Artenschutz gemeinsam mit den Landwirten

EFA-Projekt in der Südpfalz setzt auf Biotopvernetzung

Die landwirtschaftlichen Flächen in der Vorder- und Südpfalz werden intensiv genutzt: Acker-, Gemüse-, Wein- und Obstbau lassen wenig Platz für großflächige Brache- und Extensivierungsmaßnahmen. Doch auch im Kleinen kann viel für die Förderung der Artenvielfalt getan werden.

Am Projekt EFA sind zahlreiche Akteure beteiligt (v.l.): Kai Thomas, RLP Agroscience; Ornithologe Mark Schönbrodt; Maria Weinrich, Stiftung Kulturlandschaft; Dirk Gerling, BWV; Landwirt Matthias Detzel und Bernd Hartmann, BASF.

Foto: Brammert-Schröder

Bei dem EFA-Projekt in der Südpfalz geht es genau darum: mit speziellen Maßnahmen an Wegrändern und anderen nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen sollen die Lebensbedingungen für Vögel, Insekten, Spinnen, Reptilien und Amphibien verbessert werden.

Der Name EFA steht für „Effiziente Förderung der Artenvielfalt in ackerbaulich genutzten Landschaften“. Für das Projekt, das Ende 2019 startete, wurde ein 330 ha großes Gebiet nördlich von Herxheim in der Pfalz auf der Herxheim-Offenbacher Lössplatte ausgewählt. Es bildet eine Landschaft ab, die man in vielen Teilen des Landes findet. Auf den relativ kleinen Flächen findet intensiver Ackerbau mit vielfältigen Kulturen statt, angrenzend auch Weinbau. Es gibt nur wenige Freiflächen, die nicht ackerbaulich genutzt werden, vor allem Graswege und schmale Böschungskanten, Feldhecken und Feldweg-begleitende Feld- und Wegsäume. Außerdem befinden sich Windkraftanlagen im Gebiet, wie sie inzwischen für viele Ackerbaugebiete in Rheinland-Pfalz typisch sind. Durch die Windkraftanlagen sind weitere nicht ackerbaulich genutzte Strukturen entstanden, beispielsweise geschotterte Fahrwege und Hecken am Fuß der Windräder. Mit dem EFA-Projekt soll nachgewiesen werden, dass durch die intelligente Planung und Umsetzung von speziellen und gleichzeitig kostengünstig zu realisierenden Maßnahmen der Biotopaufwertung und Biotopvernetzung auch auf wenigen verfügbaren Freiflächen ein deutlich messbarer Beitrag zur Förderung und zum Erhalt der Artenvielfalt in ackerbaulich intensiv genutzten Gebieten geleistet werden kann.

In das Projekt sind verschiedene Akteure eingebunden. Als Projektträger fungiert die Georg-von-Neumayer-Stiftung. Die Projektleitung hat die RLP Agroscience GmbH übernommen. Projektpartner sind die BASF SE und der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd (BWV), außerdem sind der Maschinenring Südpfalz, der Naturschutzverband Südpfalz e.V. und die Landwirte beteiligt. In der Südpfalz haben die Landwirte in den vergangenen Jahren bereits etliche Biodiversitätsmaßnahmen umgesetzt, die auch Teil anderer Forschungsvorhaben sind. Deshalb ist ein Projektziel, diese vertrauensvolle Zusammenarbeit auszubauen und weitere Akteure einzubinden. Ãœber die Georg von Neumayer-Stiftung bestehen Kontakte zur Pollichia. Weitere Kontakte bestehen zur ansässigen Jägerschaft und dem DLR Rheinpfalz in beratender Funktion. Das Projekt wird von der „Aktion Grün“ des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums und BASF finanziert.

Brutbedingungen mit Nisthilfen verbessern

Ortstermin im März in Herxheim. Die Nisthilfen für verschiedene Vogelarten und Fledermäuse sollen aufgehängt werden. Gemeinsam mit dem Ornithologen Mark Schönbrodt, der das Monitoring der Vögel übernimmt, werden die geeigneten Standorte im Gehölz am Wegrand bestimmt. Der Herxheimer Landwirt Matthias Detzel hat sich den Vormittag freigehalten, um mit Schlepper, Leiter und Säge die Aktion aktiv zu unterstützen. Bernd Hartmann, Projektverantwortlicher bei der BASF, hatte die verschiedenen Nisthilfen in den Werkstätten der Lebenshilfe fertigen und nach Herxheim liefern lassen. An drei Orten sollen die Nisthilfen angebracht werden. Der Biologe Mark Schönbrodt wählt die geeigneten Bäume aus, Matthias Detzel und BWV-Bezirksgeschäftsführer Dirk Gerling bringen sie in luftiger Höhe an. Alle Nisthilfen wurden zuvor nummeriert, um sie den Standorten korrekt zuweisen zu können. „Die Halbhöhlen sind für Bachstelzen, Rotkehlchen, Rotschwänzchen und Grauschnäpper bestimmt. Die Meisenkästen werden von Blau- und Kohlmeisen, Feldsperling, Star und Wendehals angenommen“, erklärte Schönbrodt. Auch einige Fledermauskästen fanden ihren Platz an den Bäumen. Zudem wurden einige Ansitzstangen für Greifvögel aufgestellt.

