Bodenwasser reicht aktuell nicht zur Keimung

Ergebnisse der Landessortenversuche Wintertriticale 2017/2018

Die in Hessen durchgeführten Landessortenversuche (LSV) zu Triticale erreichten im Versuchsdurchschnitt einen Kornertrag von 96,5 dt/ha und belegen die Leistungsfähigkeit und Anbauwürdigkeit von Triticale. Prädestiniert ist die Kultur für Grenzertragsstandorte des Weizenanbaus, wo sie ein höheres Ertragsniveau erreicht. Die Ergebnisse der Landessortenversuche Wintertriticale kommentiert Dr. Antje Herrmann, LLH Landwirtschaftszentrum Eichhof.

Aufgrund seiner Ertragsstärke und seines guten Futterwertes wird Triticale bevorzugt in Veredelungsbetrieben eingesetzt.

Foto: landpixel

In der Fruchtfolge steht Triticale oft als abtragende Frucht und wurde bislang im Vergleich zu Winterweizen und Wintergerste mit geringerer Intensität (Düngung, Pflanzenschutz) geführt. Die in den letzten Jahren durchbrochenen Resistenzen bei Gelbrost und Mehltau erfordern jedoch jahres- und standortabhängig ebenfalls einen intensiveren Pflanzenschutzmitteleinsatz. Aufgrund seiner Ertragsstärke und seines guten Futterwertes wird Triticale bevorzugt in Veredelungsbetrieben eingesetzt. Bei der Verfütterung von Triticale muss jedoch die Anfälligkeit für Fusarium und die daraus resultierende Gefahr der Bildung von Mykotoxinen berücksichtigt werden.

Die Anbaufläche von Triticale in Hessen ist über die letzten Jahre relativ stabil und wird für das aktuelle Jahr auf 17 600 ha geschätzt (Quelle: Destatis). Im Mittel über die letzten zehn Jahre erreichte Triticale einen um 12,2 dt/ha geringeren Ertrag als Winterweizen. Dies ist vor allem auf die höhere Standortqualität der Weizenanbauflächen und die bessere Fruchtfolgestellung des Weizens zurückzuführen. Die Ertragsdifferenz zwischen Triticale und Winterroggen fällt mit im Mittel 6,7 dt/ha deutlich geringer zugunsten von Triticale aus. Im aktuellen Jahr hingegen dürfte aufgrund der landesweit vorherrschenden Trockenheit Roggen ertraglich etwas im Vorteil sein, wie auch die Ergebnisse der Landessortenversuche belegen. In den Landessortenversuchen wurden aktuell zehn Sorten an drei Standorten (Marburg-Rauischholzhausen, Bad Hersfeld, Korbach) geprüft. Wie bei allen anderen Getreidearten werden die LSV in zwei Intensitätsstufen durchgeführt. Stufe 1 (keine Fungizide, reduzierter Wachstumsreglereinsatz) dient der Erfassung der Krankheitsanfälligkeit und Standfestigkeit der Sorten, während über Stufe 2 (optimierter Einsatz von Fungiziden und Wachstumsregler) das Ertragspotenzial der Sorten abgeschätzt werden kann. Von den zehn geprüften Sorten standen vier in 2018 vom Bundessortenamt (BSA) zugelassene Sorten erstmalig im Versuch.

Landessortenversuche prüfen zehn Triticale-Typen

Porto gehört in die Gruppe der kurzstrohigen Sortentypen mit einer geringen bis mittleren Lagerneigung. Die Sorte verfügt nach Einstufung des BSA über eine gute Blattgesundheit (Tabelle 2), zeigte aber an zwei von drei LSV-Standorten in Stufe 1 einen erhöhten Mehltaubefall. Dennoch erzielte Porto einen überdurchschnittlichen Ertrag. SU Kalyptus zeichnet sich durch eine sehr hohe Tausendkornmasse (TKM) aus, und verfügt über eine gute Standfestigkeit. Die Blattgesundheit wurde etwas geringer eingestuft als für Porto. Im aktuellen Jahr zeigte die Sorte an zwei Standorten erhöhten Braunrostbefall und konnte ertraglich noch nicht ganz überzeugen. Die mittel abreifende RGT Belemac verfügt über eine gute Standfestigkeit und Blattgesundheit. Im ersten Prüfjahr erreichte sie eine mittlere Ertragsleistung. Lanetto verfügt über ein hohes Ertragspotenzial (Boniturnote 9, Stufe 2), weist aber Schwächen in der Anfälligkeit gegen Gelbrost und Braunrost auf, die auch in den Versuchen sichtbar wurden. Auch der Befall mit Septoria war leicht erhöht. Im ersten Jahr erzielte Lanetto eine leicht überdurchschnittliche Ertragsleistung. Im Mittel über die Versuchsstandorte wurde ein Kornertrag von 86,7 dt/ha in Stufe 1 und 96,5 dt/ha in Intensitätsstufe 2 erreicht, und damit liegt das Ertragsniveau deutlich über den Ergebnissen des Vorjahres. Die Rohproteingehalte hingegen bewegten sich deutlich unter den Vorjahreswerten (Stufe 1: 10,7 Prozent, Stufe 2: 11,0 Prozent), was auf die relativ hohen Erträge und eine durch die Trockenheit eingeschränkte N-Aufnahme zurückzuführen sein kann. Einschränkend muss erwähnt werden, dass analog zum Winterroggen-LSV der Versuchsstandort Friedberg durch Marburg-Rauischholzhausen ersetzt wurde.

