Agrarkompetenz in Hessen

Die vier landwirtschaftlichen Fachschulen im Ãœberblick

Vier landwirtschaftliche Fachschulen gibt es in Hessen. Jede dieser vier Schulen hat ihren Stellenwert. Für viele Junglandwirte ist dabei oft die zentrale Verkehrsanbindung ein wichti­ges Auswahlkriterium, um die Schulstandorte von den landwirtschaftlichen Betrieben aus gut erreichen zu können. So kommt es, dass Fachschulen in Hessen, beispielsweise in Fritzlar, auch von Junglandwirten aus Nordrhein-Westfalen beziehungsweise aus Südniedersachsen besucht werden.

Fachschüler bei der intensiven Bearbeitung betrieblicher Daten im Rahmen ihrer betriebswirtschaftlichen Hausarbeit.

Foto: LLH

An den zweijährigen Fach­schul­­­standor­ten in Fritzlar, Fulda-Petersberg und Griesheim wird der Abschluss zum „Staatlich geprüften Betriebswirt“ erworben. An der einjährigen Fachschule Alsfeld wird der Abschluss „Staatlich geprüfter Wirtschafter“ erworben.

Landwirtschaftsmeister und künftige Betriebsleiter

An den landwirtschaftlichen Fachschulen erlangen die Schüler ebenso die Qualifizierung für ein anschließendes Studium. Durch die Prüfungs­ordnung sind die Lehr­in­halte vorgegeben und zwischen den Stand­orten im Grundsatz vergleichbar.

Dr. Lothar Koch, Leiter der Fachschule für Agrarwirtschaft in Fritzlar.

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Unterschiede bestehen in der Dauer der Ausbildung, im erworbenen Abschluss und in der jeweiligen Eröffnung einer neuen Schulklasse. So erlangen die Studierenden an der Fachschule in Alsfeld im zweisemestrigen Winter-Winter-Kurs den Abschluss zum Wirtschafter. Die Schüler der Fachschulen Fritzlar, Fulda-Petersberg und Griesheim im viersemestrigen Lehrgang nach erfolgreicher Prüfung den Abschluss zum Betriebswirt. Die Absolventen der Fachschulen Fritzlar, Fulda und Griesheim haben somit zusätzlich die Möglichkeit zum Studium an einer deutschen Fachhochschule oder Hochschule.

Freimut Krug leitet die Fachschule in Alsfeld.

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Die Lehrkräfte sind teils an mehr als einem Fachschul­stand­ort in Hessen tätig. Das hängt damit zusammen, dass die Standorte Alsfeld und Fritzlar jährlich eine Schulklasse öffnen, während die Standorte in Fulda-Petersberg und Griesheim nur jedes zweite Jahr eine Klas­se eröffnen. Die Schulen in Fritzlar und Alsfeld starten bereits im Sommer das neue Schuljahr, die Fachschule Alsfeld öffnet Ende Oktober ihre Winterschule und Gries­heim öffnet im zweijährigen Turnus im Sommer eine Schulklasse.

Zwischen 10 und 20 Prozent der Fachschüler kommen außerhalb der Landwirtschaft. Die Aus­­­­bildung hat zum Ziel, Fachkräfte in der Landwirtschaft zu befähigen, moderne landwirtschaftliche Betriebe zu leiten oder im landwirtschaftlichen Dienstleistungsbereich, beziehungsweise in denen der Landwirtschaft vor- oder nachgelager­ten Unternehmen der Wirtschaft Tä­tigkeiten innerhalb der Betriebsleitung zu übernehmen.

Fachschulen in Hessen finden großen Zuspruch

Blick auf die zweijährige Fachschule für Agrarwirtschaft in Fritzlar.

