Anfällige Sorten litten stark unter Gelbrost

LSV Wintertriticale im ökologischen Landbau

Die Anbaufläche mit Öko-Triticale hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen und ist mittlerweile in Hessen fast auf dem gleichen Niveau wie Winterroggen. Die wachsende Bedeutung der Tierhaltung mit mehr Geflügel- als auch schweinehaltenden Ökobetrieben dürfte hierfür der Grund sein.

Die langstrohige, gesunde und relativ anspruchslose Triticale eignet sie sich mit ihrem hohem Futterwert gut für den Anbau in Ökobetrieben.

Foto: agrarpress

Triticale bringt vom Weizen das höhere Ertragspotenzial und vom Roggen die geringere Krankheitsanfälligkeit mit. Als langstrohige, gesunde und relativ anspruchslose Getreideart mit hohem Futterwert eignet sie sich gut für den Anbau in Ökobetrieben. In Alsfeld-Liederbach (sandiger Lehm) steht die Wintertriticale aus versuchstechnischen Gründen - wie die anderen Wintergetreidearten auch - nach zweijährigem Feldfutterbau.

Gelbrostbefall ist eindeutig sortenabhängig

Gelbrost (Puccinia striiformis) ist eine Pilzkrankheit, die vor allem in den kühlen, feuchten Anbauregionen Norddeutschlands hohe Schäden verursacht. In den vergangenen beiden Anbaujahren hat der Gelbrost jedoch bundeweit teilweise starken Blattbefall mit gravierenden Ertragseinbußen verursacht. Bei starkem Befall wie 2014 sind bei extrem anfälligen Sorten (hier: Benetto) Ertragseinbußen von bis zu 60 Prozent aufgetreten. Auffällig war vergangenes Jahr, dass die sortenabhängig beobachtete Gelbrost-Befallsintensität einzelner Sorten keineswegs übereinstimmte mit der Einstufung der Gelbrost-Anfälligkeit durch das Bundessortenamt (BSA), was die These des Auftretens einer neuen Rasse stärkt.

Auch 2015 trat der Gelbrost in Wintertiticale wieder massiv auf. Das Sortiment wurde um diejenigen Sorten bereinigt, die aufgrund ihrer hohen Anfälligkeit vom Züchter zurückgezogen worden waren. Bei anderen anfälligen Sorten, die 2014 als anfällig aufgefallen waren, aber noch keine drei Prüfjahre absolviert hatten, konnte das Prüfjahr 2015 die Erkenntnisse des Vorjahres absichern. Sorten, die 2014 sehr anfällig waren, wurden auch 2015 wieder sehr stark befallen. Der negative Zusammenhang zwischen Befallsintensität und Ertragsniveau war ebenfalls sehr ausgeprägt.

Als Verrechnungssorten der vorliegenden vierjährigen Ergebnisse des Öko-Landessortenversuches Wintertriticale dienen die relativ wenig von Gelbrost befallenen Sorten Cosinus und Tulus. Auf den mittleren Ertrag dieser beiden mehrjährig geprüften Sorte beziehen sich die angegebenen Relativwerte in den vier Prüfjahren. Das Jahr 2012 wurde aufgrund der Auswinterung vieler Versuchsparzellen nicht in der Auswertung berücksichtigt.

Die geprüften Sorten im Überblick

Die im Jahr 2012 erstmalig zugelassene, mittlerweile drei Jahre geprüfte Sorte Adverdo erzielte im Jahr 2015 einen hervorragenden Ertrag, nachdem sie im Jahr 2014 gleichauf mit dem Mittel der beiden Verrechnungssorten Cosinus und Tulus gedroschen hatte. Diese sehr kurze Sorte ist bis auf ihre ausgeprägte Anfälligkeit für Mehltau sehr blattgesund und außerdem sehr winterhart. Ein weiteres Prüfjahr bleibt abzuwarten.

Die Verrechnungssorte Cosinus schnitt in zwei von vier Jahren im Ertrag besser ab als Tulus; nur 2015 war sie unterlegen, als ihr der Gelbrost offenbar stärker zusetzte. Laut Bundessortenamt ist Cosinus anfälliger für Gelbrost als Tulus. Die Blattgesundheit ist ansonsten sehr gut. Cosinus ist erfreulich lang, aber recht lageranfällig.

KWS Aveo, von der laut der Saatgut-Datenbank OrganicXSeeds kein Saatgut in Ökoqualität auf dem freien Markt verfügbar ist, ist etwas weniger langstrohig, aber ebenfalls recht lang und deutlich weniger lageranfällig als Cosinus. Ihre Blattgesundheit überzeugt mit Ausnahme der mittleren Anfälligkeit für Gelbrost, die zu denken gibt. Während sie im gelbrostfreien, ersten Prüfjahr ihr hohes Ertragspotenzial ausschöpfen konnte, litt der Ertrag dieser Sorte in den beiden Jahren mit Gelbrost erheblich.

Die zweite Verrechnungssorte Tulus ist recht lang, sehr blattgesund und drosch über die vier Prüfjahre leicht niedriger als Cosinus. Sie ist aber winterhärter und neigt weniger zum Lagern und wird auch weniger von Gelbrost befallen. Die ehemals bedeutende und sehr starke Sorte Benetto wurde aufgrund ihrer sehr hohen Anfälligkeit für die neue Gelbrosterregerrasse vom Züchter vom Markt genommen. Benetto zeigt sehr anschaulich, dass Sorten, die ehedem als gering anfällig galten, dies angesichts der neu auftretenden Erregerrasse nicht mehr sein müssen.

