Agrarkommissare auch Kinder ihres Landes

In diesen Tagen werden die Kandidaten, die die gewählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Besetzung der Kommission vorgeschlagen hat, von den EU-Parlamentariern „gegrillt“, das heißt nach ihrer politischen Ausrichtung, ihren Plänen, aber auch nach ihrer politischen und persönlichen Vergangenheit befragt. Ob der Kandidat für das Agrarressort, der Pole Janusz Wojciechowski dabei heil herauskommt, ist auch aufgrund einer unkorrekten Reisekostenabrechnung nicht sicher.

Das Amt des Agrarkommissars ist gleichwohl von weitreichender Bedeutung für die landwirtschaftlichen Betriebe. Er gibt durch sein Vorschlagsrecht die Richtung für die gemeinsame Agrarpolitik sehr weitgehend vor, natürlich immer eingebettet in ein politisches und wirtschaftliches Umfeld, aber durchaus auch beeinflusst durch die nationale Herkunft. So führte Raymond MacSharry, der 1992 die Interventionspreise abschaffte und durch Flächen- und Tierprämien – allerdings nur teilweise – ausgleichte, eine Ochsenprämie ein, von der vor allem seine irischen Viehhalter profitierten. Der Österreicher Franz Fischler, der die entkoppelte Flächenprämie einführte, stärkte die Agrar­umweltmaßnahmen, die für sein Heimatland sehr passend sind. Mariann Fischer Boel aus dem sehr exportorientierten Dänemark steuerte einen wirtschaftsliberalen Kurs, während ihr Nachfolger, der Rumäne Dacian Ciolos, die kleinen Betriebe mit der Kleinerzeugerregelung und der Aufstockung der ersten Hektare bei den Direktzahlungen stärkte. Phil Hogan schließlich trat an, um unter anderem die Bürokratie zu mindern, gemerkt hat man davon bislang nichts. Vielmehr würde mit seinen Vorschlägen die Gemeinsame Agrarpolitik ein Stück weit nationaler werden. Seine irische Herkunft lässt sich daraus allerdings nicht ablesen.

Janusz Wojciechowski hat sich jetzt für eine obligatorische Kappung und Umverteilung der Direktzahlungen zugunsten kleiner und mittlerer Betriebe ausgesprochen. Das würde nationalen Interessen Polens entgegenkommen. Entscheidender dürfte aber sein, wie er oder gegebenenfalls ein anderer polnischer Agrarkommissar mit der Frage der Angleichung der Zahlungen innerhalb der EU-Länder umgeht.

Cornelius Mohr – LW 40/2019