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Die Nachfrage nach Absolventen der Fachschulen in Hessen ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen, berichtet Dr. Lothar Koch, der für die Leitung der Fachschulen in Hessen zuständig ist. Er führt dies insbesondere darauf zurück, dass die sukzessive wachsenden landwirtschaftlichen Betriebe zum einen inzwischen oft auch als Arbeitge­ber im ländlichen Raum auftreten. Zum anderen da­­rauf, dass zur Führung der wachsenden Be­triebs­ein­heiten die fachlichen Voraussetzungen in der Produktionstechnik und im Ma­na­gement eines Land­wirt­schafts­be­triebes immer wichtiger werden. Neben der fundierten beruflichen Erst­ausbildung sei daher die Weiter­qua­­li­fizierung an einer ein- oder zweijährigen Fachschule der Fachrichtung Agrarwirtschaft oder die Fortbildung zum „Land­wirtschaftsmeister“ für künftige Betriebsleiter und Fach­kräfte inzwischen unerlässlich.

Die einjährige Fachschule für Landwirtschaft kann in Alsfeld besucht werden.

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Einjährige Fachschule am LLH-Standort in Alsfeld

An der Bildungs- und Beratungseinrichtung des LLH in Alsfeld haben Junglandwirte die Möglichkeit, die einjährige Fach­schule für Landwirtschaft zu besuchen, die als einzige der vier Fachschulen in Hessen als Winterschule geführt wird. Dort ist es in zwei Winterhalbjahren (jeweils Oktober bis März) möglich, den Abschluss zum „Staatlich geprüften Wirtschafter der Fachrichtung Agrarwirtschaft“ zu erwerben. Mit bestandener Ab­schluss­prüfung in der Tasche sind dann zwei Formen der Weiterqualifizierung möglich: Die Fortbildung zum Landwirtschaftsmeister, sowie die zum staatlich geprüften Be­triebswirt, Fachrichtung Agrarwirtschaft, auch als Agrartechniker bezeichnet. Im Anschluss an die einjährige Fachschule kann durch absolvieren eines dritten und vier­ten Semesters, das heißt der Besuch von einem Jahr Vollzeitschule an einer der drei zweijährigen Fachschulen (Fritzlar, Fulda, Griesheim) der Abschluss zum staatlich geprüften Betriebswirt der Fachrichtung Agrarwirtschaft erlangt werden.

Zweijährige Fachschulen am Beispiel von Fritzlar

Martin Grenzebach ist Leiter der Fachschule in Fulda-Petersberg.

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Die Schulausbildung an den drei zweijährigen Fachschulen Fritzlar, Griesheim sowie Fulda-Petersberg umfasst zwei Ausbildungsabschnitte mit jeweils zwei Semestern und schließt mit der Prüfung zum „Staatlich geprüften Betriebswirt der Fachrichtung Agrarwirtschaft“ ab. Wie zuvor angesprochen ist mit dem erfolgreichen Abschluss auch der Erwerb von Zusatzqualifikationen wie die Allgemeine Fachhochschulreife verbunden.

Mit dem Bestehen der Prüfung und dem erfolgreichen Abschluss im Fach „Be­­rufs- und Arbeitspädagogik“ wird die Ausbildereignung in der Land­wirtschaft erworben. Während die Unterschiede zwischen den drei Fachschulstandorten in Hessen im Wesentlichen nur im jeweiligen Einzugsgebiet bestehen, da der Schulplan zum Besuch einer Zweijährigen Fachschule in Hessen einheitlich ist, wird im Folgenden der Fachschul­be­such exemplarisch für den Schul­standort Fritzlar näher erläutert. Die zweijährige Fachschule für Wirtschaft, Fachrichtung Agrarwirtschaft in Fritzlar unterrichtet ganzjährig. Jedes Jahr öffnet eine Schulklasse im Sommer.

Anmeldungen für das neue Schuljahr erfolgen bis Januar des Jahres. Unterrichtet wird von Montag bis Freitag von 8 bis 13 Uhr und zusätzlich an zwei bis drei Nachmittagen im Schuljahr. Aktuell befinden sich 20 Fachschüler in der Oberklasse, 15 in der Un­ter­klasse. Die Schule ist im Schladenweg 39, im Gebäude, in dem auch der Fachbereich Landwirtschaft des Schwalm-Eder-Krei­ses untergebracht ist.

Friedlind Schäfer ist stellvertretende Leiterin der Fachschule in Griesheim.

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Junglandwirte kommen von Betrieben aus der Region

Der Standort der Fachschule ist für die Landwirtschaftsschüler aus dem Einzugsgebiet über die A 49 gut zu erreichen und ebenfalls günstig ans öffentliche Verkehrsnetz angebunden.

