20 Prozent weniger düngen – geht das im Gemüsebau?

Suche nach Lösungen für die Ansprüche der Gesellschaft

„Der Handel wird kein einziges gelbes Blatt aktzeptieren“, brummt ein Anbauer beim Anblick des Blumenkohlversuches vor sich hin. Bisher werden in der Vorderpfalz auf 19 000 ha hochwertige Gemüsekulturen mit Hilfe der Bewässerung und fachgerechter Düngung produziert. Angesichts der Einschränkung im Pflanzenschutzportfolio und der angekündigten Verringerung der Stickstoffzufuhr von 20 Prozent durch die neue Düngeverordnung ab 2020, wird es eine große Herausforderung, vermarktungsfähige Ware anzubauen.

Hier beim Chinakohl ist der Stickstoffmangel in allen Varianten an den äußeren Blättern klar zu erkennen. Keine der Varianten hat das Zielgewicht von einem Kilogramm erreicht, drei Varianten lagen knapp um 50 g darunter, damit ist die Ware nicht zu vermarkten.

Foto: Setzepfand

Dr. Claudia Huth, die am DLR Rheinpfalz das Sachgebiet Bodenpflege, Düngung und Wasserschutz im Weinbau leitet, besuchte den Feldtag Gemüsebau, um über den Tellerrand zu sehen. Beim Versuch zur Düngung in Blumenkohl, den Lothar Rebholz, Wasserschutzberater, den Besuchern vorstellte, bemerkte Huth: „Langfristig muss den Verbrauchern klargemacht werden, dass die hohe Qualität der Produktion unter den gewünschten Bedingungen nicht gehalten werden kann. Dann kommt auch mindere Qualität in die Regale, die auch mal ein gelbes Blatt hat. Das ist eine Kopfsache und muss offensiv beworben werden.“ Jeder Gemüseanbauer müsse mit legalen Mitteln ein Produkt erzeugen können, das vermarktet werden kann, betonte Rebholz.

Im Versuch wurde Blumenkohl gewählt, da dieser besonders hohe Ansprüche an die Stickstoffversorgung hat. Es wird in kurzer Zeit viel Biomasse gebildet und dennoch darf nicht zu viel Stickstoff vorliegen, um Innenbrand und Spaltköpfe zu vermeiden. Der Düngebedarfswert liegt bei 300 kg N/ha. Um der zukünftigen Düngeverordnung in roten Gebieten mit 20 Prozent Stickstoffreduktion gerecht zu werden, wurde der Dünger sehr gezielt platziert, zeitlich portioniert oder mit Biostimulanzien ergänzt. Es wurden die Nmin-Werte bis 60 cm abgezogen, sodass insgesamt 199 kg N/ha zugegeben wurden. Gepflanzt wurde die Sorte Lecanu am 10. Juli, bis Ende August lag ein Kulturschutznetz über dem Bestand.

Mit Biostimulanzien Stickstoffmangel ausgleichen?

Mit der regulären Stickstoffmenge wäre der Blumenkohl deutlich höher und kräftiger, zeigt Wasserschutzberater Lothar Rebholz.

Foto: Setzepfand

Zehn Varianten wurden unterschieden. Blumenkohlanbauer sahen den Pflanzen am Feldtag bereits an, dass dies nichts werden kann und winkten ab. Und auch Rebholz bemerkte, dass die Kultur bei normaler Düngegabe auf 300 kg N/ha viel höher und kräftiger stehen würde. Der Versuch wird weitergeführt und dann dokumentiert, wie schwer und groß die Köpfe werden. In acht der zehn Varianten wurden 36 000 Pflanzen/ha gepflanzt. Vor der Pflanzung wurde eine Grunddüngung mit Kalkammonsalpeter (KAS) durchgeführt. In Variante 1 wurden nur 60 kg N/ha Grunddüngung gegeben und anschließend hat die Beratung ein Mengenkonzept aus dem Gewächshausanbau ausprobiert, in dem jede zweite Woche die Menge Stickstoff gegeben wurde, die für das Wachstum in den folgenden Wochen benötigt werden. Insgesamt wurden 280 kg N/ha KAS im Band gegeben. In Variante 2 wurden insgesamt 249 kg N/ha als KAS am Band zugegeben. In der Variante 3 wurden auch 100 kg N/ha als Grunddüngung vor der Pflanzung gegeben und anschließend nur noch 99 kg N/ha KAS am Band nach neuer Düngeverordnung mit Abzug der Nmin-Werte bis 60 cm, denn soweit wurzelt Blumenkohl.

