Akzeptanz und Artenvielfalt steigern

F.R.A.N.Z. zeigt, wie Naturschutz funktionieren kann

Seit drei Jahren entwickeln und erproben Landwirte und Wissenschaftler im F.R.A.N.Z.-Projekt gemeinsam Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt in der Landwirtschaft. Die Zwischenbilanz fällt bei den Beteiligten positiv aus: Der Dialog auf Augenhöhe steigert bei den Landwirten die Akzeptanz und Motivation deutlich, Naturschutzmaßnahmen umzusetzen. Auch die Artenvielfalt bei Pflanzen, Tieren und Insekten erhöht sich. Die Ergebnisse könnten in die politische Diskussion um die Ausgestaltung der GAP einfließen.

Weite Reihenabstände im Getreide fördern die Entwicklung von blühenden, standort­typischen Wildkräutern, die als Nahrungsgrundlage für viele heimische Insektenarten dienen.

Foto: Brammert-Schröder

Das Dialog- und Demonstrationsprojekt F.R.A.N.Z. (Für Ressourcen, Agrarwirtschaft & Naturschutz mit Zukunft) hat sich vor mehr als drei Jahren zum Ziel gesetzt, Konzepte und Maßnahmen zu entwickeln und zu erproben, die die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft erhalten und erhöhen. Dazu werden auf zehn konventionell bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betrieben deutschlandweit biodiversitätsfördernde Maßnahmen umgesetzt.

Initiatoren sind Bauernverband und Umweltstiftung Michael Otto

Das Projekt läuft zehn Jahre und wurde vom Deutschen Bauernverband (DBV) und der Umweltstiftung Michael Otto gemeinsam ins Leben gerufen. Im Verbreitungsgebiet des LW ist der Betrieb Diehl aus dem rheinhessischen Heidesheim beteiligt (siehe LW 20/2020). Vergangene Woche wurde in einem Online-Symposium eine erste Zwischenbilanz des Projektes gezogen.

„Die Erkenntnisse aus drei Jahren Projektlaufzeit sind vielversprechend“, sagte Dr. Johannes Merck, Vorstand der Umweltstiftung Michael Otto, bei der Begrüßung. Er hob die Stärken des Projektes hervor: Im kooperativen und partnerschaftlichen Ansatz zwischen Landwirten, Wissenschaftlern und Umweltschützern sei es gelungen, insgesamt 16 verschiedene biodiversitätsfördernde Maßnahmen auf den Projektbetrieben umzusetzen.

Die Maßnahmen werden nicht nur auf ihre ökologische Wirkung überprüft, auch die ökonomische Seite wird vom Thünen-Institut beurteilt. Wichtig ist Merck, dass der Dialog von allen Beteiligten auf Augenhöhe geführt wird. Denn nur so sei die Akzeptanz und Übertragung in die Fläche zu erwarten.

Praxistaugliche Maßnahmen für jeden Betrieb

„Die Förderung der Artenvielfalt ist eine große Herausforderung. Die Landwirte werden ihren Teil der Verantwortung übernehmen“, machte Steffen Pingen, Leiter des Bereichs Umweltpolitik und Nachhaltigkeit beim DBV, deutlich. Es würden allerdings praxistaugliche und wirtschaftlich tragfähige Lösungen gebraucht. „Sie müssen eine hohe ökologische Wirkung haben, aber auch in die wirtschaftliche Wirklichkeit der Betriebe passen“, so Pingen. „Die Betriebe müssen mit dem Naturschutz Geld verdienen können.“ Das F.R.A.N.Z.-Projekt liefert aus seiner Sicht gute Ansatzpunkte.

Erbsenfenster werden in Getreideschlägen angelegt, um Hasen, Fasanen und Rebhühnern Deckung sowie Insekten Nahrung zu bieten – auch nach der Getreideernte.

