Ausnahme ökonomisch geboten und gerecht
Es gibt viele Beispiele, bei denen der Mindestlohn zu Verwerfungen führen wird. Besonders groß werden die Folgen in grenznahen Regionen sein. In Ostdeutschland sind 8,50 Euro für die Handwerker, Minijobber, Hilfsarbeiter, Rentner und Praktikanten zu viel, um mit Mindestlöhnen von beispielsweise 2,21 Euro in Polen konkurrieren zu können. Diese Tatsache wird im Sonderkulturanbau schwerwiegende Auswirkungen haben. Bei der Produktion von Spargel und Erdbeeren beträgt der Anteil des Lohns an den Gesamtkosten bis zu 70 Prozent, ein Großteil der Lohnzahlungen geht an die Saisonarbeitskräfte. Bei 8,50 Euro besteht die größte Gefahr, dass die Erzeugung hierzulande nicht mehr konkurrenzfähig ist und künftig im billigeren Ausland stattfindet. Dass die Saisonarbeitskräfte aus Polen oder RumäÂnien bislang schon gut verdienen, weil man den Lohn in Relation zur Kaufkraft im Heimatland setzen muss, ist Nahles offenbar egal. Sie sind sogar gegenüber anderen Mindestlohnempfängern im Vorteil: Da sie als Kurzzeitbeschäftigte keine Sozialabgaben abführen und die Lohnsteuer pauschal vom Arbeitgeber übernommen wird, würden sie den Bruttolohn von 8,50 Euro auch netto erhalten. Eine Ausnahmeregelung beim Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte ist deshalb ökonomisch geboten und gegenüber anderen Arbeitnehmern gerecht.
Cornelius Mohr – LW 24/2014