Weniger Pflanzen auf die Fläche setzen

Die Variante 4 wurde mit 40 000 Pflanzen/ha bestückt und ansonsten wie Variante 3 gehandhabt. „Damit mussten mehr Pflanzen um die Düngegaben konkurrieren“, sagte Rebholz. Variante 5 wurde mit nur 30 000 Pflanzen/ha, einer Grunddüngung von 100 kg N/ha KAS vor der Pflanzung und 99 kg N/ha als KAS am Band angelegt. „Hier hatten deutlich weniger Pflanzen dieselbe Menge Stickstoff zur Verfügung, so die Ãœberlegungen“, erläuterte Rebholz. In Variante 6 wurde den üblichen 36 000 Pflanzen/ha in einer Grunddüngung die ganze Menge von 199 kg N/ha als Schwefelsaures Ammoniak unter Fuß gegeben. In Variante 7 mit 36 000 Pflanzen/ha wurde die Grunddüngung von 100 kg N/ha vor der Pflanzung, am Pflanztag um das Gießen der Jungpflanzen mit Biostimulanz Happy Green ergänzt, dann wurden 99 kg N/ha als KAS am Band sowie eine zweite Gabe Happy Green mit 1 l/ha am 29. Juli zugegeben. „Wir wollten wissen, ob die Biostimulanzien, die sich im Ackerbau bereits unter Beweis gestellt haben, auch im Gemüsebau Potenzial haben“, sagte Rebholz. Daher wurde in Variante 8 vor der Pflanzung 200 kg/ha Sobac Quaterna Terra UAB eingearbeitet sowie die Grunddüngung von 100 kg N/ha KAS vor der Pflanzung und 99 kg N/ha KAS am Band. In Variante 9 mit 36 000 Pflanzen/ha hat die Beratung, den Einfluss der Ernterückstände von Chinakohl untersuchen wollen. „Bei der Düngebedarfsermittlung rechnen wir mit 500 dt/ha Ernterückstände von Chinakohl, das entspricht 90 kg N/ha, doch pflanzenverfügbar sind nur 45 kg N/ha, die angerechnet werden. Am 29. Juli wurden dann noch 104 kg N/ha als KAS am Band gegeben, sodass insgesamt 249 kg N/ha gedüngt wurden.

Bei Ernteresten ist das C/N-Verhältnis wichtig

Rucola just in time im optimalen Grünton zur Vermarktung zu bringen, ist schon ohne neue Düngeverordnung eine Herausforderung. Blattdünger, die in einem Versuch am Feldtag in Schifferstadt verglichen wurden, sollen dabei helfen.

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In Variante 10 mit 36 000 Pflanzen/ha wurden zu den Ernterückständen noch 100 kg N/ha als KAS vor der Pflanzung eingearbeitet und am 29. Juli 63 kg N/ha als KAS am Band gedüngt. Somit ergaben sich insgesamt 208 kg N/ha. Es zeigte sich in der zehnten Kulturwoche, dass manche Varianten gelbe Blätter aufwiesen und dass die Pflanzen insgesamt zurückgeblieben sind. „Die Variante 9 mit den Chinakohl-Ernteresten steht gerade am besten da“, bemerkte Rebholz, das könne sich jedoch noch ändern, man müsse die Ergebnisse der Ernte abwarten. Auf andere Kulturen könne man schon gar nicht schließen, denn es werde in der Düngebedarfsermittlung das C/N-Verhältnis der Ernterückstände nicht berücksichtigt, das wäre allerdings wichtig für die Verfügbarkeit der Nährstoffe im Boden.

