Mit wenigen Klicks zum Behandlungstermin

Cercospora-Prognose mit CERCBET1

Die Blattfleckenkrankheit Cercospora beticola ist in den deutschen Zuckerrübenanbaugebieten mit Regelmäßigkeit anzutreffen. Insbesondere in den süddeutschen Anbauregionen verursacht sie infolge schwerer Epidemien hohe Ertragsverluste. Seit den Neunzigerjahren lässt sich dort eine kontinuierliche Verfrühung des Erstauftretens beobachten. Tritt die Krankheit schon sehr früh in Erscheinung, ist das Schadpotenzial besonders hoch.

Starkbefall mit Cercospora-Blattflecken.

Foto: Schmitt

Die dCercospora-Regulierung erfolgt vorwiegend durch Fungizide. Die Bekämpfungszeitpunkte richten sich nach dem summarischen Bekämpfungsschwellensystem, das seit 2004 in allen deutschen Rübenanbaugebieten Anwendung findet. Die kalendergebundenen Schwellenwerte orientieren sich dabei an der Befallshäufigkeit (BH) der Blattkrankheiten im Rübenbestand.

Für die erste Behandlung gilt ein Schwellenwert von 5 Prozent BH ab dem Krankheitsauftreten bis Ende Juli. Ab dem 1. August bis zum 15. August gilt ein Schwellenwert von 15 Prozent BH. Tritt die Cercospora erst nach dem 16. August und damit sehr spät auf, ist ihr Schadpotenzial deutlich geringer, und der Schwellenwert für die Erstbehandlung sollte bei 45 Prozent BH terminiert werden. Für Folgeapplikationen gelten regionsabhängige Schwellenwerte von 15 beziehungsweise 45 Prozent BH, unabhängig vom Datum. Um die Befallshäufigkeit im Bestand korrekt zu ermitteln, sollten pro Schlag mindestens 100 zufällig gewählte Rübenblätter aus dem Bereich des mittleren Blattapparats kontrolliert werden.

Die Anwendung der Schwellenwerte setzt eine rechtzeitige und regelmäßige Begehung und Kontrolle der eigenen Zuckerrübenschläge voraus.

Ein Vorgehen, das notwendig, aber auch auf zeitintensiv ist.

Den richtigen Zeitpunkt für die Feldkontrolle finden

Digitale Prognosemodelle und Entscheidungshilfesysteme (EHS) sind ein zentrales Element des integrierten Pflanzenschutzes und tragen unter anderem dazu bei, den zeitlichen Aufwand für Bestandeskontrollen so gering wie möglich zu halten. Auf der Online-Plattform isip.de finden sich zahlreiche EHS zur Planung von Monitoringmaßnahmen in einer Vielzahl von Kulturen.

Durch die Prognose des Erstauftretens mit dem EHS CERCBET1 (auf isip.de, Entscheidungshilfen Hackfrüchte Zuckerrüben Cercospora Erstauftreten) kann mit hoher Wahrscheinlichkeit berechnet werden, wann erste Symptome der Cercospora im eigenen Bestand zu erwarten sind. Für die Berechnung sind nur wenige Eingaben erforderlich. Die Angabe des Aussaatdatums sowie die grobe Einschätzung des Vorjahresbefalls reichen aus, um die individuelle Prognose zu starten. Über die Verortung des eigenen Schlages in einer Karte kann das System auf quadratkilometergenaue Wetterdaten zugreifen, die der Berechnung zugrunde gelegt werden. Das Prognoseergebnis wird sowohl tabellarisch als auch grafisch zurückgegeben.

Dem tabellarischen Output sind zwei wesentliche Termine zu entnehmen: Der Termin, an dem ein Erstbefall möglich ist, und der Termin, an dem eine Feldkontrolle stattfinden sollte. Die Prognose des Erstbefalls richtet sich vorwiegend an die Beratungskräfte der Pflanzenschutzdienste. Sie gibt wichtige Anhaltspunkte zum Start der landesweiten Schaderregerüberwachung. Die aktuellen Ergebnisse dieses Monitorings lassen sich ebenfalls komfortabel über isip.de abrufen und einsehen, um einen noch besseren Überblick über die Befallssituation in der Region zu erhalten.

