Automatische Einzelpflanzen-Bekämpfung mittels Bildverarbeitung

Mitteleinsparung von 80 bis 98 Prozent

Am 29. September war auf dem Milchviehbetrieb Grünhaupt in Diemelstadt der RumboJet 880 im Einsatz. Die Maschine der Firma Allgäu Automation wurde speziell zur Ampfer-Einzelpflanzenbekämpfung im Grünland konzipiert.

Teilnehmer der Maschinenvorführung werfen einen Blick auf die Technik unter der Abdeckung des RumboJet.

Foto: Weihrauch

Der Maschinenring Waldeck-Frankenberg und die Grünlandberatung des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen hatten zur der Maschinenvorführung eingeladen. Katharina Weihrauch, LLH Grünlandberatung, gab zunächst einen Überblick zum optimalen Bekämpfungszeitpunkt, zur Mittelwahl und zur Nachbehandlung.

Ampfer: Biologie und Bedeutung

Der Stumpfblättrige Ampfer (Rumex obtusifolius) ist eines der weitverbreitetsten Problemkräuter im Grünland. Die Vermehrung erfolgt sowohl generativ über Samen als auch vegetativ durch Schösslinge aus dem Wurzelstock. Es handelt sich um ein äußerst ausdauerndes Samen- und Wurzelunkraut. Er gilt als Platzräuber, da wertvolle Futterpflanzen unter den Rosetten beschattet werden und ausfallen. Aufgrund der enthaltenen Oxalsäure wird er von Rindern und Pferden auf der Weide gemieden.

Im Silo können bei Ertragsanteilen von über 10 Prozent allerdings auch Vergiftungserscheinungen in Form von Stoffwechselstörungen auftreten. Schafe fressen hingegen auch adulte Pflanzen und sind diesbezüglich weniger anfällig.

Die Pflanzen bildet etwa 7000 Samen pro Jahr, die bis zu 70 Jahre keimfähig im Boden überdauern können. Die Keimfähigkeit bleibt auch nach der Darmpassage erhalten, sodass der Ampfer nicht selten über den Wirtschaftsdünger vollflächig auf den betrieblichen Futterflächen verteilt wird (Ampferkreislauf).

Als Stickstoffzeiger findet man die Pflanze auch im Intensivgrünland besonders dann, wenn regelmäßige Nachsaaten unterbleiben. Auf Siloflächen kommen die Gräser meist nicht zur Samenbildung, der Bestand überaltert, Einzelpflanzen fallen aus und Lücken entstehen.

Auch nach Schwarzwildschäden, Trockenperioden, dem Einsatz von Schlitztechnik oder einem zu tiefen Rasierschnitt ist ein vermehrter Ampferbesatz zu beobachten. Wird zu spät gehandelt, kann sich das Ampfer-Problem schnell zum Generationenprojekt entwickeln. Die Devise lautet daher: dranbleiben.

Bekämpfungsmethoden und Besonderheiten

Neben dem Erhalt einer dichten Narbe durch angemessene Nutzung, Nährstoffversorgung (auch auf pH-Werte achten) und Nachsaaten, der mechanischen Bekämpfung mittels Ausstechen oder intensiver Beweidung, ist der Einsatz geeigneter Pflanzenschutzmittel weit verbreitet. Das optimale Bekämpfungsstadium ist erreicht, wenn etwa 20 Prozent der Pflanzen beginnen, den Samenstand zu schieben. Dann gilt die Pflanze als ausgewachsen und Blattoberfläche bedeutet Wirkstoff-Aufnahmefläche. Somit werden in diesem Stadium die besten Wirkungsgrade erzielt.

Außer Wuchsstoffen wie Fluroxypyr, Triclopyr beziehungsweise deren Kombination werden auch systemisch wirkende Mittel angeboten, die zudem als kleeschonend eingestuft sin (Wirkstoff: Thifensulfuron Methyl). Die Schonung des Klees wirkt sich positiv auf die Erträge und vor allem deren Rohproteingehalte aus. Der Ausläufer bildende Weißklee schließt zudem besonders in Trockenperioden schnell Lücken, die geschwächte Gräser hinterlassen und leistet so einen entscheidenden Beitrag für eine dichte Grünlandnarbe.

Gleichzeitig ist allerdings auch die zum Teil erheblich Gräserwirkung der Mittel unstrittig. So werden nach dem Einsatz von Thifensulfuron Methyl bei kühlen Nächten, großen Temperaturschwankungen zwischen Tag (über 25 °C) und Nacht (unter 8 °C) oder Tagestemperaturen oberhalb von 25 Grad Blatteinkürzungen von bis zu 30 Prozent beschrieben.

Einzelpflanzenbehandlung mit etlichen Vorteilen

Durch eine Einzelpflanzenbehandlung können diese Effekte weitestgehend verhindert und Aufwandmengen eingespart werden. Der Kostenvorteil ist so hoch, dass die Einzelpflanzenbehandlung in vielen Grünladregionen bereits seit Jahrzehnten als gute fachlich Praxis fest im betrieblichen Grünlandmanagement verankert ist. Bisher kam vor allem die Rückenspritze beziehungsweise der Dochtstreicher zum Einsatz, bei flächenstarken Betrieben auch in Kombination mit Quad oder Motorcross Maschine.

