Bestände ab Schossbeginn aufmerksam beobachten

Früher Fungizideinsatz im Getreide

Die Getreidebestände sind in diesem Jahr relativ vital aus dem Winter gekom-men, wenngleich beim Winterweizen die Bestockung häufig noch Nachholbedarf aufwies. Nach einem überwiegend warmen trockenen Herbst stellte sich die Vegetationsruhe mit Beginn des Dezembers ein. Nach zwei Wochen wurde die Vegetation nochmals für etwa 20 Tage angeschoben, bevor eine anhaltende Winterruhe bis weit in den März eintrat.

Die vergangene Saison war hinsichtlich des Fungizideinsatzes im Vergleich mit den Vorjahren eine der effektivsten.

Foto: agrar-press

Somit gab es vorerst nur wenig Infektionsmöglichkeiten für Halmbruch und Blattkrankheiten, aber trotzdem müssen ab Schossbeginn die Getreidebestände genauestens beobachtet werden. Die vergangene Saison war hinsichtlich des Fungizideinsatzes im Vergleich zu den Vorjahren eines der effektivsten. Welche Überlegungen sind nun für 2013 anzustellen?

Halmbruchrisiko individuell einschätzen

In Roggen, Triticale und Weizen kann die Krankheit bekämpfungswürdig auftreten. In den letzten Jahren war dies nur noch sporadisch der Fall. Die Risikofaktoren für einen stärkeren Befall sind Saattermin, Sorte, Anteil Wintergetreide in der Fruchtfolge und der Witterungsverlauf über Winter und im Frühjahr.

Somit sind bis zum heutigen Tag am ehesten kritisch:

  • Septembersaaten
  • Fruchtfolgen mit hohem Anteil Winterungen (>50 Prozent)
  • Vorfrucht Wintergetreide

Diese Voraussetzungen sind vermehrt in den Mittelgebirgsregionen anzutreffen, wo verstärkt Winterweizen im Wechsel mit Winterraps angebaut wird. In der Regel sind diese Standorte auch niederschlagsreicher. Trotzdem gibt es einzelbetrieblich erhebliche Unterschiede beim Fruchtwechsel.

Der bisherige Witterungsverlauf hat Infektionen durch den Erreger der Halmbruchkrankheit ermöglicht, doch nur in einem relativ kleinen Zeitfenster. Das Frühjahr muss also noch ausreichend feucht sein, damit der Erreger der Halmbasiserkrankung durch die Blattscheiden bis zum Halmgrund durch wachsen kann. Nur dann sind Ertragsverluste zu erwarten.

Zur besseren Beurteilung der eigenen Situation kann unter www.isip.de das Entscheidungsmodell genutzt werden. Mit nur wenigen Eingaben zum Standort erhält man vom Prognosemodell, das die Wetterdaten der nächstgelegenen Station nutzt, eine Empfehlung. Aufgrund der aktuell höheren Bodenfeuchte empfiehlt sich besonders in getreidereichen Fruchtfolgen eine zusätzliche Bestandeskontrolle im 1- bis 2-Knotenstadium (BBCH 31-32) vorzunehmen, zumal erst ab diesem Zeitpunkt eine Bekämpfung sinnvoll ist. Sind mehr als ein Viertel der Pflanzen an den Blattscheiden verbräunt oder der darunterliegende Halmgrund ist bereits infiziert, sollte mit Blick auf die weitere Witterung eine Behandlung erwogen werden. Mitunter sind auch noch ausreichende Erfolge bis zum Erscheinen des letzten Blattes (BBCH 37) möglich.

Ist die Behandlungsnotwendigkeit im 1- bis 3-Knotenstadium gegeben, sollte in diesem Stadium möglichst auf die neue Wirkstoffgeneration der Carboxamide verzichtet werden, da diese zu ihrem eigenen Schutz vor einer drohenden Resistenz nur einmal pro Saison eingesetzt werden sollten. Deren Potenzial hebt man sich besser für die späte Blattbehandlung auf. Brauchbare Lösungen sind beispielsweise Capalo und Input Classic. Hiermit werden auch vorhandene Mehltau- oder Septoria-Infektionen abgedeckt.

Sind Blattkrankheiten schon relevant?