Durch gezieltes Monitoring ausgewählter Tiergruppen soll im EFA-Projekt ermittelt werden, wie gut die umgesetzten Maßnahmen wirken. Vögel, Reptilien, Tagfalter, Wildbienen, Spinnen und Laufkäfer werden im Projekt kartiert. Erstmals wurde die Kartierung 2018 durchgeführt, die Ergebnisse bilden den Referenzwert für das Monitoring, das über viele Jahre geplant ist. Auf diese Weise soll zum einen ermittelt werden, in welchem Umfang Maßnahmen für die vorhandenen Vogelarten nötig sind. Zum anderen soll die Wirksamkeit der biodiversitätsfördernden Maßnahmen bewertet werden. Bei den Vögeln umfasst das Monitoring alle Arten, die im Gebiet vorkommen. „Das Hauptaugenmerk liegt aber auf den Agrarindikatorarten“, erklärt Schönbrodt. Das sind Braunkehlchen, Feldlerche, Goldammer, Grauammer, Heidelerche, Kiebitz, Neuntöter, Rotmilan, Steinkauz und Uferschnepfe. Bei der Bestandserhebung 2018 wurden insgesamt 26 Arten zusammen mit 132 Brutpaare (BP) ausgemacht. 55 Brutpaare zählen zu den Agrarindikatorarten: Feldlerche (43 BP), Goldammer (6 BP), Grauammer (3 BP), Kiebitz (2 BP) und Neuntöter (1BP).

Feldlerche findet gute Bedingungen vor

Im ersten Projektjahr 2020 haben die Ornithologen im Frühjahr ihre Zählung wiederholt und dabei 19 Brutvogelarten und 151 Brutpaaren (BP) ermittelt. Zu den häufigen Arten zählen Feldlerche (78 BP), Dorngrasmücke (14 BP), Schafstelze (12 BP) und Mönchsgrasmücke (11 BP). Die Bestände von Goldammer (6 BP), Nachtigall (6 BP) und Grauammer (5 BP) treten ebenfalls hervor.

Durch Monitoring werden die Populationen erfasst

Auch Bluthänfling und Star (je 4 BP) gehören zu den mittelhäufigen Brutvogelarten. Alle weiteren Arten, wie beispielsweise Amsel, Gartengrasmücke, Kiebitz, Ringeltaube und Stieglitz traten mit ein bis zwei Brutpaaren auf. Neuntöter und Rotmilan, die ebenfalls zu den Agrarindikatorarten gehören, wurden zwar nicht als Brutvogel des Projektgebietes, aber als Nahrungsgast dokumentiert.

Um die Populationen von typischen Vögeln der Hecken und Feldgehölze zu fördern, werden in diesem Frühjahr Nisthilfen angebracht. „Wir wollen mit den Nisthilfen eine Strukturaufwertung der noch recht jungen Hecken erreichen“, so Schönbrodt. Auch die Fledermäuse finden an den bewachsenen Wegrändern gute Lebensbedingungen. „Das ist ein guter Standort für Fledermäuse. Sie brauchen freie Landschaften mit Gehölzen. Sie orientieren sich an den Gehölzen als Leitlinien“, erklärte der Ornithologe. Schönbrodt hat festgestellt, dass die Brutvögel relativ gleichmäßig über das Untersuchungsgebiet verteilt sind. Die Vogelarten der Hecken und Halboffenlandschaften konzentrieren sich dabei auf die Strukturen entlang von Feldwegen und an Feldgehölzen. Die Arten der offenen Agrarlandschaft wie Feldlerche, Schafstelze und Grauammer sind überall zu finden.

„Wir wollen in diesem Jahr eine Wildkamera in einem Feldlerchenfenster platzieren und damit auch fotografisch die Brutaktivitäten nachweisen“, sagt Bernd Hartmann, Projektverantwortlicher bei der BASF. Die Kameras lösen bei Bewegungen vor der Linse aus und übertragen die Bilder per Mobilfunk. Hartmann ist eng mit weiteren Betrieben in ganz Deutschland verbunden, die im BASF-Farmnetzwerk verschiedene Biodiversitätsmaßnahmen ausprobieren und in die individuelle Betriebsstruktur integrieren. Dazu zählt auch das Gemeinschaftsprojekt Biodiversitätsregion Südpfalz, das 25 000 ha in den Landkreisen Germersheim, Südliche Weinstraße und Landau umfasst. Auch hier ist das Ziel, eine Vernetzung von Naturräumen in einer kleinstrukturierten Agrarlandschaft zu schaffen.

Meisenkästen (links) bieten Blau- und Kohlmeisen, Feldsperling, Star und Wendehals zusätzliche Brutplätze an den Feldrändern. Auch Fledermäuse finden in der offenen Agrarlandschaft gute Lebensbedingungen. Mit den angebrachten Fledermauskästen werden den nachtaktiven Tieren zusätzliche Quartiere angeboten.