Rebholz machte deutlich, dass ein effektiver Wasserschutz dann gegeben ist, wenn der Bestand eine möglichst hohe Aberntequote von mindestens 85 Prozent erreicht. Unterversorgte Bestände sind nicht zu vermarkten und müssen untergepflügt werden, das führt dann zu hoher Mineralisation und Auswaschung – das sei entgegen dem Wasserschutz.

Ein anderer Versuch in Chinakohl beschäftigte sich mit der Bewässerung und Düngung. Einerseits sollte der Kc-Bewässerungwert für die neue Chinakohl Sorte Sprinkin überprüft werden, andererseits die Auswirkungen der 20 Prozent Düngereduktion in den roten Gebieten dargestellt werden. Stephan Andrae vom DLR Rheinpfalz auf dem Queckbrunnerhof stellte klar, dass es das Ziel sei einen ein Kilogramm schweren Chinakohl zu produzieren, das wären 700 dt/ha. Der Düngebedarfwert von Chinakohl liegt bei 210 Kg N/ha in 0 bis 60 cm Tiefe. Die Bodenproben ergaben Nmin-Werte von 58 kg N/ha in 0 bis 30 cm Tiefe und 27 kg N/ha in 30 bis 60 cm Tiefe, sodass 125 kg N/ha nach jetziger DüV zugegeben werden können. Variante 1 ist die derzeitige Standardvariante in den Anbaubetrieben: 125 kg N/ha KAS vor der Pflanzung. Doch keine der fünf Varianten erreichte das gewünschte Ziel von einem Kilo-Kopf. Die Standardvariante 1 erzielte 953 g/Kopf, am besten schnitt die Variante 7 nach neuer DÃœV mit nur 100 kg N/ha ab. Hier wurde NPK Perfekt im Band gedüngt. Das Durchschnittsgewicht der Köpfe lag bei 961 g. „Die Reduktion der Stickstoffzufuhr erfordert effektivere Dünger. Entec 26, aber vor allem Ammonsulfatsalpeter sind in Chinakohl nicht zu empfehlen“, bemerkte Andrae. Der Geisenheimer Kc-Wert von 0,7 bei BBCH 12, von 1,1 bei BBCH 16 und 1,6 bei BBCH 41 zeigte sich auch bei der neuen Sorte Sprinkin als praxis­tauglich. Die Standardbewässerung erzielte das beste Ergebnis im Ertrag. Bei der minimierten Variante wurzelten die Pflanzen nicht tief genug, sodass nur Köpfe von 859 g erzielt wurden. Der Versuch zeigte aber auch, dass die Wassergaben sehr viel mehr Auswirkungen auf das Wachstum haben, als die Düngegabe, resümierte Andrae.

Rucola ist sehr sensibel, wenn es um gelbe äußere Blätter oder aufgehellte Bestände geht. Das DLR Rheinpfalz hat daher versucht, mit verschiedenen Blattdüngern vermarktungsfähige Ware zu produzieren. Vor allem die Verträglichkeit der Blattdünger wurde überprüft. Dazu wurde das logarithmische Prinzip gewählt, das mit einer Konzentration der fünffachen Aufwandmenge startet und bei klarem Wasser bei 15 m endet. Die Saat der Sorte Primaris fand am 19. August statt. Der Bedarfswert liegt bei 100 kg N/ha. 50 kg N/ha wurden als Grunddüngung gegeben. Die logarithmische Behandlungen mit Blattdüngern fand am 9. September mit jeweils 10 kg N/ha statt, also vier Tage vor dem Feldtag.

Kein Unkraut und kaum die Kultur Petersilie ist zu sehen. Jochen Kreiselmaier (l.) erklärte die Wirkung von Zusatzstoffen zu Bodenherbiziden vor Starkregenereignissen.

