Beträchtliche Mindererträge vom Grünland
Landwirte in Hessen und der Pfalz schildern ihre Situation
Die heimischen Futterbaubetriebe müssen in diesem Jahr beträchtliche Mindererträge auf ihren Grünlandflächen hinnehmen. Die langÂanhaltende Trockenheit hat ebenso Auswirkungen auf Mais und andere Futterpflanzen. Auch das Greening spielt eine Rolle. Das LW hat sich bei Landwirten in Hessen und Rheinland-Pfalz nach der Lage erkundigt und gefragt, wie sie mit der drohenden Futterknappheit umgehen.
Im nordhessischen Waldeck gibt es nach Angaben von Friedrich Pohlmann regional sehr große Unterschiede bei den Niederschlägen und somit auch beim Aufwuchs auf dem Grünland. Der Landwirt aus Willingen-Welleringhausen bewirtschaftet einen 100-Hektar-Gemischtbetrieb mit rund 55 Milchkühen. Beim ersten Grünlandschnitt Mitte Mai hatte er 30 Prozent weniger als in Normaljahren geerntet. Beim zweiten Schnitt, den Pohlmann in der letzten Juniwoche durchführte, waren es 35 bis 40 Prozent weniger. Dazu kam eine Mäuseplage auf den Flächen „wie ich sie noch nie erlebt habe“. Die Nager vermindern nicht nur zusätzlich den Aufwuchs, der Landwirt muss auch aufpassen, dass das Futter nicht verschmutzt.Vorräte aus dem vergangenen Jahr
Pohlmann ist froh, dass er im vergangenen Jahr eine sehr gute Grasernte eingebracht hat, die nach seiner Kalkulation bis Jahresende ausreicht. Voraussetzung für die gute Ernte im vergangenen Jahr seien neben den Niederschlägen eine intensive Nutzung und gute Nährstoffversorgung der Grünlandflächen gewesen.
Um den drohenden Futtermangel auszugleichen, wurden in der Region nach Beobachtung des Landwirts beträchtliche Flächen an Getreide gehäckselt und einsiliert. Andere Landwirte haben zum Teil Biertreber und Rübenpressschnitzel gekauft beziehungsweise geordert. Die Möglichkeiten seien aber begrenzt, und Kunden, die auch bislang diese Futtermittel gekauft hätten, würden bevorzugt.
Durch das Greening, das in diesem Jahr erstmals angewendet wird, sieht Pohlmann die Flexibilität der Landwirte eingeschränkt. Bei frühräumendem Getreide habe man früher noch eine Zwischenfrucht anbauen können, um Futtermittelknappheit auszugleichen. Die Flächen sind jetzt meist als ökologische Vorrangfläche (ÖVF) belegt. Die vergangene Woche erfolgte Erlaubnis, den Aufwuchs auf Brachen, die als ÖVF angemeldet wurden, nutzen zu können, hätte er sich drei Wochen früher gewünscht.
Auch das Stroh, das die Futterknappheit mindern könnte, wird knapp, so Pohlmann. Einerseits ist durch die Trockenheit auch der Getreidestrohertrag geringer, andererseits geht potenzielle Ackerfläche durch die ÖVF verloren. Die Verfügbarkeit für Betriebe mit Futterknappheit wird außerdem durch die GPS und den Eigenbedarf der viehhaltenden Betriebe eingeschränkt. Pohlmann appelliert deshalb an die Ackerbaubetriebe, Stroh an die Viehalter abzugeben.
Ausgleich mit Ganzpflanzensilage
Bei seinem Namensvetter Christian Pohlmann, der im Waldeckischen Upland zwischen 350 und 500 Meter seinen Milchviehbetrieb mit rund 220 Kühen bewirtschaftet, war es noch trockener. Beim zweiten Grünlandschnitt, den er vergangene Woche einbrachte, erzielte er nur einen Ertrag von 20 Prozent im Vergleich zu den Normaljahren. „Das war mehr oder weniger ein Pflegeschnitt.“ Das lag aber auch daran, dass er den ersten Schnitt lange herausgezögert hatte, weil er schon die Befürchtung hatte, dass es in diesem Jahr sehr trocken wird: „Am 26. Mai waren wir die letzten. Durch den späten Termin gab es zwar einen annähernd normalen Ertrag, allerdings ist die Qualität nicht top“, sagt Pohlmann.
Im Jahresschnitt liegt die Region mit 900 mm Niederschlag nicht schlecht, doch oft gibt es eine Sommertrockenheit. Die flachen Schieferverwitterungsböden können nicht viel Wasser speichern. Wenn alles gut läuft, wie im letzten Jahr, sind fünf Schnitte drin. Dann muss allerdings intensiv und bedarfsgerecht gedüngt werden. Vorsorglich hat Christian Pohlmann 20 Hektar Weizen gehäckselt und als Ganzpflanzensilage (GPS) einsiliert. Sein Silomais sei gut gestartet aber durch die Trockenheit ins Stocken geraten. Dadurch habe sich das Unkraut stark entwickelt. Pohlmann rechnet beim Mais mit einem Minderertrag von 25 Prozent. In Normaljahren erntet er rund 40 Tonnen pro Hektar. Als zusätzliche Futtermittel besorgt er sich Melasseschnitzel und Heu.
