Brandschutz: Gefahrenquellen und -abwehr im Privathaus

Interview mit Thomas Hain, Brandschutzsachverständiger

Vom Keller bis zum Speicher gibt es in jedem Haushalt unzählige potenzielle Brandquellen. Wie man diese erkennt und frühzeitig beseitigt, dazu hat das LW bei Thomas Hain, Brandschutzsachverständiger aus Seligenstadt, ein Interview geführt.

LW: Was ist das Wichtigste beim vorbeugenden Brandschutz?

Thomas Hain: Grundsätzlich muss zunächst der bauliche Brandschutz beachtet und eingehalten werden. Sonst funktioniert alles andere im Brandschutz nicht. Dazu zählt beispielsweise, dass am Haus kein Brennmateriallager stehen darf. Außen am Haus darf aus Brandschutzgründen auch kein Holzgerüst angebracht sein. In Weinregionen sieht man hin und wieder Holzgerüste mit Weinreben, die direkt an der Fassade stehen. Diese sollten gegen nicht brennbares Material ersetzt werden. Gegebenenfalls reicht ein Einkürzen, sodass keine Feuerbrücken zum Haus möglich sind.

LW: Was ist mit Holzschindeln an Hausfassaden, wie sie beispielsweise in Nordhessen typisch sind?

Hain: Die fallen unter traditionell gewachsene Baustrukturen, die baurechtliche Ausnahmen bilden. Man spricht hier bisweilen von Ensembel-, Denkmal- oder Bestandsschutz. Im Brandfall sind die Besitzer versicherungstechnisch geschützt.

Schlafräume der Saisonarbeitskräfte

  • Auch in den Schlafbereichen der Saisonarbeitskräfte und anderer Miarbeiter müssen Rauchwarnmelder installiert sein!
  • Stellen Sie aus Brandschutzgründen die Regel für die Arbeitskräfte auf: Grillen auf offener Flamme innerhalb der Räumlichkeiten ist tabu!
SL

LW: Was muss organisatorisch beim Brandschutz beachtet werden?

Hain: Zum organisatorischen Brandschutz zählen abschaltbare Elektrogeräte, wie Herd, Waschmaschine, Trockner oder Kaffeemaschine. Der Grundsatz lautet: Die Geräte sollten nur dann betrieben werden, wenn man im Haus ist!

LW: Braucht man einen Feuerlöscher?

Hain: Nein. Es gibt keine gesetzliche Grundlage dafür, im Privathaushalt einen Feuerlöscher haben zu müssen. Mein Rat: Kaufen Sie sich für 15 bis 30 Euro ein Löschspray. Es hat ein Löschvolumen von 500 bis 800 ml, ist handlich und reicht für kleine Brände im Privathaushalt aus. Die Zuverlässigkeit der Löschsprays hat sich in den letzten Jahren erhöht. Sie haben eine Sprühweite von circa fünf Metern und können sehr zielgenau eingesetzt werden. Im Gegensatz zu Feuerlöschern sind sie nicht prüfpflichtig. Am Behälterboden gibt ein Stempel die Mindesthaltbarkeit an. Die beträgt üblicherweise fünf Jahre. Übrigens: Die Dosen passen gut in Fahrradflaschenhalter. Mit zwei Schrauben im Flur angebracht, hat man das Löschspray darin schnell griffbereit. Es gibt Löschsprays für die Brandklassen A: feste brennbare Stoffe, B: brennbare Flüssigkeiten und F: Fette und Öle.

LW: Also kein Feuerlöscher im Privathaushalt? Das überrascht!

Hain: Ja, solange wir nur von Wohnräumen sprechen, ist ein Feuerlöscher nicht erforderlich. Wer sich aber mit einem Feuerlöscher sicherer fühlt, sollte sich einen Wasserschaumlöscher anschaffen. Ein Pulverlöscher würde zu viel Dreck machen. Hat jemand sein Agrarbüro mit im Haus, dann sieht die Lage anders aus: Für das Agrarbüro gilt die Arbeitsstättenrichtlinie ASR A2.2. Danach ist hier ein Feuerlöscher Pflicht. Dieser muss in einer Laufstrecke von 20 Metern erreichbar sein.

