Abends Kohlenhydrate oder Eiweiß?
Nachgefragt bei Dr. Ulrike Freund, Sektion Hessen der DGE
Kohlenhydrate werden oft mit Zucker und Süßigkeiten assoziiert und haben in puncto Kaloriengehalt und Zahngesundheit ein negatives Image. Aber auch Ballaststoffe zählen zu den Kohlenhydraten – und die sind gesundheitsförderlich. Nun hört man auch, dass abends eher eine eiweißbetonte Kost gegessen werden soll. Dr. Ulrike Freund erläutert die aktuellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).
Dr. Ulrike Freund: Grob unterscheiden wir Kohlenhydrate in Einfach-, Zweifach- und Mehrfachzucker (siehe Abbildung). Die Einfach- und Zweifachzucker sind tatsächlich mitverantwortlich für die Kariesentstehung und setzen sich gerne an Bauch und Hüfte als zusätzliche Kilos fest. Einfachzucker, die wir beispielsweise in süßen Getränken und Süßwaren haben, werden sehr schnell aus den Verdauungsorganen ins Blut aufgenommen und treiben den Blutzuckerspiegel in die Höhe. Der Körper schüttet daraufhin Insulin aus. Die Folgen können Heißhungerattacken und Fetteinlagerungen sein.
LW: Und wie werden die Mehrfachzucker bewertet?
Freund: Die Mehrfachzucker, die wir zum Beispiel in Vollkornprodukten und im Gemüse haben, sind ernährungsphysiologisch hochwertig. Sie werden langsam verdaut, stellen so die vom Körper benötigÂte Energie längerfristig bereit und gelten zudem als unverzichtbare Ballaststoffquellen.
LW: Warum sind Ballaststoffe unverzichtbar?
Freund: Wir wissen schon lange, dass Ballaststoffe die Verdauung regulieren. Die kürzlich veröffentlichte sogenannte Kohlenhydrat-Leitlinie der DGE zeigt den hohen Stellenwert auf, den die Ballaststoffe für unseren Körper haben. Regelmäßig verzehrt, können Ballaststoffe einer Reihe von Krankheiten wie Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Dickdarmkrebs und Herz-Kreislauf-Krankheiten vorbeugen. Täglich vermehrt Ballaststoffe, und vor allem die aus Vollkornprodukten, zu essen, ist daher wichtig.
LW: Welche Menge an BallastÂstoffen wird empfohlen?
Freund: Die DGE empfiehlt, mindestens 30 Gramm Ballaststoffe am Tag zu essen. Diese Menge zu erreichen, ist tatsächlich für viele Menschen ein Problem.
LW: Wie kann man die Menge trotzdem erreichen?
Freund: Eine obst- und gemüsebetonte Lebensmittelauswahl und insbesondere die Verwendung von Vollkornprodukten ist entscheidend, um die BallaststoffÂzufuhr zu erhöhen. Die gut nachvollziehbare Empfehlung lautet: Verzehren Sie täglich fünf Portionen Gemüse und Obst und wählen Sie bei Brot, Nudeln und anderen Getreideprodukten die Vollkornvariante! Dabei hilft der Tipp, einzelne ballaststoffarme Lebensmittel gegen ballaststoffreiche Lebensmittel auszutauschen.
LW: Nennen Sie doch bitte Beispiele, was man gut austauschen kann!
Freund: Sehr wasserreiche Gemüse, wie Gurken, Tomaten oder Zucchini, enthalten beispielsweise nur wenige Ballaststoffe. Höhere Anteile weisen Karotten, Kohl, Paprika und Fenchel auf.
Jetzt ist außerdem Beerenzeit. Das Gute daran ist, dass diese Früchte nicht nur gut schmecken, sondern auch extrem ballaststoffÂreich sind. Sie sind zwar saisonal nur kurze Zeit verfügbar, aber auch Tiefkühlware ohne Zuckerzusatz ist zu empfehlen. Nachtisch mit Fruchtsoßen oder roter Grütze sind lecker und verbessern die Ballaststoffbilanz.