Foto: Brammert-Schröder

Die Landwirte können im Projekt aus einem Maßnahmenkatalog die für sie passenden Maßnahmen auswählen und werden intensiv durch einen Berater in Naturschutzfragen begleitet. Jeder Betrieb setzt mehrere Maßnahmen um, die Lebensräume für typische wildlebende Tier- und Pflanzenarten der Agrarlandschaft schaffen und sich gleichzeitig gut in die betrieblichen Abläufe integrieren lassen. Sie machen zwischen fünf und zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus.

Die übrigen Flächen werden intensiv bewirtschaftet. Neben bereits bewährten Maßnahmen wie mehrjährige Blühstreifen, Extensiv-Getreide und Feldlerchenfenstern werden im Projekt auch neue Maßnahmen umgesetzt. Hierzu zählen beispielsweise Insektenwälle, Oberbodenabtrag, Mais-Stangenbohnengemenge oder blühende Untersaaten in Sommergetreide.

Biodiversitätsförderung in den Betrieb integriert

Die am Projekt beteiligten Landwirte gaben in kurzen Videobotschaften Einblicke in die Maßnahmen, die sie auf ihren Betrieben umsetzen. „Mein Favorit sind die mehrjährigen Blühstreifen. Sie passen gut ins Betriebskonzept“, sagte Peter Kaim, der im Havelland in Brandenburg einen Ackerbau- und Grünlandbetrieb mit Biogasanlage führt. Das F.R.A.N.Z.- Projekt habe die Kommunikation auf dem Betrieb deutlich erweitert. „Wir kommen mit vielen Leuten ins Gespräch, das ist sehr positiv.“

Das sieht auch Jürgen Freiherr von Morsey-Picard so, der in Ostwestfalen-Lippe einen Ackerbaubetrieb bewirtschaftet. „Wir setzen fast alle Maßnahmen um. Durch Blühstreifen, blühende Untersaaten und Extensiv-Getreide mit weiten Reihenabständen haben wir wieder eine enorme Insektenvielfalt auf den Flächen“, fasste der Landwirt die positiven Aspekte zusammen.

Jochen Hartmann, der in der Nähe von Lüneburg in Niedersachsen einen Ackerbaubetrieb mit Schwerpunkt Kartoffelbau bewirtschaftet, erhofft sich durch das Projekt einen guten Rahmen für künftig durch die Politik geförderte Maßnahmen. Er probiert neben Blühstreifen, Untersaaten in Sommergerste und Extensiv-Getreide auch den Oberbodenabtrag und Insektenwälle aus. „Wir schätzen die Zusammenarbeit mit dem Naturschutz und der Wissenschaft. Durch den intensiven Austausch und die Beratung haben wir den Mut gefunden, Blühstreifen und Insektenwälle mitten auf dem Acker zu platzieren.“ Erbsenfenster schaffen Lebensräume für Fasan, Rebhuhn und Feldhase. „Das Landschaftsbild verändert sich, überall blüht etwas“, so Hartmann.

Er macht aber auch deutlich, dass die Maßnahmen viel Arbeit machen und auch Fehler passieren. Nicht alles funktioniert im ersten Anlauf. „Als Landwirte müssen wir auch dem Naturschutz zuhören“, so seine Erkenntnis. Nur gemeinsam lasse sich an Lösungen arbeiten. Hartmann lädt gern Landwirte, Naturschützer und Politiker auf seinen Betrieb ein und zeigt die Ergebnisse des F.R.A.N.Z.-Projektes.

Zusammenarbeit auf Augenhöhe

„Bei F.R.A.N.Z. besteht das Grundkonzept darin, dass Naturschutz und Landwirtschaft auf Augenhöhe zusammenarbeiten“, ergänzte Björn Rohloff von der Stiftung Kulturlandpflege, der als Betriebsberater Jochen Hartmann zur Seite steht. „Das ist entscheidend für den Erfolg.“ So bestehe die Chance, dass beide Seiten voneinander lernen.

