Ökogetreide brachte 2017 sehr gute Erträge

LSV Gerste, Triticale und Roggen im Öko-Anbau

Öko-Ackerbauern benötigen Sortenempfehlungen, die unter den Bedingungen des Ökologischen Landbaus gewonnen wurden, denn die Einschätzung der Leistungsfähigkeit von Sorten, wie sie der Beschreibenden Sortenliste zu entnehmen ist, basiert auf Versuchen, die zum Beispiel bei der Düngung der konventionellen Praxis entsprechen. Dr. Thorsten Haase vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen fasst die Ergebnisse der hessischen Öko-Landessortenversuche (LSV) zu Wintergerste, -triticale und -roggen aus den vergangenen fünf Jahren zusammen.

Die Öko-Landessortenversuche Wintergetreide bei Alsfeld stehen stets im ersten Jahr nach zweijährigem Feldfutterbau.

Foto: Dr. Haase

Die Öko-LSV zu Wintergetreide rotieren in Alsfeld-Liederbach auf den Betriebsflächen des seit 1989 biologisch-dynamisch bewirtschafteten Betriebs Kasper und stehen stets im ersten Jahr nach zweijährigem Feldfutterbau. Aufgrund der integrierten Viehhaltung (0,4 GV/ha) ist auf den Versuchsflächen die Grundnährstoffversorgung mit Phosphor, Kalium und Magnesium auf den meisten Schlägen im optimalen Bereich (Versorgungsstufe C).

Öko-Wintergerste mit großartigen Erträgen

Die Erträge der Öko-Wintergerste in Alsfeld-Liederbach lagen 2017 im Durchschnitt des geprüften Sortiments mit 69,2 dt/ha auf einem sehr hohen Niveau. Der fünfzehnjährige Ertragsdurchschnitt (2003 bis 17 ohne 2012 wegen Auswinterung) der seit 2003 geprüften Sorte Lomerit liegt bei 58 dt/ha, der maximal erreichte Ertrag lag bei 82 dt/ha (2011), der geringste Ertrag bei 42 dt/ha (2009). Wintergerste galt im Ökolandbau bislang ja als „eher schwierige Frucht“. Aber viele Praktiker haben in jüngerer Zeit mit dem Anbau von Öko-Wintergerste durchaus positive Erfahrungen gemacht, so dass sie in immer mehr Betrieben einen festen und günstigen Platz in der Fruchtfolge einnimmt.

Bei der Sortenwahl sind auswinterungsfeste, blattgesunde und langstrohige Sorten mit zügiger Frühjahrsentwicklung (gute Unkrautunterdrückung) zu bevorzugen. Standfestigkeit und eine geringe Neigung zu Halm- und Ährenknicken sind weitere wichtige Auswahlkriterien. In den Öko-Landessortenversuchen zu Wintergerste haben sich bislang mehrzeilige Wintergersten bewährt. Zweizeilige Sorten spielen in der Praxis (noch) keine Rolle. Für eine Sorte (California) liegen allerdings mittlerweile vierjährige LLH-Versu chsergebnisse aus Alsfeld-Liederbach vor.Als Bezugsbasis zur Berechnung der Relativerträge wurden die in den zurückliegenden fünf Versuchsjahren stets geprüften Sorten Semper, Highlight, Lomerit, KWS Meridian und Titus gewählt. Vergleicht man die aus fünf Jahren gemittelten Relativerträge dieser fünf Sorten untereinander, so schneidet Titus am schlechtesten (98 Prozent des Mittels der fünf Sorten) und KWS Meridian am besten (103 Prozent) ab. Der Spitzenplatz von KWS Meridian entspricht auch der Einschätzung des Bundessortenamtes hinsichtlich ihres Ertragspotenzials.

Kurzporträts der Wintergerstensorten

In der Folge werden diejenigen Sorten im Kurzportrait vorgestellt, für die bereits mindestens dreijährige Ergebnisse (2015 bis 2017) vorliegen. In der Tabelle werden ergänzend Kornerträge für Sorten aus zurückliegenden Versuchsjahren (2013 bis 2014) dargestellt. Lomerit wird in Alsfeld-Liederbach bereits seit 2003 geprüft und dient als Bezugssorte zur Studie der langfristigen Ertragsentwicklung am Standort. Die Sorte hat sich in der Praxis bewährt, schnitt jedoch im Mittel der letzten drei Jahre unterdurchschnittlich (97 Prozent) ab. Zu beachten ist die Anfälligkeit für Lager und Halmknicken sowie für Netzflecken, Rhynchosporium und Zwergrost.