Behandlungen waren nicht immer wirtschaftlich

Die Bestände zeigten im Herbst eine zufriedenstellende Entwicklung und wurden auch durch die Frostperioden im Februar und März nicht nachhaltig geschädigt. Die im Frühjahr und Frühsommer vorherrschenden hohen Temperaturen beschleunigten die Entwicklung der Bestände, darüber hinaus setzte die langanhaltende Trockenheit die Bestände unter Stress. In den Landessortenversuchen ebenso wie in vielen Praxisschlägen traten Gelbrostinfektionen auf und machten eine Behandlung erforderlich. Die Gelbrostinfektionen wurden abgelöst durch Braunrostbefall, der sortenabhängig in stärkerem Ausmaß auftrat. Eine Ausnahme bildet der Standort Korbach, an welchem Rost und Mehltau keine größeren Befallsintensitäten erreichten. Folglich war die Fungizid-/Wachstumsreglerbehandlung in diesem Jahr nicht an allen LSV-Standorten wirtschaftlich. Die Mehrerträge durch die Behandlung variieren in Abhängigkeit von Standort und Sorte von -0,7 bis 25,5 dt/ha, wobei eine Differenzierung zwischen den weniger anfälligen und anfälligeren Sorten an den Standorten Bad Hersfeld und Marburg erkennbar wird. Ährenfusariosen spielten in diesem Jahr aufgrund der Witterungsverhältnisse keine Rolle. Allgemein geht ein hohes Risiko für Infektionen aus von Temperaturen über 20 °C bei ausreichenden Niederschlägen zum Zeitpunkt der Blüte. Nichtsdestotrotz darf das Risiko von Fusariuminfektionen bei Triticale nicht unterschätzt werden, denn Triticale steht in der Fruchtfolge oft nach befallsfördernden Vorfrüchten wie Winterweizen, Triticale oder Mais.

In den Landessortenversuchen ebenso wie in vielen Praxisschlägen traten Gelbrostinfektionen auf und machten eine Behandlung erforderlich.

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Sortenunterschiede bei der Fusariumanfälligkeit

Ährenfusariosen führen zur Ertragsminderung und zu einer Abnahme des Proteingehaltes und der Auswuchsfestigkeit. Kritisch im Hinblick auf die Verfütterung ist vor allem die Bildung von Mykotoxinen zu sehen, wie Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZEA), für welche zulässige Höchstwerte in unverarbeitetem Getreide, Getreidemehl oder Verarbeitungsprodukten festgelegt sind. Verdächtige Partien sollten daher einer Toxinanalyse unterzogen werden, bevor sie in Futtermischungen gegeben werden.

Hinsichtlich der Anfälligkeit gegenüber Fusarium sind gewisse Sortenunterschiede vorhanden. Die Beschreibende Sortenliste des Bundessortenamtes weist, im Gegensatz zu Weizen, jedoch keine Einstufung der Anfälligkeit aus. Aktuelle, vergleichende Untersuchungen zur Sortenanfälligkeit liegen nicht vor. Der Einsatz von Fungiziden ist nur als ein Baustein eines Fusarium-Managements zu sehen, da in starken Befallsjahren auch bei optimaler Terminierung der Behandlung die Toxingehalte nur zu einem gewissen Grad reduziert werden können. Daher sollten pflanzenbauliche Maßnahmen zur Minderung des Befallsrisikos ergriffen werden. Diese umfassen neben der Fruchtfolgegestaltung eine intensive Zerkleinerung der nach Vorfruchternte auf dem Boden verbleibenden Erntereste, sowie eine wendende Bodenbearbeitung nach befallsfördernden Vorfrüchten.