Neben den wirtschaftlichen Vorteilen führen vermehrt aber auch rechtliche Vorgaben dazu, dass die Nachfrage nach einer anwenderfreundlichen Einzelpflanzenbekämpfung deutlich steigt. So ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in FFH-, Wasserschutzgebieten und einigen Agrarumweltprogrammen nur nach Ausnahmegenehmigung möglich und die Auflagen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit in den nächsten Jahren steigen. Für Bayern ist der flächenhafte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf dem Grünland seit dem 1. Januar 2022 verboten. Hintergrund war das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ 2019, das eine Novellierung des Bayerischen Naturschutzgesetzes nach sich zog.

Digitalisierte Einzelpflanzenbekämpfung

Der RumboJet 880 hat bei der Vorführung in der Einzelpflanzenbekämpfung technisch überzeugt und ist beispielsweise auch in Bayern für den Einsatz im Grünland zugelassen. Das angehängte Arbeitsgerät erkennt und besprüht die Ampferpflanzen während der Überfahrt in einem Arbeitsgang.

Die technische Umsetzung erfolgt dabei über einen klappbaren Stahlrahmen mit aufge­satteltem Spritzmittel- und Frischwassertank. Der mit roter Plane eingehauste Arbeitsbereich enthält neben den 88 einzeln anzusteuernden Düsen sechs Multispektralkameras und drei Prozessrechner. Die Umhausung schützt das Sprühbild vor Windeinflüssen und stellt zudem gleichmäßige Lichtverhältnisse für die hauptsächlich im Infrarotbereich arbeitenden Kameras sicher. Ebenfalls für eine gute Ausleuchtung sorgen die an den Kameras verbauten LED-Strahler.

Mit einer Bildverarbeitungsrate von 90 Bildern pro Sekunde werden die Blätter der Ampferpflanzen anhand von Oberflächenstruktur, Blattkontur und Farbe eindeutig detektiert. Fast zeitgleich öffnen und schließen Magnetventile diejenigen Düsen, die sich zum Zeitpunkt der Überfahrt über der erkannten Ampferpflanze befinden. Durch die Anordnung der Düsen entsteht auf dem Feld ein kleinräumiges Raster von 7 bis 10 cm Kantenlänge, wodurch eine hohe Treffgenauigkeit erzielt und somit kein überflüssiges Spritzmittel ausgebracht wird. Die Flächenleistung ist mit einer Arbeitsbreite von 8,80 m und einer Fahrgeschwindigkeit bis 10 km/h im Vergleich zu anderen Verfahren der Einzelpflanzenbehandlung unschlagbar. Aufgrund der geringen Mittelaufwendung ist ein Tankvolumen von 600 l ausreichend. Die Mitteleinsparung im Gegensatz zur Flächenbehandlung beträgt je nach Ampferbesatz auf der Fläche 80 bis 98 Prozent.

Exaktes Anschlussfahren auch ohne GPS möglich

Der RumboJet wiegt leer 1200 kg und wird im Zugmaul der Zugmaschine angehängt.

In ausgeklappter Arbeitsposition wird das Gewicht auf vier Tast­räder verteilt, die sich mittels Schwimmstellung der Klappzylinder auch unebenem Gelände anpassen können. Dank Weitwinkelgelenkwelle sind auch enge Kurvenfahrten möglich. Exakte Anschlussfahrten auf großen Flächen sind zwar ohne GPS-Lenksystem nicht so komfortabel aber dennoch problemlos machbar, da die Fahrspur des äußeren RumboJet-Tast­rades von der Kabine gut sichtbar ist.

Für einen reibungslosen Einsatz werden an der Zugmaschine etwa 70 bis 100 PS, eine Zapfwelle für die Pumpe, ein doppeltwirkendes Steuerventil für die Klappung sowie ein 3-Pol-Stecker benötigt. Letzterer sorgt dafür, dass die im RumboJet verbaute Pufferbatterie zur Energieversorgung der Kameras, Bordcomputer und Magnetventile immer ausreichend geladen ist. Alle Einstellungen und die Bedienung erfolgen über ein mobiles Tablet, das per WLAN mit den Bordcomputern kommuniziert und in der Schlepperkabine montiert werden kann.

Momentan arbeiten die Entwickler an der Erkennung weiterer Arten, sodass zukünftig zum Beispiel auch Kreuzkräuter erfasst werden sollen. Auf bereits ausgelieferte Modelle sollen Softwareupdates mittels postalisch verschickter SD-Karte überspielt werden können.

Nachhaltiger Erfolg nur mit Nachsaat

Etwa eine Wochen nach dem Einsatz, sobald der Ampfer vergeht, sollten 5 bis 10 kg/ha GV mit empfohlenen Sorten nachgesät werden. Sortenempfehlung für Mittelgebirgslagen sind unter llh.hessen.de/pflanze/gruen... aufrufbar.

Nur wenn die entstandenen Lücken schnell wieder geschlossen werden, ist ein nachhaltiger Bekämpfungserfolg möglich. Die Nachsaat ist also unbedingt der Pflanzenschutzmaßnahme anzuschließen beziehungsweise als Teil dieser zu begreifen.

Katharina Weihrauch, LLH, Fachgebiet Pflanzenbau, Martin Himmel- mann, LLH, Fachgebiet Ökonomie und Verfahrenstechnik  – LW 41/2022