Bekannte und verkannte Problempflanzen im Grünland

Wo sie auftreten, wie sie sich ausbreiten, wie man sie bekämpfen kann

Die Unterscheidung wertvoller Arten von Unkräutern und -gräsern ist in den Mischbeständen des Dauergrünlandes schwierig. Schon durch ihre bloße Existenz und als Bestandteil der heimischen Flora haben viele nicht angesäte Arten einen ökologischen Wert und spielen eine positive Rolle in den aktuellen Diskussionen um Biodiversität. Mit Blick auf den Grünlandertrag und den Futterwert kommt es allerdings darauf an, welchen Anteil sie im Bestand haben. Daneben gibt es absolute Unkräuter und Ungräser, die zum Teil giftig sind. Dr. Richard Neff, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, gibt einen Überblick.

Jakobskreuzkraut kann besonders gut in lockere und noch besser in lückige Grasnarben einwandern. Rechts: Die einjährige Blattrosette ist besonders gefährlich, weil sie schon giftig ist, aber noch nicht bitter schmeckt und deshalb auch auf der Weide häufiger gefressen wird.

Foto: Neff

Viele dieser Wildpflanzenarten sind diätetisch wirksam. Sie werden gerne gefressen, tragen zur Mineralstoffversorgung der Tiere bei und beeinflussen die Futteraufnahme insgesamt positiv. Wildpflanzenarten sind im Dauergrünland durchaus erwünscht. Allerdings kann sich ihre positive Wirkung umkehren, wenn ihre Ertragsanteile bestimmte Obergrenzen überschreiten. Dann werden positive Eigenschaften durch Mindererträge kompensiert, oder aber ein Überangebot an Kräutern wirkt nachteilig auf die Futteraufnahme.

Fakultative und absolute Unkräuter und Ungräser

Zusammen mit einigen minderwertigen, ansonsten aber unschädlichen Arten, werden diese Pflanzen in der Gruppe der fakultativen Unkräuter beziehungsweise Ungräser zusammengefasst. Ihre wichtigsten Vertreter sind: Wiesenkerbel, Wiesenknöterich, Bärenklau, Schafgarbe, Spitzwegerich, Löwenzahn und Quecke.

Damit diese Arten nicht überhand nehmen, sollten die Narben dicht sein, ausgewogene Nährstoffverhältnisse im Boden angestrebt und einseitige Wirtschaftsdüngergaben vermieden werden. Frühe Nutzung, in der Regel durch Beweidung, ist geeignet, um sie zurückzudrängen.

Daneben gibt es die sogenannten absoluten Unkräuter und -gräser. Das sind Pflanzen, die aus landwirtschaftlicher Sicht in Grünlandbeständen jeden Fall unerwünscht sind. Sie sind giftig oder werden als lästige Platz- und Nährstoffräuber von den Tieren als Futter verschmäht.

Die Bedeutung der Problemarten im Einzelfall hängt von den jeweiligen Gegebenheiten auf einer bestimmten Fläche ab. Manchmal sind es ganz konkrete Ereignisse wie Schwarzwildschäden, Überstauung, Frost oder Narbenzerstörung durch Erntetechnik, die die Grasnarben schnell und nachhaltig schädigen. Ursache und Wirkung sind dann leicht auszumachen. Nicht selten sind es aber auch längerfristige Entwicklungen, die auf breiter Front zu schleichenden Narbenveränderungen führen.

Beispiel dafür ist etwa das Queckeproblem der sechziger und siebziger Jahre als Folge der Grünlandintensivierung. Die Mineraldüngung mit Stickstoff wurde damals stark gesteigert und der Schnitt sukzessive vorverlegt. Dadurch verschwanden die zum ehemaligen Heuschnitt passenden Obergräser, aber die zur neuen Nutzung passenden Untergräser wie zum Beispiel Deutsches Weidelgras waren in den Narben noch nicht vorhanden. Profiteur auf breiter Front war die stickstoffdankbare, anpassungsfähige Quecke.