Zum heutigen Zeitpunkt ist nur schwerlich eine Prognose zum Auftreten von Blattkrankheiten möglich. Grundsätzlich ist bei günstiger Wasserversorgung in Verbindung mit einer guten Nährstoffversorgung (vor allem bei Stickstoff) mit einer frühen Blattkrankheitsetablierung zu rechnen. Bei den frühen Terminen richtet sich der Fokus vornehmlich auf Wintergerste, Roggen und Triticale.

Je nach Vegetationsverlauf und Anbauregion sind die Abschlussbehandlungen in Wintergerste bereits in der letzten Aprildekade erforderlich. Winterroggen folgt etwa eine Woche später. Bei langsamerem Verlauf kann dies bis zu zwei Wochen später sein.

Hoher Gerstenanteil in der Fruchtfolge erhöht das Risiko

Im frühen Schossstadium der Wintergerste treten zuerst Rhynchosporium-Blattflecken und Netzflecken in Erscheinung. Die empfohlenen Sorten sind meist als mittelanfällig beschrieben, wobei die Mehrzeiler KWS Meridian und Hobbit etwas stärker von Netzflecken (BSA-Note 5) und die Zweizeiler Canberra, Sandra, Malwinta und Wintmalt eher von Rhynchosporium (BSA-Note 5-6) heimgesucht werden. Das Risiko für einen stärkeren Frühbefall ist besonders hoch bei der Verwendung belasteten Saatguts oder bei wiederholtem Gerstenanbau. KWS Meridian und Wintmalt haben zum frühen Zeitpunkt eine leichte Schwäche bei Mehltau.

Ab dem Ährenschieben tritt zusätzlich Zwergrost (Canberra u. Sandra, BSA 7) auf und zunehmend in Abhängigkeit von der Witterung unspezifische Blattflecken, die als PLS-Flecken bezeichnet werden, sowie die Ramularia-Sprenkelkrankheit. Die Letztgenannten werden besonders durch den Wechsel wüchsiger Phasen mit weichem Blatt und darauf folgender intensiver Sonneneinstrahlung begünstigt. In den Versuchen des DLR in den Jahren 2008 bis 2012 dominierten die Krankheiten Ramularia und PLS-Flecken vor Rhynchosporium.

Wintergerste wächst Pilzkrankheiten oft davon

Häufig wächst die Wintergerste den pilzlichen Krankheiten, die sich während der Bestockung etablieren konnten, während des Schossens davon. Nur in Extremsituationen sind zum 2-Knotenstadium Gegenmaßnahmen erforderlich. In der Regel bietet sich die späte Schossphase bis zum Grannenspitzen (BBCH 37-49) als idealer Zeitpunkt an. Da im Schnitt der letzten Jahre von einer Ertragssicherung von etwa 8 bis 10 dt/ha, bei einer Schwankung von 0 bis 20 dt/ha, auszugehen ist, erscheint eine breite Absicherung sinnvoll.

Besonders mit Blick auf die spät auftretenden PLS-Flecken und Ramularia sind neben den älteren Produkten mit dem Kontaktwirkstoff Chlorthalonil (Amistar Opti u. Credo) oder Boscalid im Champion die neuen Carboxamid-Wirkstoffe von Vorteil (Adexar, Aviator Xpro Duo, Bontima, Input Xpro, Seguris Opti). Unter normalem Befallsdruck bis zur Bekämpfungsschwelle reichen 80 Prozent der zugelassenen Menge aus.

Wie an der Grafik gut zu erkennen ist, bestimmt die Jahreswitterung maßgeblich über das Ertragsniveau und die Ertragsabsicherung durch den Fungizideinsatz.

Im Roggen ist vor allem eine lange Wirkungsdauer gefordert

In den vergangenen Jahren traten bis Mitte des Schossens an Roggen oder Triticale selten Blattkrankheiten in nennenswertem Umfang auf.

Bei Roggen können sich durchaus schon Rhynchosporium-Blattflecken und erster Braunrost zeigen, doch liegt hier der Anwendungsschwerpunkt eindeutig auf dem Schossende bis zum Beginn des Ährenschiebens. Eindeutig ist der Braunrost die dominierende Krankheit in dieser Kultur, wenngleich die empfohlenen Sorten (wie Brasetto oder Palazzo) nur als mittelanfällig beschrieben sind.

Das Befallsausmaß fällt wiederum sehr unterschiedlich aus, und somit ist der Fungizideinsatz mehr oder weniger lohnend.