Auch Dr. Philip Hunke, Michael-Otto-Institut im Nabu, sieht die Zusammenarbeit mit den Landwirten als Schlüssel zum Erfolg. „Viele Landwirte haben das Thema Biodiversität für sich entdeckt“, so sein Fazit. „Durch den Dialog ist die Akzeptanz der Maßnahmen deutlich besser.“ Er plädiert für einen Maßnahmenmix auf den Feldern, der den Tieren Nahrung, Deckung und Strukturvielfalt gibt.

„Wir brauchen die Vielfalt der Maßnahmen, um die heimischen Arten zu fördern“, erklärte Dr. Laura Sutcliffe von der Uni Göttingen. Sie habe beobachtet, dass Extensiv-Getreide und Brachen den Bestand an Insekten besonders fördern.

Maßnahmen müssen wirtschaftlich sein

Ob Biodiversitätsmaßnahmen von den Landwirten angenommen werden, ist in erster Linie eine Frage der Rentabilität. „Die Betriebe auf Gunststandorten brauchen höhere Prämien“ sagte Dr. Jürn Sanders vom Thünen-Institut für Betriebswirtschaft. Die bestehenden Programme zur Förderung der Biodiversität auf Landesebene seien oft finanziell nicht attraktiv, so dass sie von den Betrieben nicht angenommen werden. Aus naturschutzfachlicher Sicht sei es nicht der richtige Ansatz, alle Maßnahmen gleich zu vergüten. Auch die ökologische Wirkung müsse berücksichtigt werden.

Ein weiteres Hemmnis der bestehenden Förderprogramme sind in den Augen der Landwirte die Förderauflagen. „Sie sind zu komplex und nicht flexibel genug“, erklärte Dr. Norbert Röder vom Thünen-Institut für Ländliche Räume. Fehler würden mit einem Sanktionssystem bestraft, dass kaum durchschaubar sei. Doch gerade in einem Projekt wie F.R.A.N.Z. ist es wichtig, hinsichtlich der Maßnahmen auf die Herausforderungen vor Ort flexibel zu reagieren.

Politische Rahmenbedingungen für mehr Biodiversität schaffen

Wie sind die Zwischenergebnisse aus dem Projekt zu bewerten? „Die Erkenntnisse aus drei Jahren sind eindeutig: F.R.A.N.Z.-Maßnahmen erzielen ökologische Erfolge. Um eine deutschlandweite Akzeptanz unter Landwirten zu schaffen, ist es entscheidend, dass sich die Maßnahmen gut in die betrieblichen Abläufe integrieren lassen und gleichzeitig keine wirtschaftlichen Einbußen nach sich ziehen“, stellen die Projektkoordinatoren der Umweltstiftung Michael Otto und des Deutschen Bauerverbandes fest.

Die positiven Entwicklungen der letzten drei Jahre zeigten, dass sich der fruchtbare Dialog zwischen Landwirtschaft und Naturschutz auszahlt. Um in die bundesweite Umsetzung und Übertragung der F.R.A.N.Z.-Maßnah-

men zu kommen, brauche es nun die politischen Rahmenbedingungen.

F.R.A.N.Z. gibt Anregungen für künftige Förderungen

Die politischen Vertreter haben die ersten Ergebnisse interessiert aufgenommen. In der Podiumsdiskussion sagte Prof. Ludwig Theumsen, Staatssekretär im Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium, dass F.R.A.N.Z. viele Anregungen für die künftige Förderung von Biodiversitätsmaßnahmen liefere. Er plädierte für eine Flexibilisierung der Maßnahmen: „Wir müssen raus aus dem Sanktionssystem, sonst bleibt es bei der Förderung von einjährigen Blühstreifen.“

Für Carmen Preising, stellvertre­tende Kabinettchefin des EU-Kommissars für Umwelt, kommt die Diskussion zur richtigen Zeit. Gerade jetzt gehe es in Brüssel um die Ausgestaltung der Biodiversitätsstrategie der EU-Kommission.

ibs – LW 48/2020