Aktuelles zum Weinmarkt in Rheinland-Pfalz
Ein Interview mit Dr. Thomas Weihl
Es ist die Rede von halbvollen Kellern und von Winzern, die nicht wissen, wo die neue Ernte gelagert werden soll. Ende August fand die Herbsttagung des Weinbauverbandes Pfalz am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz statt. Dr. Thomas Weihl, Referatsleiter Weinbau der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, sprach zum aktuellen Weinmarkt. Das LW hat ihn dazu befragt.
LW: Wie ist die derzeitige Stimmung in der Weinbranche?
Weihl: Die Stimmung ist sehr angespannt. Rheinland-Pfalz hat beim Absatz von Qualitätswein im Jahre 2023 etwa 8 Prozent verloren. Der Rückgang im Jahre 2024 ist mit aktuell nochmals 2 Prozent bei weitem nicht so hoch wie im gleichen Zeitraum des Vorjahrs. Zu den Absatzrückgängen kommen gestiegene Produktionskosten hinzu, wobei im Jahre 2024 aufgrund der feuchten Witterung hier insbesondere der Pflanzenschutz zu nennen ist. In einigen Regionen führte der Frost zu massiven Ausfällen.
LW: Wie agieren die Weinkommissionäre und damit die großen Weinkellereien auf die aktuelle Situation?
Weihl: Wir haben in den letzten beiden Jahren über die rheinland-pfälzischen Gebiete hinweg nur einen leichten Bestandsaufbau an lagernden qualitätsweingeeigneten Fasswein, wobei die Entwicklung nicht einheitlich ist und sich von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich darstellen kann. Fasswein wurde und wird von den Weinkellereien nach aktuellem Bedarf bezogen. Die Übernahme von Trauben, Most und Fasswein durch Weingüter ist deutlich zurückgegangen.
LW: Wie ist der Jahrgang 2024 mengenmäßig einzuschätzen, wird es ein großer oder ein kleiner Herbst?
Weihl: Nach den Erfahrungen der letzten Jahre zeigt sich, dass eine Ernteschätzung zu einem so frühen Zeitpunkt wenig belastbar und somit spekulativ ist. Grundsätzlich gilt, dass bei einem größeren Jahrgang mehr Menge zu Land- und Verarbeitungswein herabgestuft werden, welche den Markt für Qualitätswein nicht belasten.
LW: Wie kann die Branche auf den global zurückhaltenden Weinkonsum reagieren?
Weihl: Auch hier ist eine generelle Aussage schwierig. Sicher ist jedoch, dass eine weitere
Produktionsausweitung ohne WachsÂtumsperspektive keinen Sinn macht. Es gilt nun gezielt auf die Konsumenten zuzugehen und mit den richtigen Produkten abhängig von den jeweiligen Zielmärkten und der passenden Ansprache sowohl Kunden zu binden wie auch neue Märkte zu erschließen.
LW: Was sagen die Anstellungsdaten der Kammer? Können Maßnahmen abgeleitet werden? Wenn ja, was wäre ihrer Meinung nach hilfreich?
Weihl: Die Anstellungszahlen der Kammer zeigen einen und guten und verlässlichen Überblick auf den Markt für Qualitätswein, der sich aus rheinland-pfälzischer Sicht noch als recht robust erweist. Was uns allerdings fehlt, ist der Überblick auf den übrigen Weinmarkt für rheinland-pfälzischen Land- und Verarbeitungswein, an den auch Menge abfließt, wobei die Mengen und die daraus erzeugten Produkte nicht bekannt sind.
LW: Welchen Rat geben Sie aktuell den Winzern in Rheinland-Pfalz?
Weihl: Im Hinblick auf Ihre jeweilige betriebliche Ausrichtung: Beobachten Sie aufmerksam das Marktgeschehen. Scheuen Sie sich nicht, das betriebswirtschaftliche Beratungsangebot der Landwirtschaftskammer in Anspruch zu nehmen, um sowohl die Schwächen wie auch die Stärken Ihres Betriebs zu erkennen, um in solchen Situationen zielgerichtet und somit zukunftsorientiert reagieren zu können.
Mit Dr. Thomas Weihl sprach Elke Setzepfand – LW 36/2024