Bleibt Spargelanbau rentabel?
Saisoneröffnung in Hessen 2015 auf Betrieb Peter Lipp
Am vergangenen Freitag hat die hessische Landwirtschaftsministerin Priska Hinz auf dem Betrieb von Peter Lipp in Weiterstadt die diesjährige Spargelsaison in Hessen offiziell eröffnet. Im Beisein von viel Prominenz und zahlreichen Journalisten hat die Ministerin den ersten Spargel gestochen und die neue Spargelkönigin gekürt.

Foto: Imke Brammert-Schröder
Hinz lobte die Werbekampagne für das heimische Gemüse, das in Hessen vor allem im Süden in den Landkreisen Groß-Gerau, Bergstraße und Darmstadt-Dieburg angebaut wird. „Im Rhein-Main-Gebiet ist auch die Kaufkraft da“, sagte die Ministerin. Von Vorteil seien auch die kurzen Transportwege und die Nähe der Anbauer zum Verbraucher. „Die Verbraucher sehen, wo der Spargel angebaut wird. Es ist ein Vertrauensbeweis, dass die Verbraucher auf die Höfe gucken können“, so Hinz. Bauer Lipp sei mit seinem Spargelfestival in der Spargelsaison ein gutes Beispiel dafür.
Mindestlohn, Arbeitszeit und Bürokratie thematisiert
Auch zum Thema Mindestlohn nahm Priska Hinz Stellung. „Qualitätsgemüse hat seinen Preis, auch weil viel Handarbeit wie beim Spargel geleistet wird. Sicher trägt auch der Mindestlohn dazu bei. Er ist es aber Wert, weil harte Handarbeit entsprechend entlohnt werden muss.“ Sie ist sich sicher, dass die Preisschwankungen des Spargels durch das Wetter für die VerbrauÂcher schwieriger zu verkraften sind als der Preisaufschlag durch den Mindestlohn.
Diese Position konnte Rolf Meinhardt, Vorsitzender des Arbeitskreises Spargel Südhessen, nicht teilen. Er rechnete vor, dass durch die Einführung des Mindestlohns die Lohnkosten um rund 1 000 Euro je ha steigen. „Wir versuchen, die gestiegenen Kosten zu kompensieren, weil wir sie nicht voll an die Verbraucher weitergeben können“, so Meinhardt. Es werde mehr Technik zum Einsatz kommen und die Arbeitseffektivität müsse ansteigen. „Die Produktivität der Anlagen und der Arbeitskräfte muss weiter gesteigert werden.“
Noch mehr als der Mindestlohn beschäftigt die Spargelanbauer nach Meinhardt die zunehmende Bürokratie und das unflexible Arbeitszeitgesetz, das in der Praxis Probleme bereitet. „Wir müssen genaueste Arbeitszeit-Dokumentationen führen, die durch die Zollbehörden kontrolliert werden. Allein in Hessen sollen 120 Stellen dafür neu geschaffen werden. Zehn Stunden Arbeitszeit sind maximal erlaubt. Wie soll man da große ErntemenÂgen bewältigen, wenn mal eine Hitzeperiode kommt?
Wie sollen die Ruhezeiten von elf Stunden eingehalten werden können? Der bürokratische Aufwand wird immer höher getrieben und wir haben dafür überhaupt kein Verständnis“, machte er seinem Unmut Luft.
Flexiblere Umsetzung der Vorgaben ist erforderlich
Dr. Willi Billau, Vorsitzender des Regionalbauernverbandes Starkenburg, forderte von der Politik eine Flexibilisierung bei den Arbeitszeiten. „Uns steht nur ein enger Zeitrahmen für die Ernte von Spargel und Erdbeeren zur Verfügung. Die Regelung, dass elf Stunden Nachtruhe einzuhalten sind, muss flexibler gehandhabt werden können.“ Auch zum Thema Mindestlohn äußerte er sich: „Viele kleinere Betriebe tun sich mit dem Mindestlohn schwer, sie haben höhere Lohnkosten und können diese kaum umlegen. Es kann nicht in sein, dass die kleinen und die mittleren Betriebe aus der Produktion aussteigen“, so der Vorsitzendes des Bauernverbandes.
Die Antwort von Ministerin Hinz kam prompt: „Die Landwirtschaft hat den Tarifvertrag nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz selbst abgeschlossen und einer Staffelung des Mindestlohns von jetzt 7,40 Euro auf 9,10 Euro Ende 2017 zugestimmt.“ Sie gab aber zu, dass eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten sinnvoll sei und sagte zu, dass sie bei der Agrarministerkonferenz einen entsprechenden Vorschlag zum Abbau bürokratischer Hürden machen wolle. In Hessen gibt es gut 150 registrierte Spargelbetriebe, die auf einer Fläche von 2 214 ha SparÂgel anbauen. Hessen hat laut Statistiken mit 6,3 t/ha neben Thüringen den höchsten Ertrag in Deutschland. Der größte Teil der Spargelerzeuger hat sich dem Qualitätszeichen „Geprüfte Qualität-Hessen“ angeschlossen.Der gastgebende Spargelhof Lipp ist bereits seit der Entstehung des Zeichens im Jahr 2003 für die Qualitätsmarke „Geprüfte Qualität-Hessen“ zertifiziert und bewirtschaftet insgesamt 215 ha Anbaufläche, davon etwa 95 ha Spargel sowie 28 ha Erdbeeren.
Die Familie Lipp erhielt zur diesjährigen Saisoneröffnung auf dem eigenen Betrieb eine AnÂerkennungsurkunde aus den Händen der Ministerin. „Mein Großvater Adam Lipp baute im Jahr 1922 den ersten Spargel an. Spargel passt gut auf die Sandböden hier in Weiterstadt“, sagte Peter Lipp bei der Vorstellung seines Betriebes. Seit der Aussiedlung im Jahre 1958 verfügt Lipp über 100 m² Verkaufsfläche im Hofladen vor Ort und rund 90 Verkaufsstände, die im Umkreis von 100 km zu finden sind. Seit diesem Jahr hat Lipp auch Biospargel im Angebot. Diesen baut er in Rheinhessen an. Die Flächen befinden sich im letzten Umstellungsjahr. Ein besonderes Ereignis begründete Peter Lipp, als er 2001 die Spargelzeit mit einem Hoffest eröffnete und dieses ab 2005 zu einem 66 Tage anÂdauernden Spargelfestival mit einer Besucherverköstigung ausbaute.
Brammert-Schröder – LW 17/2015