Das ist wichtig, denn größtenteils fahren die Junglandwirte täglich nach dem Unterricht nach Hause, beziehungsweise zum elterli­chen Betrieb.

Vereinzelt werden auch günstige Wohnungen in der Umgebung gemietet. Für die Unterkunft müssen dann die Schüler selbst, beziehungsweise ihre Familien sor­gen und die Kosten tragen. Es besteht aber die Möglichkeit der Förderung nach der Bundesausbildungsförderung (BAFÖG). Die Schule besteht in dieser Schulform seit 1979, als die Eröffnung einer zweijährigen Fachschule für Technik der Fachrichtung Agrarwirtschaft stattfand. Ziel der Ausbildung ist, Fä­higkeiten und Grundkenntnisse zu vermitteln, um Land­wirtschaftsbetriebe als Unternehmer eigenverantwortlich zu leiten. Oder, um eine führende Funktion in einem vor- oder nachgelagerten Bereich innerhalb der Agrarwirtschaft zu übernehmen.

Bei entsprechenden Leistungen haben die Fachschüler die Möglichkeit, die Ausbildereignung zu erlangen, die Allgemeine Hochschulreife zu erwerben und damit im Anschluss ein weiterführendes Studium an einer Fach­hochschule oder Hochschule aufzunehmen. Als Zugangsvoraussetzung zur Aufnahme an der Fachschule sind das Abschlusszeugnis einer Berufsschule und ein Berufsabschluss in der Landwirtschaft, beziehungsweise im Berufsfeld Agrarwirtschaft sowie eine einschlägige berufliche Tätigkeit von mindestens einem Jahr.

Die zweijährige Fachschule für Agrarwirtschaft in Petersberg.

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Das Einzugsgebiet der Fachschule Fritzlar umfasst vorwiegend die Jung­land­wirte aus Nord- und Mittelhessen. Teils kommen Studierende auch aus benachbarten Bundesländern wie Nie­­der­sachsen oder Nordrhein-Westfalen. Die Schü­ler wäh­len fachliche Schwerpunkte. Ergänzt werden die Schulinhalte durch einen praxisorientierten Fachunterricht in verschiedenen Lernfeldern, worauf die Schulleitung ebenfalls einen großen Wert legt. Dabei geht es darum, landwirtschaftliche Unternehmen sowie ihre Handelspartner zu analysieren und Strategien zur Fortentwicklung aufzugreifen, beziehungsweise exemplarisch zu erarbeiten. Neben den Fachkenntnissen in der Pflanzen- und Tierproduktion, um landwirtschaftliche Erzeugnisse sowohl tiergerecht als auch wirtschaftlich und umweltschonend zu produzieren, werden damit auch wichtige betriebs­wirtschaft­liche Kenntnisse vermittelt.

Management, Marketing und Mitarbeiterführung

Das Gebäude der zweijährigen Fachschule für Agrarwirtschaft in Griesheim.

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Neue Schulungsinhalte beziehen sich unter anderem auf das Erzeugen erneuerbarer Energien. So ist zu beachten, dass neben dem Einsatz moderner Produktionstechnik und unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit in der Landwirtschaft viele Vorschriften zu beachten sind. Immer häufiger werden auch im Umfeld des Landwirtes gute Kenntnisse im Mana­gement sowie kauf­männische Fähigkeiten vorausgesetzt. So haben ebenso Themen wie die Mit­ar­bei­ter­füh­rung oder Kom­mu­­ni­ka­tions­fä­hig­­keit mit Ge­schäfts­part­­nern des Land­wir­tes einen festen Platz in den Lehr­­plänen. Auf die gezielte För­derung der un­ter­neh­me­ri­schen Kom­petenzen wird besonders großer Wert gelegt. Pro­jekt­arbeiten mit be­trieb­lichen Analysen ergänzen den Schulplan, wie auch ein Spezialunterricht, beispielsweise über Agrarmarketing. Zum Praxisteil gehören Besuche von Betrieben, wie herausragenden Betrieben im Ackerbau, in der Milch­erzeugung und Tierhaltung mit Einbindung von externen Spezialisten. Moe – LW 27/2013