Alternative zum Schwänzekürzen in weiter Ferne

Über das Schwänzekürzen bei Schweinen wird derzeit viel diskutiert. Vor allem grün regierte Bundesländer sehen in einem generellen Verbot einen Schritt zu mehr Tierwohl. Das Land Nordrhein-Westfalen hat im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Westfälisch-Lippischen und dem Rheinischen Landwirtschaftsverband eine Beratungs- und Informationsinitiative gestartet, wonach Schweinehalter das Kürzen der Schwänze künftig vermeiden sollen.

Von praktikablen Alternativen ist man jedoch weit entfernt. Das Schwanzbeißen (Caudophagie) wird von vielen Faktoren beeinflusst, das heißt Genetik, Fütterung, Stallklima, Beschäftigung und der generelle Gesundheitszustand der Tiere spielen eine Rolle. Fast unmöglich ist es, für jeden Durchgang vom Absetzferkel bis zum Ende der Mast sicherzustellen, dass das Schwanz­beißen nicht auftritt. Auch wenn es natürlich zahlreiche Durchgänge gibt, in denen das Problem nicht auftritt.

Um sich dem Problem anzunähern, werden derzeit zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, so auch von der Universität Gießen (siehe Seite 30). Hier wurde ein Praxisversuch in einem Biobetrieb vorgenommen. Ökologisch wirtschaftende Betriebe dürfen generell die Schwänze ihrer Schweine im Gegensatz zu konventionell wirtschaftenden nicht kürzen. Auch in Biobetrieben kann das Schwanzbeißen auftreten. Und das, obwohl die Ferkel sowohl Stroheinstreu und wie in dem Versuch auch ein großes Angebot an Platz und Beschäftigungsmaterial hatten. Bei dem Fütterungsversuch wurden Wiesengraspellets eingesetzt, um die Caudophagie zu vermeiden – mit gutem Erfolg. Festgestellt wurde auch, dass Ferkel, die an Absetzdurchfall litten, besonders häufig Opfer von Schwanzbeißern wurden – und zwar je stärker der Durchfall war, desto stärker die Bisswunden. Eine Erklärung, warum das so ist, konnte jedoch nicht gefunden werden.

Es ist noch viel Forschung notwendig, sowohl um die Ursachen besser zu verstehen als auch praxisgerechte Lösungen zu entwickeln. Bevor dies nicht geschehen ist, dürften feste Ausstiegsszenarien in der praktischen Umsetzung scheitern. Bis dahin ist abzuwägen, mit welcher Maßnahme oder Nichtmaßnahme das grö­ßere Tierwohl gewährleistet ist.

Marion Adams – LW 7/2015