Die Prognose des Aufrufs zur Feldkontrolle hingegen richtet sich an die Praxis. Zu diesem Termin weisen bereits 50 Prozent der Zuckerrübenfelder innerhalb der Region erste Symptome auf und die Wahrscheinlichkeit, dass auch die eigenen Flächen einen ersten, feststellbaren Befall aufweisen, steigt, sodass sich eine Bestandeskontrolle empfiehlt.

Verlauf der Epidemie verfolgen und Behandlungen terminieren

Auch der weitere Verlauf der Cercospora-Epidemie kann durch ein Prognosemodell abgebildet werden. Hierfür wird auf isip.de das EHS CERCBET3 angeboten. Anders als bei CERCBET1 sind hier mehr Angaben durch den Anwender erforderlich. Neben den Wetterdaten und den bereits für CERCBET1 getätigten Eingaben benötigt das EHS Informationen zur Fruchtfolge (eng/weit), der Beregnung (ja/nein), dem Anbauverhältnis in der Region (4 Kategorien) sowie der angebauten Sorte (Auswahl aus Liste). Darüber hinaus sind zum Start der Berechnungen der Termin des festgestellten Erstbefalles sowie die Höhe des Erstbefalls (Prozent Befallshäufigkeit) einzugeben.

Das EHS prognostiziert anschließend schlagspezifisch den Epidemieverlauf und somit den Termin, an dem die derzeit gültige Bekämpfungsschwelle voraussichtlich überschritten ist. Es berechnet dazu im Hintergrund einen Infektionsdruckindex. Dieser Index bildet die Bedingungen für Sporulation, Inkubation und Infektion ab und dient als Parameter zur Erfassung des witterungsbedingten Infektionsdrucks über einen definierten Zeitraum.

Das Prognoseergebnis wird sowohl tabellarisch als auch grafisch dargestellt. Während der Tabelle unter „Empfehlung“ eine klare Handlungsempfehlung zu entnehmen ist, kann in der Grafik auch der prognostizierte tägliche Befallsfortschritt abgelesen werden. Der Umsetzung einer geplanten Fungizidmaßnahme sollte jedoch stets eine Feldkontrolle vorausgehen, um die Notwendigkeit der Behandlung sicherzustellen. Wurde eine Behandlung durchgeführt, ist dies im System entsprechend mit Datum und eingesetztem Präparat (Auswahl aus Liste) anzugeben. Das EHS berechnet anschließend den schlagspezifischen Befallsverlauf der Cercospora unter Berücksichtigung der wirkstoffspezifischen Fungizidwirkung.

Das EHS für die Planung und Optimierung der Fungizidbehandlungen nach den etablierten Bekämpfungsschwellen steht der Praxis bereits seit vielen Jahren online zur Verfügung. Mit den kalendergebundenen Schwellenwerten kann jedoch nicht immer flexibel genug auf die sich jährlich stark unterscheidenden Befallsverläufe reagiert werden. Insbesondere bei früh auftretendem Erstbefall und der Ausrichtung der Folgeapplikation nach dem geltenden Schwellenwert von 45 Prozent BH kann eine epidemische Entwicklung der Krankheit zum Teil nicht mehr verhindert werden.

Alternative Bekämpfungsschwelle auf Basis des BZE?

Im Rahmen eines durch die Südzucker AG initiierten und geförderten Projektes wurde daher versucht, eine neue Bekämpfungsschwelle für Folgebehandlungen gegen C. beticola zu entwickeln. Sie stützt sich auf eine Korrelation zwischen dem von CERCBET3 berechneten, witterungs- und standortabhängen Infektionsdruckindex (IPI) und dem Verlust des Bereinigten Zuckerertrags (BZE-Verlust). Die Korrelation zwischen dem dimensionslosen IPI und dem BZE ermöglicht es, die Bekämpfungsschwelle an dem zu erwartenden BZE-Verlust zu orientieren, wodurch die starren, datumsgebundenen Schwellenwerte entfallen.

