Gegen eine vorsorgliche Anpassung

Schweinefleisch ist zu einem Politikum geworden. In immer mehr Kindertagesstätten, Mensen und Kantinen verzichten die Betreiber pauschal auf das Angebot, weil Muslime es nicht essen dürfen. Je städtischer, desto eher wird auf Schweinefleisch verzichtet. Stand bislang insbesondere bei der Kinderversorgung die Frage, ob bio oder konventionell im Vordergrund, so kommt der Diskussion mit oder ohne Schweinefleisch mit dem Zuzug von Migranten eine immer größere Bedeutung zu. Für Kantinenbetreiber ist es dabei am einfachsten, auf Schweinefleisch ganz zu verzichten und andere Fleischgerichte neben einem vegetarischen Gericht anzubieten.

Es gibt auch Gegenreaktionen, die wie in Dänemark allerdings übers Ziel hinaus schießen. Hier stimmte eine Gemeindevertretung kürzlich dafür, Schweinefleisch in Kindergärten zur Pflicht zu machen, um ein Zeichen zur Bewahrung der dänischen Esskultur zu setzen.Doch niemandem sollte vorgeschrieben werden, was er zu essen hat. Das haben die Grünen einmal mit ihrer Initiative für einen Veggie-Day versucht und sind damit zu Recht auf die Nase gefallen. Dennoch sollten die für die Gemeinschaftsverpflegung Verantwortlichen nicht aus vorauseilendem Gehorsam auf das hochwertige Nahrungsmittel Schweinefleisch verzichten. Bundeskanzlerin Merkel hat dies kürzlich in einem Zeitungsinterview so gesagt: „Wenn 60 Prozent der Eltern in einer Kita Vegetarier wären und nicht wollten, dass ihr Kind Fleisch isst, und die anderen Kinder deshalb auch kein Fleisch mehr bekämen, fände ich auch das eine falsche Einschränkung.“ Und Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt hat sich kürzlich richtigerweise gegen eine vorsorgliche Anpassung und für mehr Kreativität im Umgang mit kulturellen Gewohnheiten ausgesprochen. Das kann heißen, dass mehr Gerichte inklusive Schweinefleisch angeboten werden oder derjenige, der es nicht mag, auf eine vegetarische Speise ausweicht, die ja in der Regel angeboten wird.

Insgesamt wird sich – wie bisher schon – der Anteil der einzelnen Fleischsorten am Gesamtverzehr weiter ändern. Die Bauern werden auch künftig den insgesamt eher wachsenden Fleischkonsum, der ja auch mit der Migration kommt, bedienen.

Mohr – LW 10/2016