Jacobskreuzkraut ist der Profiteur der Extensivierung

Auch das aktuell zum Teil noch immer sehr emotional diskutierte Problem mit Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea) hat seine Ursache in einer grundsätzlichen Veränderung der Grünlandbewirtschaftung: Intensive Landwirtschaft konzentriert sich zunehmend auf produktive Standorte und regional größer werdende Flächenanteile werden zugunsten ökologischer Ziele extensiv bewirtschaftet. Auf nicht landwirtschaftlichen Flächen und Landschaftsstrukturen wie Wegrändern, Entwässerungsgräben oder Bahndämmen wird der Herbizideinsatz aus guten Gründen auf ein Minimum begrenzt oder unterbleibt vollständig. Von dieser Ökologisierung der Landschaft profitieren wunschgemäß viele Organismen. Doch zu den Gewinnern gehört auch das mittlerweile sehr bekannte Jakobskreuzkraut (JKK). Seinen Verbreitungsmechanismen entsprechend kann es sich auf Flächen mit lockeren und lückigen Narben leicht ausbreiten.

Als Ruderalart kommt JKK natürlicherweise besonders auf Brachflächen, in lockeren Extensivwiesenbeständen und in lückigen Weidenarben vor. Die gesamte Pflanze enthält leberschädigende Pyrrolizidinalkaloide und ist daher giftig. Als besonders gefährdet gelten Pferde und Schweine. Anders als bei vielen anderen toxischen Arten des Grünlandes verliert sich die Giftigkeit bei der Futterkonservierung zu Heu oder Silage nicht. Zusammen mit dem Wasserkreuzkraut löste Jakobskreuzkraut in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts die „Schweinsberger Krankheit“ bei Pferden aus. Hauptsächlich durch die Intensivierung der Grünlandbewirtschaftung und dem damit verbundenen Verschwinden der Kreuzkräuter aus den dichteren Beständen verschwand auch die Schweinsberger Krankheit nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend. Sie tauchte erst Ende der neunziger Jahre wieder auf, nachdem auf größeren Flächenanteilen wieder die althergebrachte Wirtschaftsweise ohne oder nur mit wenig Düngung und Nachsaat praktiziert wurde.

Zur Bekämpfung von JKK empfiehlt sich, soweit möglich, die Einzelpflanzenbekämpfung durch Ausreißen und anschließendes Vernichten. Sollte das aber nicht mehr zu bewältigen sein, kommt zur Erstbereinigung die Flächenbehandlung mit geeigneten Herbiziden in Betracht. Nachhaltiger Erfolg kann sich jedoch nur einstellen, wenn durch Bewirtschaftung und Pflege dicht gehaltene Narben das erneute Eindringen von außen und das Keimen bereits im Boden befindlicher Samen verhindern.

Gemeine Rispe nimmt auf Dauergrünland stetig zu

Eine ähnliche, kontinuierlich fortschreitende Entwicklung ist aktuell auf Intensivgrünland zu beobachten. Seit mehreren Jahren nimmt die Gemeine Rispe (Poa trivialis) auf Dauergrünland stetig zu. Am stärksten betroffen sind Siloflächen auf frischen Standorten. Die Ursache dafür dürfte im Einsatz immer schlagkräftigerer Technik liegen und in der Tatsache, dass gerade die frischen Auenstandorte zur Gülledüngung im ausgehenden Winter und häufig auch noch zur Ernte des ersten Aufwuchses Ende April/Anfang Mai für schwere Maschinen eigentlich noch nicht ausreichend tragfähig sind.

Zwar werden durch entsprechende technische Vorkehrungen wie Bereifung, Reifendruck, Achsenzahl oder Hundegang tiefgehende Bodenverdichtungen auf ein Minimum begrenzt. Dennoch wird der Sauerstoff aus der Hauptwurzelzone der Gräser, den obersten 10 cm, verdrängt. Dadurch verschwinden die leistungsfähigen Arten, und die sehr flach wurzelnde Gemeine Rispe breitet sich nahezu konkurrenzlos aus.