Im Roggen ist vor allem eine lang anhaltende Wirkungsdauer gefordert, da der Zeitraum bis zur Milchreife mit etwa sechs Wochen recht lang ist. Gelegentlich genügen gut wirksame Azole bei optimaler Terminierung. Sicherer und anhaltender wirksam sind Kombinationen mit Strobilurinen (zum Beispiel Acanto, Amistar Opti, Diamant) oder Carboxamiden (siehe oben).

Triticale ist relativ robust

Bei starkem Septoria-Druck ist zusätzlich ein kurativ wirksames Azol notwendig.

Foto: agrar-press

Die aktuell empfohlenen Triticalesorten sind eigentlich recht robust. Lediglich SW Talentro neigt zu Mehltaubefall und Cando sowie Mikado wurden 2012 Opfer eines starken Gelbrostauftretens. Die wenigen Versuche, die vorwiegend am Standort Bitburg durchgeführt wurden, belegen ebenfalls eindrucksvoll, dass der Fungizideinsatz im Durchschnitt rentabel ist, aber in einzelnen Jahren auch unwirtschaftlich. Am häufigsten ist das Augenmerk auf die Septoria-Blattdürre zu richten, aber Braun- oder Gelbrost müssen genauestens beobachtet werden.

Gelegentlich kann sowohl bei Roggen als auch Triticale ein früher Mehltaubefall auftreten. Dem kann eventuell zusammen mit einem Wachstumsreglereinsatz mit Spezialmitteln wie Talius und Vegas begegnet werden. Corbel ist nicht in Triticale ausgewiesen. Breiter wirksam sind Lösungen mit Capalo oder Input Classic.

Bei Winterweizen steht Septoria im Mittelpunkt

Zum frühen Zeitpunkt stellt sich beim Winterweizen – abgesehen vom Halmbruch – lediglich die Frage nach dem aktuellen Druck durch die Blattdürre (Septoria tritici) oder nach einem akuten Mehltaubefall. Gegen Septoria-Blattdürre sind stärker gefährdet Frühsaaten und Stoppelweizen sowie beispielhaft die Sorten Akteur, JB Asano, Cubus oder Premio. Bei Akteur oder Premio muss zudem auf Mehltau geachtet werden.

Strategisch bedeutet dies, dass zum frühen Zeitpunkt bei mittlerem Septoria-Druck der Einsatz eines Kontaktfungizides (Bravo oder Dithane NeoTec) in Verbindung mit einem Wachstumsregler sinnvoll wäre. Nur bei starkem Druck ist zusätzlich ein kurativ wirksames Azol notwendig. Bei Mehltau sind wiederum die speziellen Wirkstoffe gefordert.

Mittelwahl und Terminierung

Die in diesem Bericht erwähnten Mittel sind beispielhaft genannt. Auf eine ausführliche Erwähnung diverser Möglichkeiten wird bewusst verzichtet, da sich die Auswahl eines Präparates neben der Indikation häufig auch am Preis ausrichtet.

Entscheidender als die Mittelwahl sind im Laufe der Vegetation die richtige Beobachtung und Ansprache auftretender Krankheiten sowie die Terminierung des Fungizideinsatzes. So können zu frühe Behandlungen bedeuten, dass nicht ausreichend Wirkungsdauer vorhanden ist und zu späte Einsätze bei Befall über den einschlägigen Bekämpfungsschwellen, dass das Wirkpotenzial nicht mehr ausreicht, um Ertragsverluste abzuwenden.

In den einschlägigen Informationsbroschüren, wie beispielsweise der Broschüre „Pflanzenschutz im Ackerbau und Grünland – Empfehlungen 2013“ des DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück sind Fungizide umfangreich in Tabellen gelistet. Bei der Auswahl ist darauf zu achten, dass für die jeweilige Kultur eine Zulassung besteht.

Gibt es im Betrieb Berührungspunkte zu Oberflächengewässern, muss unbedingt auch auf die Abstandsauflagen geachtet werden. Am stärksten betroffen sind Fenpropidin (Zenit M, Gladio, Epoxion Top), Fenpropimorph (Corbel, Capalo) und Spiroxamine (Input, Input Xpro, Pronto Plus).

Ulrich Nöth, Dienstleistungs zentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Bad Kreuznach – LW 14/2013