Da es sich bei der Entwicklung um eine Modellerweiterung von CERCBET3 handelt, trägt das EHS entsprechend die Bezeichnung „CERCBET3+“. Die Erstbehandlung richtet sich bei diesem Ansatz nach wie vor nach den etablierten Schwellenwerten auf Basis der Befallshäufigkeit (5/15/45 Prozent). Für die Folgebehandlungen wurde zunächst ein Bekämpfungsschwellenwert von 1 Prozent BZE-Verlust zugrunde gelegt. Mit dem neuen Schwellenwert wird angestrebt, den relativen BZE-Verlust bei bis zu drei Behandlungen auf ein Niveau von 2 Prozent zu begrenzen. Auch hier wird sowohl ein tabellarischer als auch ein grafischer Output angeboten.

Projekt „ValiProg“ überprüft und optimiert EHS

Der neue Bekämpfungsschwellenansatz wird seit 2016 jährlich im Rahmen von Validierungsversuchen an mehreren Standorten, vorwiegend in süd- und ostdeutschen Anbaugebieten überprüft. Insgesamt wurden 35 Versuche von den Arbeitsgemeinschaften (Südwest, Franken, Regensburg, Zeitz) durchgeführt. Aber auch im Projekt „ValiProg“ (gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft), das sich der Überprüfung und Optimierung von EHS widmet, wurden und werden weiterhin entsprechende Versuche durchgeführt. Die mindestens dreigliedrigen Validierungsversuche umfassen stets eine unbehandelte Kontrollvariante, eine nach den gültigen Bekämpfungsschwellen (5/15/45 Prozent) behandelte Variante sowie eine nach CERCBET3+ behandelte Variante in 4-facher Wiederholung.

Im Zuge der Validierung wurde der Ansatz zahlreichen Anpassungen unterzogen und schließlich mit zwei Grundeinstellungen (High Risk / Low Risk) versehen, die am Standort auszurichten sind. Wird das EHS auf einem Standort angewendet, der in der Vergangenheit nur moderaten beziehungsweise gut zu kontrollierenden Cercospora-Befall aufwies, so kann die „Low Risk“-Variante des Modells eingesetzt werden. Der Behandlungstermin orientiert sich dann an der 1 Prozent BZE-Verlust-Schwelle. Gilt es, den Befall auf einem Standort zu kontrollieren, der regelmäßig stark von Cercospora befallen wird, sollte zur Terminierung der Maßnahmen die „High-Risk“-Einstellung gewählt werden. Sie richtet sich bei der Zweitbehandlung nach einem niedrigeren Schwellenwert von 0,5 Prozent BZE-Verlust und wendet erst ab einer potenziellen Drittbehandlung den ursprünglichen Schwellenwert von 1 Prozent an.

Die Auswertung der Validierungsversuche zeigte, dass das angestrebte Ziel von maximal 2 Prozent BZE-Verlust im Mittel der Versuche durch den Einsatz der alternativen Bekämpfungsschwelle erreicht werden konnte. Dabei wurde durch den Einsatz von CERCBET3+ gleichzeitig meist eine Behandlung im Vergleich zum geltenden Bekämpfungsschwellenansatz eingespart.

Bisher steht CERCBET3+ noch einem eingeschränkten Nutzerkreis zum Test zur Verfügung. Dieser umfasst im Wesentlichen die Beratungskräfte der Pflanzenschutzdienste der Länder. Nach abgeschlossener und erfolgreicher Überprüfung soll aber auch dieses EHS zeitnah seinen Weg in die Praxis finden.

Juliane Schmitt, Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen im und Programme im Pflanzenschutz (ZEPP), Bad Kreuznach – LW 24/2023