Von ihren Standortansprüchen her kommt die Gemeine Rispe verbreitet in feuchten Wiesen und Weiden vor und auch in Klee- und Luzernegras-Beständen. Sie verträgt längere Überstauung gut, aber keine Trockenheit. Im ersten und teilweise auch noch im zweiten Aufwuchs bildet sie Halme aus und ist dann leicht mit der ansaatwürdigen Wiesenrispe zu verwechseln. Gut zu erkennen ist sie jedoch am rauen Halm und am spitzen Blatthäutchen, das in den oberen Blattetagen bis 10 mm lang werden kann.

In den Sommeraufwüchsen verändert sie ihren Habitus vollständig. Halme werden nicht mehr gebildet, und die Blätter bilden den gefürchteten „Narbenfilz“ aus, der Nachsaaten so oft misslingen lässt. Weitere Folgen sind beträchtliche Ertragseinbußen bis zum Ertragsausfall bei Wassermangel und eingeschränkte Futteraufnahme, weil der muffig riechende Narbenfilz vom Weidevieh gemieden wird. Deshalb und wegen ihres mittlerweile beträchtlichen Flächenanteils ist Gemeine Rispe derzeit eine der bedeutendsten Problemarten des Grünlandes überhaupt.

Zur Bekämpfung sind betroffene Flächen scharf zu striegeln oder zu eggen und mit einer Nachsaatmischung nachzusäen. Bei starkem Besatz ist das Striegelgut vor der Saat zu schwaden und von der Fläche zu entfernen, damit das Saatgut Bodenkontakt bekommt und die Entwicklung der Keimpflänzchen nicht behindert wird.

Auch Wolliges Honiggras nimmt immer mehr zu

Auch Wolliges Honiggras (Holcus lanatus) nimmt immer mehr zu. Es kommt nahezu auf allen Standorten vor, auf Weiden weniger. Auf kalkarmen Böden ist bei Wasserstau Massenvermehrung möglich. Auch anderweitig verursachte Narbenauflockerungen, zum Beispiel durch fortgesetzten Siloschnitt und unterlassene oder mißlungene Nachsaat, begünstigen das Wollige Honiggras. So war es zum Beispiel in Umstellungsbeständen bei Grünlandextensivierung häufig aspektbildend.

Die Gemeine Rispe breitet sich besonders auf Fahrspuren aus, die von schwerer Technik verursacht wurden.

Foto: Neff

Als „Frühblüher“ mit äußerst lockerem Samensitz ist es besonders gut in der Lage, sich in lockeren oder lückigen Narben über Saatgut auszubreiten. Es ist ein geringwertiges Futtergras und wird wegen seiner dichten Behaarung von Weidevieh nur ungern und meist nur ganz jung gefressen. Als Bekämpfungsmaßnahme kommt frühe Nutzung zur Verhinderung der Samenreife in Frage, die Vermeidung physiologisch saurer Dünger sowie das Schließen von Narbenlücken durch Nachsaat. Ist der Ertragsanteil bereits größer als 30 bis 40 Prozent, ist ein Umbruch mit Neuansaat anzuraten.

Die Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) kommt verbreitet auf feuchten Wiesen vor. Sie hat in den zurückliegenden Jahren besonders dort zugenommen, wo Bewirtschaftung und Standort ihren Ansprüchen genügen. Extensive Bewirtschaftung mit niedrigem Düngeraufwand oder gar Düngerverzicht führt einerseits meist zu einer tendenziellen Vernässung von Standorten und sorgt andererseits für herabgesetzte interspezifische Konkurrenz im Bestand. Beides kommt der Ausbreitung der Herbstzeitlosen entgegen. Auf vielen Extensivwiesen und -weiden ist das Kraut eine ernste Bedrohung für Nutztiere und stellt in manchen Fällen die weitere Flächenbewirtschaftung in Frage.