Foto: Brammert-Schröder

„Hier in Herxheim haben wir eine kleinparzellige Aufteilung der Ackerflächen. Die 330 Hektar des Untersuchungsgebietes sind in rund 170 Einzelflächen aufgeteilt, dazwischen gibt es viele Wiesenwege. So eine offene, ebene Struktur braucht die Feldlerche“, erklärt Hartmann. Auch die Herxheimer Landwirte engagieren sich in vielfältiger Weise für den Erhalt der Artenvielfalt. Schon seit einigen Jahren gehören Feldlerchenfenster im Winterweizen sowie die Anlage von Blühstreifen zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie des Ortes. Auch das EFA-Projekt unterstützen die Landwirte vor Ort ausdrücklich. „Nachhaltig und umweltschonend zu wirtschaften ist für uns selbstverständlich“, erklärt Matthias Detzel, Vorsitzender des Bauernvereins Herxheim, und spricht dabei auch für seine Berufskollegen, die sich an der Initiative „Herxheim blüht“ und am EFA-Projekt beteiligen. „Durch die Teilnahme an diesen Projekten leisten wir unseren Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt“, so Detzel.

Bereits im vergangenen Jahr wurden verschiedene Maßnahmen im Rahmen des EFA-Projektes durchgeführt, um die Artenvielfalt zu fördern. So wurde eine bewachsene Feldkante teilweise freigelegt, um bodenbrütenden Insekten mehr Lebensraum zu verschaffen.

Verschiedene Maßnahmen zur Strukturförderung

Im November sind im Grünstreifen am Ottersheimer Weg vier sogenannte „kombinierte Lebensräume“ als Querriegel in West/Ost Ausrichtung eingebaut worden. Diese Kleinstrukturen wurden so konzipiert, dass sie vielen Tierarten wie beispielsweise Insekten, Amphibien und Reptilien Lebensraum bieten. Sie stellen Nist-, Versteck-, Ãœberwinterungsmöglichkeiten sowie Eiablageplätze bereit. Die kombinierten Lebensräume als neue Landschaftsstrukturen verbinden sich mit den Blühstreifen auf den Ackerflächen, die ein zusätzliches Nahrungsangebot für Insekten und Vögel bieten. Im Sommer 2020 wurde ein Doppelmessermähbalken eingesetzt, mit dem die Staffelmahd von mehrjährigen Blühflächen, einer extensiven Streuobstwiese sowie der Feldränder entlang der Graswege erfolgte. Mit einem gezielten Mahdmanagement können die Höhe, Dichte, Zusammensetzung sowie unterschiedliche Blühtermine der krautigen Vegetation gesteuert werden. Der dadurch geförderte Struktur- und Blütenreichtum bietet vielen Tierarten Nist- und Nahrungsmöglichkeiten. Das Doppelmessermähwerk eignet sich dafür besonders gut, weil es tierschonend arbeitet.

Der Bauernverband Rheinland-Pfalz Süd engagiert sich ebenfalls in dem Projekt, denn er ist der Meinung, dass solche Projekte ausgezeichnet mit den Landwirten zusammen funktionieren. Die Landwirte sind zum einen an Naturschutz interessiert und setzen vor Ort schon viele Maßnahmen um. In dem Projekt arbeiten die Landwirte mit der naturschutzfachlichen Beratung zusammen, und auch das Umweltministerium ist über das Aktion Grün-Programm mit eingebunden. Das Projekt kann nach Überzeugung des BWV als Blaupause dafür dienen, wie so eine Zusammenarbeit funktionieren kann. Das EFA-Projekt soll Schwachpunkte und einen weiteren Kommunikationsbedarf aufzeigen.

Am Ende soll ein Weg aufgezeigt werden, wie eine intensive Landwirtschaft und der Erhalt der Artenvielfalt zusammenpassen – durch abgestimmte Maßnahmen, die die Landwirte und die Naturschützer gemeinsam tragen. Für den Bauernverband ist zudem wichtig, über das Projekt die nötige Kompetenz aufzubauen, um den Akteuren beratend zur Seite stehen können, wenn beispielsweise Kommunen mit Biodiversitätsprojekten auf den Verband zukommen.

Über die kommenden Jahre soll sich das Projekt weiterentwickeln. Ziel ist es herauszufinden, in welchem Umfang Maßnahmen für die hiesige Brutvogelfauna und die anderen kartierten Tiergruppen sinnvoll und förderlich sind.

Die positiven Beispiele sollen später zum Vorbild genommen werden, um auf größerer Ebene von möglichst vielen landwirtschaftlichen Betrieben übernommen zu werden. Ziel ist es, Maßnahmen zu erproben, die einerseits die Erhaltung von Biodiversität und andererseits die Ausführung moderner Landwirtschaft unter betriebswirtschaftlich erfolgreichen Bedingungen miteinander vereinbaren. Weitere Details zum Projekt finden sich unter www.efa-sued

pfalz.de.

ibs – LW 15/2021