Highlight hat im Schnitt der letzten drei Jahre gut gedroschen (101 Prozent), 2017 sogar sehr gut (107 Prozent) und kommt für den Anbau nach wie vor in Frage. Sie fällt durch ihre ausgeprägte Langstrohigkeit auf. Die Anfälligkeit für Pilzkrankheiten ist bei Highlight ausgewogen. Semper hat dieses Jahr im Kornertrag leicht unter Durchschnitt abgeschnitten (97 Prozent). Die Sorte besitzt eine gute Winterfestigkeit, ist halmstabil, standfest neigt kaum zu Halmknicken und ist weitestgehend blattgesund. Semper kann für den Anbau empfohl en werden. KWS Meridian hat in diesem Jahr in Alsfeld einen überdurchschnittlichen Ertrag (107 Prozent) im Prüfsortiment eingefahren. Im Durchschnitt der drei Jahre konnte die Züchtung ebenfalls überzeugen (105 Prozent) und kann daher für den Anbau empfohlen werden. Die pflanzenbaulichen Eigenschaften wie Halmlänge und -stabilität, Pflanzengesundheit und Winterfestigkeit sind ausgewogen. Titus ist langstrohig, standfest und blattgesund, neigt jedoch zum Ährenknicken. Im Vergleich mit der Bezugsbasis lieferte sie 2017 überraschend ein sehr schlechtes Ergebnis (88 Prozent), im drei und auch im fünfjährigen Vergleich aller hier beschriebenen Sorten einen befriedigenden Durchschnittsertrag (97 Prozent).

KWS Keeper wurde 2017 im vierten Jahr geprüft und hat in diesem Jahr wie auch im Durchschnitt der letzten drei Jahre das gute Ertragspotenzial (99 Prozent) bewiesen. Langstrohig, winterhart und relativ blattgesund kann sie für den Anbau empfohlen werden. California ist eine weitere, jedoch zweizeilige Sorte, deren dreijähriges (2015 bis 2017) Ertragsmittel (106 Prozent) überzeugt. Zweifellos eine Überraschung, dass eine zweizeilige Sorte mit den mehrzeiligen mehr als mithalten kann. Für den Anbau zu empfehlen. Quadriga gilt als ertragsstarke Sorte und konnte dies in drei Prüfjahren auch belegen. Die Züchtung weist eine ausgewogene Blattgesundheit auf und ist langstrohig. Eine vielversprechende Sorte, die für den Anbau zu empfehlen ist. Die ebenfalls zum dritten Mal geprüfte Sorte SU Ellen war im Schnitt der letzten drei Jahre im Ertrag gut (101 Prozent). Sie ist nur mittellang, weist ansonsten aber – bis auf ihre Anfälligkeit zum Ährenknicken und für Zwergrost – ein ausgewogenes Portfolio bei den wichtigsten Anbaueigenschaften auf.

Anbautipps zur Wintergerste

Wintergerste hat im Vergleich zu anderen Wintergetreiden einen früheren N-Bedarf: im Herbst wegen des frühen Saattermins (Ende September) und im Frühjahr aufgrund der raschen Pflanzenentwicklung zu Vegetationsbeginn. Da die Position nach Kleegras gewöhnlich an deckungsbeitragsstarke Kulturen wie Winterweizen oder Kartoffeln vergeben ist, empfiehlt sich eine unkrautunterdrückende und N-liefernde Vorfrucht wie zum Beispiel ein Wintererbsen-Triticale-Gemenge; auch früh geerntete Kartoffel­flächen eignen sich. Durch die frühe Saat vermag Wintergerste den Reststickstoff dieser Vorfrüchte im Herbst gut zu konservieren. Je nach Vorfrucht und Verfügbarkeit organischer Dünger kann eine Düngung – beispielsweise mit Gülle – zu Vegetationsbeginn sinnvoll sein. Neben der Wahl der Vorfrucht muss großes Augenmerk auf die Bereitung eines gleichmäßigen und nicht zu feinen Saatbetts gelegt werden. Auf ein „Reinschmieren“reagiert die Gerste sehr empfindlich. Der Saattermin sollte nicht später als die erste Oktoberdekade sein. Ein Vorteil der frühen Saat ist die Abpufferung von Arbeitsspitzen – auch durch die frühe Ernte. Ein zeitiges Räumen der Wintergerste erlaubt eine intensive Stoppelbearbeitung zur Bekämpfung von (Wurzel-)Unkräutern, die Etablierung einer Zwischenfrucht oder die Ansaat von Feldfutter. Die frühe Saat (optimal: Ende September) wird in den meisten Fällen mindestens einen Striegelgang (ab 3-Blatt-Stadium) erforderlich machen. Auch Blindstriegeln ist ratsam, wenn vor Auflaufen der Gerste das Unkraut gerade im sogenannten Fädchenstadium auftritt. Diese Einsätze sollten sehr sorgfältig durchgeführt werden, schon allein deswegen, weil der Striegeleinsatz im folgenden Frühjahr keineswegs immer Erfolg verspricht, da die meisten Unkrautarten dann meist schon ihre empfindlichen Stadien überwunden haben. Der Striegel oder auch eine Sternrollhacke können aber im Frühjahr eine vorteilhafte, weil den Boden belüftende Wirkung haben. Der Einsatz sollte bei verkrusteten Böden zu Vegetationsbeginn in Betracht gezogen werden.

