Die Züchtung soll Potenziale erschließen

Dinkel-Test zeigt große Qualitätsunterschiede

Hoher Ertrag, Standfestigkeit und Resistenz gegen Krankheiten: Beim Anbau und der Züchtung von Dinkel haben diese Kriterien bislang Vorrang. Doch diese Prioritätensetzung vernachlässigt die Anforderungen der Bäcker, so das Ergebnis des bislang größten Dinkeltests aller Zeiten mit 160 Dinkelsorten, dessen Auswertung die Universität Hohenheim in Stuttgart jetzt vorlegt. Denn dadurch halten sich bislang auch Sorten mit schlechter Backqualität im Markt.

Bei vielen Dinkelsorten lässt die Backqualität deutlich zu wünschen übrig.

Foto: agrarfoto

Wie die Universität Hohenheim in einer Pressemeldung mitteilt, zeigen die Ergebnisse auch, dass Neuzüchtungen möglich sind, die erstklassige Anbau- und Backeigenschaften vereinigen. Im Rahmen des Dinkelversuchs entwickelten die Forscher mehrere Schnelltests, mit denen Müller, Bäcker und Nudelproduzenten die Backqualität schon beim Dinkeleinkauf beurteilen können.

Kleines Sortiment, aber große Qualitätsunterschiede

Zwischen 150 verschiedenen Weizensorten könne der deutsche Landwirt jedes Jahr zur Aussaat auswählen, aber nur rund 15 Dinkelsorten stünden zur Verfügung. Trotz der kleinen Anzahl schwankten die Backeigenschaften aber sehr stark zwischen diesen Sorten. Nur hat man hat diese Unterschiede bisher kaum beachtet, so Dr. Friedrich Longin von der Landessaatzuchtanstalt an der Uni Hohenheim. Man könne daher noch viel Potenzial ausschöpfen. In einem groß angelegten Versuch hat er deshalb 160 Dinkelsorten getestet: Vom traditionsreichen Oberkulmer Rotkorn bis zur modernen Sorte Zollernspelz. Angebaut an drei Standorten in Baden-Württemberg, wurden aus den Dinkelsorten insgesamt 600 Proben ins Backlabor geschickt und dort getestet – mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen.

Backeigenschaften reichen von sehr gut bis sehr schlecht

Was die Backqualität betrifft, klaffen der Uni-Mitteilung zufolge die Eigenschaften von Dinkel erstaunlich weit auseinander: „Von sehr schlechten bis sehr guten Backeigenschaften war alles dabei und zwar bei alten Traditionssorten ebenso wie bei modernen Züchtungen“, wird Dr. Longin zitiert. Bisher hätten zu den meisten Dinkelsorten lediglich Erkenntnisse zu Ertrag und Krankheitsresistenz vorgelegen. Doch dank der Erkenntnisse des Tests sei nun auch noch die Backqualitäten der einzelnen Sorten bekannt. Somit ließen sich die positiven Backeigenschaften gezielt mit den positiven Anbaueigenschaften kombinieren – für bessere Backeigenschaften bei gleichbleibend hohem Ertrag und weniger Anbaurisiko. Hier setzt Dr. Longin auf den Einsatz der Züchter.

Backeigenschaften sollten bei Sortenzulassung getestet werden

Den Grund dafür, dass manche Dinkelsorten trotz schwacher Backeigenschaften immer noch angebaut werden, vermutet der Getreide-Experte in der Produktionskette: Sie beginnt beim Landwirt, der bei der Auswahl der angebauten Sorte andere Eigenschaften im Blick hat als Müller und Bäcker. Die Hohenheimer fordern daher, gerade die Backeigenschaften früher zu bewerten. Extrem schwache Sorten sollten gar nicht erst auf den Markt kommen. Idealerweise sollten diese Backeigenschaften bei der Sortenzulassung beim Bundessortenamt mit den Anbau-Eigenschaften mitgetestet und bei erfolgreicher Sortenzulassung dann auch dem gesamten Markt berichtet werden, heißt es weiter. „Dann wüsste die gesamte Branche Bescheid, welche Sorten sich für welche Art von Produkten eignen, ohne dass jedes Glied in der Produktionskette sich diese Kenntnis selber erarbeiten muss“, so Dr. Longin.

Umfassende Ergebnisse und einfach anzuwendende Tests

Mit zwei Ansätzen wolle der Versuch helfen, Züchtern und Landwirten ebenso wie Müllern und Bäckern mehr Information über die Backeigenschaften zu liefern. Zum einen wären da die Versuchsergebnisse zu den 160 Dinkelsorten. „Zum ersten Mal haben wir für eine so große Zahl an Sorten umfassende Ergebnisse zu Ertrag, Standfestigkeit und Gesundheit ebenso wie zu den Backeigenschaften,“ betont Dr. Longin die Bedeutung des Versuchs. Zum anderen erlaubten es einige der angewendeten Tests, Qualität und Backeigenschaften an jedem Punkt der Produktionskette zu testen. Der Versuch basiere auf einer Reihe von Tests; einige davon sagten bei geringem Aufwand bereits viel über die Backqualität einer Sorte aus. Besonders zwei Tests sollten zum Einsatz kommen: Ein sogenanntes Extensogramm, bei dem die Dehnbarkeit des Teiges maschinell geprüft wird. Als etwas schnellere Methode, die bereits an nur wenigen Gramm Mehl funktioniert, reiche aber auch eine Prüfung der Proteinqualität mittels Sedimentationswert.

LW – LW 18/2017