mindestens fünf Kulturarten, je Kulturart mindestens 10 bis maximal 30 Prozent, Getreideanteil höchstens 66 Prozent, Leguminosen mindestens 10 Prozent).

Beratung in Anspruch nehmen

Eine klare Empfehlung kann gegeben werden: Alle, die über eine Umstellung auf ökologischen Ackerbau nachdenken, sollten ausreichend Zeit für Information und Beratung investieren und dazu auch die kommenden Wochen und Monate nutzen im Hinblick auf den idealen Umstellungstermin im Sommer.

Das Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau am DLR in Bad Kreuznach ( 0671/820-487) bietet hierzu Beratung an; in Hessen sind die Berater des LLH-Ökoteams unter www.llh.hessen.de/oekologischer-landbau/ansprechpartner zu finden.

 – LW 52/2014