LW: Was muss bei der Wartung des Feuerlöschers beachtet werden?

Hain: Ein Feuerlöscher muss alle zwei Jahre gewartet werden. Eine Prüfplakette zeigt die nächste Wartung an. Nach der DIN 14405 fallen bis zu 18 Handgriffe pro Wartung an.

„Zur Brandverhütung gehört, Haushaltsgeräte wie die Kaffeemaschine und den Wasserkocher immer auf einer nicht brennbaren Unterlage, zum Beispiel einer Fliese oder Glasplatte, zu benutzen“, so Thomas Hain.

Foto: Lehmkühler

LW: Und das hat ihren Preis!

Hain: Ja. Pro Feuerlöscher kostet eine sachkundige Wartung zwischen 12 und 15 Euro, plus gegebenenfalls Kosten für Ersatzteile wie einer neuen Dichtung oder einem neuen Schlauch. Tipp: Ein unterbotener Preis sollte kritisch hinterfragt werden! Zum Feuerlöscher und Löschspray sei noch gesagt, dass es sich dabei ausschließlich um Geräte zur Entstehungsbrandbekämpfung handelt. Das heißt, bei einem Brand gilt: Erst die Feuerwehr 112 anrufen und dann erst löschen! Dabei ist absolut wichtig, dass die Eigensicherung beachtet wird. Sprich: Da wo man hingeht, muss man auch wieder rauskommen!

LW: Sollte eine Löschdecke vorhanden sein, um damit zum Beispiel einen Brand am Herd zu ersticken?

Hain: Ich bin kein Befürworter von Löschdecken, denn bei Ungeübten besteht Verletzungsgefahr. Mein Tipp: Topfdeckel auflegen und Hitze wegnehmen! Bloß kein Wasser einsetzen, denn das kann zu einer Fettexplosion führen!

LW: Wo liegen weitere Gefahrenquellen im Privathaushalt?

Hain: Beim Kochen sollte man den Herd nicht unbeaufsichtigt lassen. Auch bei Kerzen und einem Kamin gilt: Nie unbeaufsichtigt lassen! Kerzen sollten ausgemacht werden, wenn man den Raum verlässt! Vor den Kamin gehört ein Funkenschutz! Viele Geräte lassen sich nur auf den Stand-by-Modus ausschalten. Es kann damit immer noch zum Durchbrennen von elektrischen Bauteilen kommen. Nutzen Sie Steckdosen mit AusSchalter! Eine Gefahrenquelle können auch kleine Kinder sein, die gerne mit Streichhölzern und Kerzen spielen. Wir beginnen in Kindergärten bei den Drei- bis Vierjährigen mit der Brandschutzerziehung. Die Kinder verstehen sehr gut, dass Brandrauch gefährlich ist. Drei Atemzüge davon und man stirbt! Unser Merksatz lautet: Du musst bei einem Brand sofort flüchten – nicht verstecken! Es gibt übrigens Feuerzeuge mit Kindersicherung. Achten Sie auf den Verpackungshinweis!

LW: In Privathäusern sind oftmals die Flure und Treppenstufen vollgestellt. Ist das ein Problem im Brandfall?

Hain: Ganz klar: Halten Sie Treppen und Flure von Brandlasten frei! Das Haus sollte so eingerichtet sein, dass jederzeit ein freier Platz zum Durchkommen von mindestens 60 Zentimetern vorhanden ist. Mit Kinderwagen, Rollstuhl oder Rollator im Haus sind 80 cm wichtig! Zum Keller und zum Dachboden gilt: Halten Sie Türen immer geschlossen und achten Sie auf Rauchdichtigkeit der Türen! Auch Treppen nach unten und oben nicht vollstellen!

Rauchwarnmelder sollten an der höchsten Stelle im Raum mittig befestigt werden, da Rauch nach oben steigt.

Foto: imago images/Westend61

LW: Wenn ich den Speicher ausbauen will, weil ich dort beispielsweise eine Eisenbahn aufstellen will, was muss ich beachten?

Hain: Bevor Sie innere Umbauten vornehmen, sollten Sie mit Hilfe eines Architekten die Einhaltung baurechtlicher Vorgaben prüfen. Denn durch baurechtliche Veränderungen ändert sich gegebenenfalls die bauordnungsrechtliche Einstufung des Gebäudes. Ein Brand mit Körperschäden kann weitreichende zivil- und strafrechtliche Folgen haben.