Herbstzeitlose nicht so einfach zu bekämpfen

Die Herbstzeitlose blüht im Herbst und überdauert den Winter in einer Knolle im Boden. Im Frühjahr werden neue Blätter gebildet, und es erscheint der Fruchtstand als Samenkapsel etwa von April bis Ende Mai/Juni. Die gesamte Pflanze enthält ein toxisches Alkaloid mit höchsten Konzentrationen in den Blüten und in den den Samen. Ähnlich dem Jakobskreuzkraut baut sich auch das Gift der Herbstzeitlosen während der Konservierung nicht ab. Das heißt, dass es auch in Silagen und Heu ein Risiko für Nutztiere darstellt. Alle Nutztiere sind gefährdet.

Der Einsatz von Herbiziden kommt auf den meist vertraglich extensivierten Herbstzeitloseflächen in der Regel nicht in Frage. Aber der frühe, tiefe Pflegeschnitt mit Entfernung und Beseitigung der Samenkapsel ist geeignet, das „Vergiftungsrisiko“ in den folgenden Ernteaufwüchsen deutlich zu reduzieren. Der frühe Pflegeschnitt stellt meist die einzige praktikable Bekämpfungsmethode dar. Stechen oder Ziehen von Einzelpflanzen Anfang Mai kommt nur bei niedrigem Besatz in Frage, Entwässerung und Düngung sind meist mit den vorliegenden Extensivierungs- und Pflegeauflagen nicht vereinbar. Auch die manchmal empfohlene Beweidung mit hohem Besatz weideerfahrener Kühe verspricht keinen nachhaltigen Erfolg.

Graukresse ist eine giftige Problemart

Seit etwa fünfzehn Jahren wird die Graukresse (Berteroa incana) in Deutschland als Problemart eingestuft. Fütterungsversuche bei Pferden hatten ergeben, dass dieser Kreuzblütler nach Verzehr für erhöhte Temperatur, vermehrtes Auftreten von Ödemen in den Gliedmaßen und für Hufrehe verantwortlich sein kann. Bei starker Vergiftung beschleunigen sich Puls und Atmung, in Urin und Kot ist Blut und Stuten können ihr Fohlen verlieren. Tiere können sogar verenden. Allerdings muss der Rationsanteil an Graukresse über mehrere Tage mit zirka 30 Prozent recht hoch sein. Doch solche Größenordnungen werden durchaus erreicht.

Die schon seit dem Mittelalter eingebürgerte Graukresse ist eine 50 bis 70 cm hoch wachsende Pflanze aus der Familie der Kreuzblütler. Als einjährig überwinternde oder zweijährige Ruderalart kommt sie verbreitet in trockenen Sandgebieten, an Wegen, in Sand- und Kiesgruben und auf Brachen vor. Von dort wandert sie leicht in Magerweiden auf kalkarmen, leichten Sand- und Kiesböden ein. Überweidung begünstigt die Ausbreitung ebenso wie die Nutzung lockerer Heuwiesennarben. Rasante Ausbreitung auf entsprechenden Standorten mit problematisch hohen Ertragsanteilen ist vor allem zu beobachten, wenn Neuansaaten aus produktionstechnischen Gründen oder wegen ungünstiger Witterung nicht gelingen.

Dichte Grasnarben auch auf strapazierten Pferdeweiden beugen der Einwanderung von Graukresse vor. Eine wirksame Bekämpfung kann mit zugelassenen Grünlandherbiziden und anschließendem Narbenschluss per Nachsaat erfolgen.

Auf eine geschlossene, dichte Grasnarbe achten

Zusammenfassend ist zu sagen, dass alle Maßnahmen zum Erhalt einer geschlossenen und dichten, aus leistungsfähigen Arten bestehende Grasnarbe das Eindringen und die Ausbreitung unerwünschter Gräser und Kräuter erschweren und im günstigsten Fall verhindern. Welche Maßnahmen das im konkreten Falle sind, hängt von den jeweiligen Rahmenbedingungen ab. Ordnungsgemäße Bewirtschaftung einschließlich Düngung und angemessene Grünlandpflege, sind jedenfalls wichtige Voraussetzungen für gute Wiesen- und Weidenarben sowie gesundes, wertvolles Futter.

 – LW 14/2016