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Kerstin Mahler, die Gemüsebauberaterin in Neustadt, fasste zusammen, dass vor allem der Blattdünger Basfoliar Top N SL ein sehr hochverträgliches Produkt ist, das auch bei höherer Dosierung keine Schäden aufweist. Auch Harnstoff kann empfohlen werden, jedoch höchstens mit einer Zielaufwandmenge von 5 kg N/ha. Um zuverlässige Aussagen zu den erprobten Biostimulanzien zu machen, seien weitere Versuche notwendig. Die anderen Blattdünger wie NU Slow 28 (5 kg N/ha), LAT Supremo W29-10-10 (5 kg N/ha), Lebosol Nutriplant 27 (7 kg N/ha) oder Tradit MU (5 kg N/ha) müssen auch in deutlich niedrigeren Konzentrationen, siehe verträgliche Stickstoffmenge in Klammern, angewandt werden, um keine Schäden an den Blättern zu verursachen, eine Gradwanderung.

Halten Zusatzstoffe Herbizide bei Starkregen auf?

Auch am Gemüsebau geht der Klimawandel nicht spurlos vorüber, vor allem Starkregenereignisse führen zu ungewollten Auslagerungen neben Stickstoff, auch von Bodenherbiziden. Um Letzteres zu vermeiden, werden Zusatzstoffe auf dem Markt angeboten, wie Herbosol oder Bostat. Das DLR Rheinpfalz legte einen Versuch an mit der Fragestellung: Kann man mit Hilfe von Zusatzstoffen bei Starkniederschlägen die Wirksamkeit von Bodenherbiziden erhalten? Dazu wurden vier Blöcke mit Möhre, Petersilie, Zwiebel sowie Blumenkohl und Kohlrabi angelegt. Zwischen die Reihen wurde Unkraut gesät, Weißer Gänsefuß, Amaranth, Hirtentäschelkraut, Kamille, Persischer Ehrenpreis, Nachtschatten und Gemeines Kreuzkraut – leider liefen die Unkräuter im Möhren-, Zwiebel- und Petersiliebeet kaum auf, was die Interpretation des Versuches erschwert. In Blumenkohl und Kohlrabi konnte man immerhin Amaranth und Kreuzkraut ausmachen. Jochen Kreiselmaier, Gemüseberater am DLR Rheinpfalz, bemühte sich dennoch, diesen Versuch ins rechte Licht zu rücken. So wurde in Variante 1 die Pflanzung vom 28. August am 4. September mit dem Herbizid Butisan 0,15 l/ha behandelt. In Variante 2 fand die Behandlung mit Effigo 0,35 l/ha und Orefa, ein Spektrumersatz, mit 0,5 l/ha statt. Beide Varianten wurden nach dem gängigen Kc-Wert am Nachmittag der Behandlung bewässert. Die Variante 3 verlief wie Variante 2, nur dass hier am Nachmittag ein Starkregenereignis von 30 mm simuliert wurde. Und in Variante 4 wurde zu den Mitteln der Variante 2 und 3 noch die Zusatzstoffe Herbosol mit 0,60 l/ha und Bostat mit 0,40 l/ha gegeben und anschließend am Nachmittag wieder mit 30 mm stark bewässert. In keiner der Varianten zeigten sich Schäden an der Kultur.

Variante 1 wirkte gut gegen Amaranth, das Kreuzkraut war leicht gehemmt, könnte jedoch wieder durchwachsen. In Variante 2 kräuselten sich die Blätter von Kreuzkraut und Amaranth nach unten. „Geduld“, mahnte Kreiselmaier, denn sowohl Effigo als auch Spektrum seien langsam wirkende Mittel. In Variante 3 und 4 – es ist kein Unterschied zwischen den Varianten zu sehen – zeigen sich die Unkräuter gestaucht, keine Kräuselung. Damit weiß der Fachmann, dass das Mittel Effigo durch den Starkniederschlag ausgewaschen wurde und nur Spektrum zur Wirkung gelangte. Die Zusatzstoffe zeigten in diesem Versuch keinen Effekt.

zep – LW 39/2019