Wintertriticale erfreut mit guten Erträgen

Die Anbaufläche mit Öko-Triticale ist zuletzt stetig angestiegen und liegt mittlerweile in Hessen fast auf dem Niveau von Winterroggen. Die wachsende Bedeutung der Tierhaltung mit mehr Geflügel- als auch schweinehaltenden Ökobetrieben dürfte hierfür der Grund sein. Triticale bringt vom Weizen den Ertrag und vom Roggen die Gesundheit mit. Als langstrohige und relativ anspruchslose Getreideart mit hohem Futterwert eignet sie sich gut für den Anbau in Ökobetrieben. Als Bezugsbasis der vorliegenden Ertragsergebnisse der Öko-LSV dienen die relativ wenig von Gelbrost befallenen Sorten Cosinus, Tulus und Adverdo. Auf den mittleren Ertrag dieser beiden mehrjährig geprüften Sorten beziehen sich die angegebenen Relativwerte in den drei Prüfjahren.

Die Triticale-Sorten im Ãœberblick

Cosinus schnitt in drei von fünf Prüfjahren im Ertrag besser ab als Tulus, nur 2015 war sie deutlich unterlegen, als ihr der Gelbrost offenbar stärker zusetzte. Laut Bundessortenamt ist Cosinus anfälliger für Gelbrost als Tulus. Die Blattgesundheit ist ansonsten sehr gut. Cosinus ist erfreulich lang, aber recht lageranfällig. Die Sorte Tulus ist recht lang, sehr blattgesund und drosch im Schnitt der letzten drei Prüfjahre geringfügig besser als Cosinus. Sie ist aber winterhärter und neigt weniger zum Lagern und wird auch weniger von Gelbrost befallen. Die 2012 erstmalig zugelassene Sorte Adverdo erzielte 2015 einen hervorragenden Ertrag, während sie in den beiden weiteren Prüfjahren schlechter als Cosinus und Tulus drosch. Diese sehr kurze Sorte ist bis auf ihre ausgeprägte Anfälligkeit für Mehltau sehr blattgesund und außerdem sehr winterhart. Sorte Securo ist sehr langstrohig, aber auch recht lageranfällig. Sie gilt laut Beschreibender Sortenliste als eher gering gelbrostanfällig. 2015 zeigte sie zwar gut sichtbare Befallssymptome, reagierte aber nicht mit Ertragseinbußen. Im vierten Prüfjahr drosch sie erstmalig deutlich über dem Durchschnitt. Rhenio und Tantris treten unter den fünf dreijährig geprüften Sorten beim Ertrag positiv (jeweils 103 Prozent) in Erscheinung. Rhenio ist seit 2014 zugelassen, sehr kurz und neigt etwas zum Lager. 2017 schnitt sie deutlich über dem Durchschnitt ab. Die Sorte wies 2015 noch den zweihöchsten Ertrag nach Adverdo und Sorte Tantris auf. Sorte Tantris ist ebenfalls kurz aber deutlich blattgesünder und lagerstabiler als Rhenio. Nach enttäuschender Leistung 2016 überzeugte Tantris 2017 mit weit überdurchschnittlichem Ertrag. Die erstmals geprüften, Sorten Salto, Lombardo und Barolo vermochten nicht zu überzeugen. Weitere Prüfjahre müssen abgewartet werden.

 – LW 35/2017