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Nachbarschaftshilfe mit Biogasbetreiber
Im oberhessischen Vogelsberg im Städtchen Schlitz bewirtschaftet Martin Weppler einen 150-Hektar-Betrieb, davon sind 90 Hektar Ackerland. Er hält 70 bis 80 Milchkühe und die gleiche Anzahl Jungvieh. Beim ersten Schnitt, den er vom 20. Mai bis zum 1. Juni als Rundballensilage eingebracht hat, hat er 15 bis 20 Prozent weniger geerntet. Der zweite Schnitt steht noch aus. Weppler geht davon aus, dass der Ertrag 50 bis 60 Prozent niedriger als in Normaljahren liegen wird. Bei 620 bis 650 Millimeter durchschnittlichen Jahresniederschlägen bringt er normalerweise drei bis vier Schnitte ein. Vergangenes Wochenende hat es erstmals seit langer Zeit geregnet, etwa 17 Millimeter. Weppler geht davon aus, dass das Futter für seine Tiere ausreichen wird. Er hatte Glück: Ein Nachbar, der eine Biogasanlage betreibt, überließ ihm 30 Hektar Grünland zum Abernten. Er liefert ihm im Gegenzug Gülle und Mist für die Biogasanlage. Die Beerntung der Bracheflächen, die er als ÖVF angegeben hat, lohnt sich wegen der geringen Menge und Qualität nicht. CM
Grundfuttermangel auch in der Fleischrinderhaltung
„Auch die Fleischrinderhalter sind stark vom Grundfuttermangel betroffen“, sagt Günter AlÂbrecht, Kreisvorsitzender des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd im Kreis Kaiserslautern. Der Betrieb hält inklusive Nachzucht 120 Limousinrinder. „In der Pfalz ist es sehr trocken, der erste Grassilageschnitt entsprach noch 60 bis 70 Prozent der normalen Menge“, sagt der Landwirt. Der zweite Schnitt konnte gar nicht geerntet werden, da der Aufwuchs als Weidefläche gebraucht wurde. „Zum Mähen wäre das auch zu wenig gewesen, die Tiere müssen jetzt alle zwei bis drei Tage umgetrieben werden“, sagt AlÂbrecht. Außerdem füttert er seit vier Wochen Silageballen aus dem vergangenen Jahr auf der Weide zu. Bei 20 Kühen mit Kälbern gehe täglich ein Ballen weg. Zum Glück hat er im letzten Jahr eine sehr gute Ernte eingefahren, in seinem Betrieb reicht das Futter dadurch derzeit noch aus.
Zwischenfrüchte und Sorghumsilage
Für die weitere Futterplanung setzt Albrecht auf Zwischenfrüchte. „Das ausgesäte Weidelgras kann uns noch zwei Schnitte bringen, wenn es so weiterÂregnet wie in den vergangenen Tagen.“ Außerdem baut er als einer der wenigen in der Region Sorghumgras an. „Da unser Betrieb an das rheinland-pfälzische Extensivierungsprogramm FUL (Förderprogramm Umweltschonende Landbewirtschaftung) angeschlossen ist, dürfen wir keine Maissilage anbauen“, so der Landwirt. Die Sorghumsilage sei zwar vom Ertrag nicht so gut wie Maissilage, bringe jedoch noch genügend Masse bei einem akzeptablen Nährwert und werde von den Fleischrindern gerne gefressen. Die Hirse säte er Mitte Juni auf Flächen, auf denen er Ende Mai Roggen-Ganzpflanzensilage für eine Biogasanlage erntete.
Albrechts Berufskollegen im Kreis Kaiserslautern helfen sich derzeit gegenseitig mit alternÂtigem Futter aus oder fragen beispielsweise in der Zuckerfabrik Offstein Rübenschnitzel nach. Vor allem die Milchviehhalter hoffen auf weiteren Regen und damit eine normale Maissilageernte. „Man kann in diesem Jahr gute und schlechte Böden auf einen Blick unterscheiden. Auf lehmigen Standorten steht der Mais gut, auf leichten Böden sind die Pflanzen kniehoch und die BlattÂränder teilweise schon braun.“ Allen Maisbeständen, die nach GPS gesät wurden, fehle Wasser.
Die Brachflächen, die er als ökologische Vorrangflächen angemeldet hat, seien als Futterquelle nicht zu gebrauchen. „Die Gräser sind total überständig. Gutes Stroh hat mehr Nährwert als das Gras auf diesen Flächen“, so Albrecht. Die Freigabe der Greeningflächen kam seiner Meinung nach zu spät.
Betriebe reagieren mit Viehverkäufen
Einige Mutterkuhhalter reagieren auf den Futtermangel bereits mit Viehverkäufen. Kühe, die nicht gekalbt haben, gehen teilweise aus den Betrieben. Dies beobachtet auch die Zucht- und Besamungsunion Hessen (ZBH). Ab Hof würden bereits jüngere Absetzer angeboten, die normalerweise noch einige Zeit im Betrieb geblieben wären. Um dies zu kanalisieren, wird die ZBH eine zusätzliche Absetzerauktion anbieten, und zwar am 19. August in Alsfeld (ZBH, 06631/ 78410).
Ad – LW 30/2015