Die Wirkungsprobleme nehmen weiter zu

Aktueller Stand der Herbizidresistenz bei Ungräsern

Seit 2006 werden in Rheinland-Pfalz Samen von Ungräsern auf Flächen gesammelt und untersucht, bei denen der Verdacht auf eine Herbizidresistenz besteht. Mittlerweile werden Ackerfuchsschwanz, Windhalm und Flughafer regelmäßig getestet. Weitere Arten (Trespen, Kamille, Klatschmohn, Vogelmiere) werden bei Bedarf in die Testung mit aufgenommen. Über den aktuellen Stand berichtet Dr. Bernd Augustin vom DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück.

Der Biotest ist aufwändig, aber bisher die einzige Möglichkeit, alle Resistenzen zu finden und festzu­stellen, welche Wirkstoffe noch wirksam sind.

Foto: Dr. Augustin

Gängiges Verfahren ist der Biotest, mit dem alle Formen der Resistenz (metabolische und Wirkortresistenz) zweifelsfrei nachgewiesen werden können. Nur mit Hilfe dieser zeit- und kostenintensiven Untersuchung kann geklärt werden, welche Präparate auf betroffenen Flächen künftig noch Erfolg versprechend eingesetzt werden können. Dazu werden im Gewächshaus aus Samenproben Pflanzen herangezogen und mit ausgewählten Herbiziden behandelt. Bleibt die Wirkung unzureichend, obwohl eine bekannt sensible Herkunft erwartungsgemäß auf die Behandlungen reagiert, handelt es sich zweifelsfrei um Herbizidresistenz. Bei dieser Vorgehensweise ist sichergestellt, dass es sich bei der festgestellten Widerstandsfähigkeit um eine vererbte Eigenschaft der Pflanzen geht, wie sie per Definition für Resistenzen festgeschrieben ist. Zur besseren Übersichtlichkeit werden die Ergebnisse nachfolgend in drei Gruppen unterteilt:

  • + = schwache Resistenz
  • ++ = mittlere Resistenz
  • +++ = hohe Resistenz

Bei Ackerfuchsschwanz fast alle Verdachtsproben bestätigt

In knapp 90 Prozent der 32 Ackerfuchsschwanz-Verdachtsproben des Jahres 2016 war Herbizidresistenz nachweisbar. Am häufigsten waren Resistenzen gegen die ACCase-Hemmer (A) Ralon Super und das normalerweise leistungsstärkere Axial zu verzeichnen. Das bedeutet, dass wenn Wirkungsprobleme bei Ackerfuchsschwanz wahrnehmbar werden, in der Regel alle FOP`s betroffen sind. Seit 2012 werden regelmäßig auch Standorte mit DIM-Resistenzen gefunden. Der Anteil betroffener Herkünfte hat sich deutlich gesteigert auf mittlerweile knapp 30 Prozent gesteigert. Das ist ein sicherer Hinweis darauf, dass neben der bislang vorherrschenden metabolischen Resistenz, die Targetsite-Resistenzen rasch zunehmen. Unter den Sulfonyharnstoffen (B) sind beim Flupyrsulfuron (Lexus) mittlerweile Wirkungsprobleme feststellbar, die mit den FOP´s vergleichbar sind. Die höchste Wirkungssicherheit entfalten noch die Präparate Atlantis und Attribut. Dennoch: bei einem Drittel der Herkünfte waren 300 g Atlantis im Frühjahr nicht mehr ausreichend wirksam. Im Vergleich zu den Vorjahren fällt der weiter steigende Anteil an Ackerfuchsschwanz-Herkünften mit Kreuzresistenzen auf (Minderwirkung gegen mindestens zwei verschiedene ALS-Hemmer gleichzeitig). Bei knapp 2/3 der Ackerfuchsschwanzproben waren Kreuzresistenzen bei den ALS-Hemmern zu beobachten. Neben Lexus ist ein zunehmender Anteil mit Resistenzen gegen Broadway zu verzeichnen. Bei einem Drittel der Herkünfte war bereits eine breite Kreuzresistenz gegenüber Sulfonylen feststellbar. Dies lässt auf eine zunehmend einseitige Anwendung von Sulfonylharnstoffen schließen, die einen entsprechenden Selektionsdruck verursacht.

Minderwirkungen gegen IPU (C) sind im Gewächshaus bekanntlich schwer zu beurteilen, weil die Wirkung erheblich besser ist als im Freiland. Die Ergebnisse des diesjährigen Biotestes lassen (wie bereits 2015) den Schluss zu, dass IPU-Resistenzen häufiger sind als bisher wahrgenommen. Insgesamt scheinen sich die Wirkungsprobleme von Gräserherbiziden gegen Ackerfuchs-schwanz weiter zu verstärken. Häufig sind alle FOP´s betroffen, gleichzeitig steigt der Anteil der DIM-Resistenzen und die Minderwirkungen gegen ALS-Hemmer dehnen sich aus. Besonders bedenklich ist die Tatsache, dass bei 2/3 der untersuchten Herkünfte multiple Resistenzen nachgewiesen wurden, d.h. es sind mehrere Wirkmechanismen betroffen. Bei etwa 25 Prozent der Proben ist die Resistenzentwicklung so weit fortgeschritten, dass der Ackerfuchsschwanz im Frühjahr praktisch nicht mehr zu kontrollieren ist.

 – LW 14/2017