Mehrjährige Bewertung und Sortenempfehlung

Da Triticale vor allem in Veredelungsbetrieben angebaut wird, bei welchen eine intensive Bestandesführung oft nicht im Fokus steht, sind bei der Sortenwahl Standfestigkeit, Winterhärte und Blattgesundheit (Gelbrost) entscheidende Kriterien, die auch leichte Schwächen in der Ertragsleistung kompensieren können. In der dreijährigen Auswertung überzeugen die Sorten Lombardo und Cedrico mit einer hohen Ertragsleistung vor allem auch in der unbehandelten Variante (Tabelle 3). Lombardo ist charakterisiert durch eine sehr gute Winterhärte und eignet sich daher auch für Höhenlagen. Die Sorte ist kurzstrohig bei einer geringen bis mittleren Lagerneigung. Die Blattgesundheit ist als gut zu bewerten, was Mehltau- und Gelbrostanfälligkeit betrifft. Allerdings weist die Sorte Schwächen in der Braunrostanfälligkeit auf, was sich in den aktuellen LSV bestätigt hat. Darüber hinaus zeigte sich etwas stärkerer Septoriabefall. Die Ertragsbildung erfolgt über ein hohes TKG bei mittlerer Kornzahl je Ähre. Cedrico zeichnet sich durch eine etwas geringere Lagerneigung und Braunrostanfälligkeit im Vergleich zu Lombardo aus, zeigt allerdings eine höhere Anfälligkeit für Mehltau. Barolo ist ertraglich schwächer als Lombardo und Cedrico, und weist eine geringere Pflanzenlänge bei mittlerer Standfestigkeit auf. Ergebnisse aus Nordrhein-Westfalen deuten aber auf eine geringere Fusariumanfälligkeit hin. Von den zweijährig geprüften Sorten bekommt Robinson eine vorläufige Anbauempfehlung. Die Sorte weist eine zügige Frühjahrsentwicklung auf, verfügt über eine geringe bis mittlere Lagerneigung, trotz einer etwas größeren Pflanzenlänge, und hat eine mittlere Blattgesundheit. Im LSV zeigte sie allerdings erhöhten Braunrostbefall. Die Ertragsleistung, die nicht ganz das Niveau von Lombardo oder Cedrico erreicht, wird über eine hohe TKM bei mittlerer Kornzahl je Ähre realisiert. Temuco, mit guter Blattgesundheit und sehr guter Standfestigkeit ausgestattet, konnte vor allem in Stufe 2 ertraglich nicht überzeugen, erzielte aber in Höhenlagen von Nordrhein-Westfalen eine durchschnittliche Leistung.

Produktionstechnik und Bestandesführung

Die Ergebnisse der diesjährigen LSV dokumentieren das hohe Leistungsvermögen im aktuellen Triticale-Sortiment. Um das Leistungspotenzial voll ausschöpfen zu können, muss die Produktionstechnik und Bestandesführung entsprechend angepasst werden. Abgesehen von einem gut abgesetzten, feinkrümeligen Saatbett sollte der Saattermin so gewählt werden, dass der Bestand vor Winter noch erste Bestockungstriebe anlegen kann. Frühsaaten sollten aber vermieden werden, um das Risiko von Virusinfektionen zu reduzieren und ein Überwachsen der Bestände zu verhindern. Ebenso zu vermeiden sind überzogene Aussaatmengen, da dichte Bestände stärker auswinterungsgefährdet sind, schwieriger zu führen und eine erhöhte Lagerneigung bedingen, die wiederum das Risiko von Mykotoxinbelastungen steigert.

Viele Böden sind tiefgründig ausgetrocknet

Aktuell sind die Böden in vielen Regionen Hessens bis in größere Tiefen ausgetrocknet, so dass die nutzbare Feldkapazität im Oberboden regional auf unter 10 Prozent beziehungsweise im Unterboden auf unter 40 Prozent abgesunken ist. Für die Keimung und einen gleichmäßigen Feldaufgang würde das pflanzenverfügbare Bodenwasser aktuell nicht ausreichen. Einschätzungen des Deutschen Wetterdienstes zufolge müssen auf den stark entleerten Standorten 50 bis 70 mm Niederschlag fallen für eine normale Bestandesentwicklung, bei günstiger Verteilung ist eventuell etwas weniger ausreichend. Die Entscheidung über Bodenbearbeitungszeitpunkt und -tiefe, einzusetzende Technik und Aussaattermin muss daher betriebs- beziehungsweise schlagspezifisch in Abhängigkeit der in den nächsten Wochen hoffentlich ausreichend fallenden Niederschläge getroffen werden.

 – LW 35/2018