LW: Zum vorbeugenden Brandschutz sind Rauchwarnmelder in Privatwohnungen mittlerweile Pflicht. Worauf sollte man beim Kauf achten?

Hain: Rauchwarnmelder sind ein wichtiges Mittel, um frühzeitig Brandrauch zu erkennen und zu flüchten. Sie ersetzen keine Brandmeldeanlage! Das bedeutet, der Rauchwarnmelder wird nur gehört, wenn jemand zu Hause ist. Er alamiert nicht die Feuerwehr. Wenn möglich, sollte man bei einem Brand das Telefon mit nach draußen nehmen, um die 112 anrufen zu können. Diese Telefonnummer der Feuerwehr gilt europaweit.

LW: Wo gehören die Rauchwarnmelder hin?

Hain: Laut Bauordnung sind Rauchwarnmelder in Räumen Pflicht, die dem Schlaf dienen und in allen Fluren und Treppenräumen, über die Fluchtwege führen. Nicht verpflichtend ist es, die Geräte in Büroräumen, Wohn- und Esszimmer anzubringen. Ausnahme: Wird dort geschlafen, beispielsweise, wenn das Agrarbüro auch als Gästezimmer genutzt wird, muss ein Rauchwarnmelder installiert werden. Mein Rat: Beachten Sie die Gesamtsituation Ihres Zuhauses! Letztendlich sind Rauchwarnmelder Lebensretter.

LW: Taugt der billigste Rauchwarnmelder vom Discounter oder Baumarkt?

Hain: Tatsächlich erfüllt auch der billigste Melder für 3,95 Euro mit VdS-Zeichen die Mindestanforderungen. Achten Sie aber auch auf das Qualitätszeichen „Q“. Unter www.rauchmelder-lebensretter.de > Kauftipps erfahren Sie, welche Rauchwarnmelder dieses Zeichen führen. Und noch ein Tipp: Damit Sie nicht ständig die Batterien wechseln müssen, sollten Sie nur Lithium-Ionen-Batterien verwenden. Sie halten etwa zehn Jahre. Es gibt allerdings mittlerweile auch Rauchwarnmelder, bei denen ein Batteriewechsel nicht möglich ist. Mit dem Signal, dass die Batterie leer ist, muss der ganze Rauchwarnmelder ausgetauscht werden.

LW: Rauchwarnmelder haben also ein Verfallsdatum?

Hain: Man sollte Rauchwarnmelder nach acht bis zehn Jahren austauschen. Grund: Durch Staub, Dreck oder Dämpfe kann es passieren, dass die Sensoren nicht mehr auslösen. Grundsätzlich sollte man die Rauchwarnmelder ein Mal im Jahr auf ihre Funktionstüchtigkeit prüfen. Das kann man mit Druck auf den Testknopf selber durchführen. Als Alternative zum Funktionstest per Knopfdruck gibt es Rauchwarnmelder-Testsprays; im Baumarkt für rund 8 Euro erhältlich. Die Anleitung für den Sprühstoß steht auf jeder Dose.

LW: Im Zeitalter der Smart-Technologien: Wie vernetzbar sind Rauchwarnmelder?

Hain: Man kann Rauchwarnmelder natürlich miteinander vernetzten, auch mit einer Schnittstelle zum Smartphone. Im Brandfall geben die Melder die Rauchausbreitung untereinander weiter, lösen also gleichzeitig Alarm aus. Auch weit entfernte oder wenig genutzte Räume können damit überwacht werden. Es ist auch möglich, einen Schallgeber nach draußen auf den Hof zu installieren.

LW: Was gilt es in puncto vorbeugender Brandschutz zu beachten, wenn das Haus eine Solaranlage auf dem Dach hat?

Hain: Bei einer stromerzeugenden Solaranlage muss ein Notausschalter für die Feuerwehr zugänglich sein! Damit der Schalter vor Missbrauch sicher ist, lohnt es sich gegebenenfalls, den Schalter mit einer Feuerwehrschließung zu sichern.

Das Interview führte Stephanie Lehmkühler – LW 37/2015