Die recht kurze und sehr lagerresistente Sorte Sequenz gehört ebenfalls zu den altbekannten Sorten, sie wurde 2015 nicht mehr geprüft. Ihre vergleichsweise hohe Anfälligkeit für Blattseptoria wird durch eine geringe Neigung zu Mehltau etwas kompensiert; problematisch ist aber ihre massive Reaktion auf Gelbrost.

Die bereits seit längerem bekannte Sorte Agostino wurde bereits zwei Jahre nicht mehr geprüft, ist aber immer noch in Öko-Qualität verfügbar, daher sollen hier zweijährige Prüfergebnisse aus den gelbostfreien Jahren 2011 und 2013 zur vorsichtigen Bewertung der Sorte herangezogen werden. Im Schnitt beim Ertrag knapp unter den Verrechnungssorten, ist die sehr gesunde Sorte leider auch sehr kurz. Dafür weist sie laut Beschreibender Sortenliste eine sehr geringe Gelbrostanfälligkeit auf, was aber nicht unbedingt mehr Gültigkeit haben muss.

Amarillo ist eine Sorte, die in einem anderen Land der EU zugelassen ist, aber natürlich in Deutschland angebaut werden darf. Derzeit ist aber kein Saatgut in Öko-Qualität verfügbar. Um sie insgesamt drei Jahre geprüft zu haben, wurde sie 2015 noch einmal ins Sortiment aufgenommen. Sie ist sehr lang und wenig lagerresistent, hat aber eine gute Blattgesundheit. Ihre Anfälligkeit für Gelbrost befördert sie allerdings klar ins Abseits.

Sorte Securo ist sehr langstrohig, aber leider eben auch recht lageranfällig. Sie gilt laut Beschreibender Sortenlist als eher gering gelbrostanfällig. In 2015 zeigte sie zwar gut sichtbare Befallssymptome, reagierte aber nicht mit Ertragseinbußen. Ein drittes Prüfjahr sollte abgewartet werden. SU Agendus ist eine noch recht neue und sehr kurzstrohigeSorte, die in den beiden bisherigen Prüfjahren (neben Benetto) am extremsten unter Gelbrost gelitten hat. Diese Ergebnisse decken sich absolut mit der Einschätzung des Bundessortenamtes zur Anfälligkeit der Sorte. Vermutlich hat die Sorte keine Zukunft für den Ökolandbau.

Massimo ist eine alte Sorte, die neu ins Prüfsortiment aufgenommen wurde. Diese langstrohige und zum Lagern neigende Sorte hat ihre Stärken bei einer ausgeprägten Blattgesundheit. Sie wurde jedoch wider Erwarten sehr stark von Gelbrost befallen und konnte nur 71 Prozent des Ertrages der Verrechnungssorten erzielen. Rhenio ist seit 2014 zugelassen, sehr kurz und durchschnittlich stabil. Die Blattgesundheit hat definitiv Spiel nach oben, ein augenscheinlich starker Gelbrostbefall konnte ihr sie in ihrem hohen Ertragspotenzial jedoch nicht ausbremsen. Sie wies 2015 den zweihöchsten Ertrag nach Adverdo und der ebenfalls neuen Sorte Tantris auf.

Tantris ist ebenfalls kurz, aber deutlich blattgesünder und lagerstabiler als Rhenio. Das Abschneiden der beiden Sorten macht neugierig auf die kommenden beiden Prüfjahre. Ein Versuchsanbau kann empfohlen werden. Es liegt derzeit jedoch nur von Sorte Rhenio Saatgut in Öko-Qualität vor.

Was beim Anbau zu beachten ist

Aufgrund ihrer relativ geringen Ansprüche kann Triticale als abtragende Frucht in die Fruchtfolge integriert werden. Bei hohem Getreideanteil ist jedoch auf Fußkrankheiten zu achten. Dementsprechend sind Gerste und Weizen als direkte Vorfrüchte zu vermeiden Die Eignung als Vorfrucht hängt auch von deren Erntezeitpunkt ab: er sollte so früh liegen, dass genügend Zeit für die Bodenbearbeitung und die termingerechte Aussaat (Ende September bis Mitte Oktober) bleibt. Günstige Vorfrüchte sind Kartoffeln, Hafer, Erbsen und andere Leguminosen. Die Saatfurche (20 bis 25 cm) sollte etwa zwei bis drei Wochen vor der Aussaat durchgeführt werden. Ein feines Saatbeet mit entsprechender Rückverfestigung erhöht die Wahrscheinlichkeit eines schnellen Auflaufens und einer zügigen Vorwinterentwicklung. Auf anlehmigen Standorten sind 350 Körner/m2 anzustreben. Die Saattiefe liegt bei 2 bis 4 cm.

Der Striegeleinsatz kann als Blindstriegeln erfolgen und erlaubt das Freilegen der Keimfäden der Unkräuter. Nach Feldaufgang kann wieder ab dem 3-Blatt-Stadium gestriegelt werden. Der für Triticale typische kriechende Wuchs der Bestockungstriebe erfordert in der Folge vorsichtiges Striegeln. Aufgrund des guten Unkrautunterdrückungspotenzials sollte ein einmaliger Arbeitsgang im Frühjahr ausreichen. Triticale profitiert von einer organischen Düngung mit Gülle. Höchstmengen von 20 bis 25 m3 sollten im Frühjahr aber nicht überschritten werden. Wer Bedarf an Öko-Saatgut hat, kann sich im Internet auf der Seite www.organicxseeds.com über verfügbare Sorten und deren Anbieter informieren. Die Ergebnisse der hessischen Öko-Landessortenversuche können unter www.llh.hessen.de/oekologischer-landbau/oekologischer-pflanzenbau.html abgerufen werden.

Dr. Thorsten Haase, LLH – LW 37/2015